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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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daß ein Flugzeug hier gelandet war.
    Charis fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Bitte …« Ihre Stimme klang dünn und zerbrechlich und sogar ein wenig ängstlich. »Bitte, wer seid ihr?« Sie wiederholte diese Frage mehrmals, schließlich in einem lauten Ruf. Keine Antwort.
    »Wo seid ihr?« Auch diese Frage wiederholte sie.
    Nur ein Echo kam zurück. Sie zuckte zusammen und schien plötzlich in sich selbst zusammenzuschrumpfen. Eine unsichtbare Gegenwart schien sie einer Prüfung zu unterziehen, und das war ihr unheimlich. Sie wollte weg von hier, und zwar sofort.
    Sorgfältig stellte sie die leere Schüssel auf den glatten Felsen. Ein paar Früchte und zwei der Fladen waren noch übrig. Charis wickelte alles in das Tischtuch. Sie stand auf und wandte ihr Gesicht der See zu – warum, das wußte sie nicht.
    »Vielen Dank.« Wieder hob sie ihre Stimme. »Vielen Dank!«
    Mit dem Bündel in der Hand überquerte Charis das Plateau. Am Südende angelangt, sah sie zurück. Die strahlendweiße Schüssel war noch leicht zu erkennen. Sie stand genau dort, wo sie sie auf dem Felsen abgestellt hatte. Sie hatte eigentlich damit gerechnet, daß sie verschwunden sein müsse, sobald sie sich umdrehte.
    Nach dem Süden zu fiel das Plateau in mehreren Absätzen ab; es sah aus, als seien es für Riesen in den Stein gehauene Treppen. Einige dieser Stufen waren mit purpur- und lavendelfarbenen niederen Pflanzenkissen überwuchert, und überall wuchsen niedrige, stachelige Büsche und das zähe, scharfhalmige Gras. Vorsichtig stieg Charis von einer Stufe zur anderen ab und hielt nach den Klappervögeln und sonstigem feindlichem Getier Ausschau.
    Da die Füße sie schmerzten, brauchte sie für den Abstieg ziemlich lange, obwohl sie die Zeit nur nach der Sonnenbewegung messen konnte. Nun mußte sie auch daran denken, sich einen Unterschlupf für die Nacht zu suchen. Das von dem reichlichen, unerwarteten Essen hervorgerufene Wohlgefühl begann zu schwinden, als sie sich ausmalte, was eine Nacht auf Warlock bedeuten konnte, wenn sie kein passendes Versteck fand.
    Schließlich beschloß sie, dort zu bleiben, wo sie gerade war. Die niedrigen, struppigen Büsche konnten keinen großen Eindringling verbergen, und sie hatte fast nach allen Richtungen freie Sicht, um auf Angreifer zu achten. Es war ihr allerdings noch unklar, wie sie sich gegen Angreifer verteidigen sollte. Vorsichtig wickelte sie ihre kleinen Vorräte aus dem Tischtuch und legte sie auf ein paar rasch gepflückte Blätter zur Seite. Dann drehte sie das dünne Zeug zu einem Seil zusammen, was überraschend gut gelang, denn es war von unglaublicher Weichheit. Mit einem abgebrochenen Zweig grub sie einen etwa faustgroßen Stein aus der Erde, den sie in das eine Ende ihres improvisierten Seils knotete. Natürlich war das eine geradezu lächerliche Waffe, trotzdem fühlte Charis sich jetzt sicherer.
    Das niedrigere Land, in dem sie sich nun befand, lag schon im Schatten. Da und dort zeigten sich schwachleuchtende Flecken diffusen Lichtes, und im Zwielicht der zunehmenden Dämmerung leuchteten Büsche und Sträucher wie von innen heraus. Als die Hitze des Tages mehr und mehr abendlicher Kühle wich, strömten sie einen kräftigen Duft aus, den die von der See her wehende Brise aufnahm und weitertrug.
    Charis lehnte sich an den Fels und sah in das offene Land hinaus. Sie wußte, daß sie bald einschlafen würde, denn sie war ungeheuer müde. Und wenn sie schlief … Würde sie sich beim Erwachen wohl in einer anderen Wildnis befinden? Um sicherzugehen, schob sie die Blätter mit dem Essensrest vorne in ihren Coverall und band das freie Ende ihrer Waffe um das Handgelenk. So konnte sie leicht und ziemlich unbeschwert ihre Wanderung wieder aufnehmen, sobald es an der Zeit war.
    Noch immer wehrte sich Charis trotz ihrer Müdigkeit gegen den Schlaf. Sie versuchte, Überlegungen darüber anzustellen, mit welchen Mächten sie es hier zu tun hatte. Etwas hatte das Seeungeheuer und die Klappervögel von weiteren Angriffen abgehalten. Konnte sie das dem Willen jener Wesen zuschreiben, die für sie die Nahrung bereitgestellt hatten? Wenn ja, was wollten sie damit erreichen?
    Wollte man einen Fremden unter gewissen Bedingungen studieren? Oder sah man in ihr eine Art Versuchstier? Das war eine einigermaßen logische Antwort, zog man das in Betracht, was ihr bisher widerfahren war. Aber »sie« hatten sie schließlich vor ernstlichen Schäden bewahrt; bis jetzt war jede Handlung

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