Im Bann der Wasserfee
ausgeliefert und einem Mann vermutlich in letzterem deutlich unterlegen aufgrund des Kräfteverhältnisses.
Die Männer kamen immer näher. Es mussten zwei oder drei Krieger der Königin sein, welche die Gänge durchschritten. Wenn sie zum Kerker unterwegs waren, würden sie ihre Flucht in Kürze entdecken. Niamh hatte keine Ahnung, was Deirdre in diesen unterirdischen verborgenen Kammern und Gängen alles verbarg und ausheckte. Sie traute ihrer eigenen Mutter schon eine ganze Weile nicht mehr – zu Recht, wie sie inzwischen aus schmerzvoller Erfahrung wusste.
Niamh presste sich noch tiefer in den Gang, der sich unglücklicherweise als eine Sackgasse erwies, als die Männer kamen.
Das Flackerlicht einer Fackel erleuchtete die Szenerie. Die Männer hatten ihre Kapuzen zurückgeschlagen, vermutlich, um besser sehen und hören zu können. Wie alle Wasserfeen besaßen sie entweder meeresgrüne, blaugrüne oder wasserblaue Augen und edle Gesichtszüge. Zwei der Männer waren dunkelhaarig und einer blond. Außer, dass ihre Haut blasser war, unterschieden sie sich ansonsten kaum von Menschen.
Der Blonde hielt an. »Ich komme später nach.«
Seine Begleiter gingen mit der Fackel weiter. Der Krieger erzeugte ein kleines Irrlicht, indem er mit dem Finger schnippte. Da ihm dies so leicht gelang, war er einer der Magiebegabten, was ihn gefährlicher machte, zumal er aller Wahrscheinlichkeit nach in sämtlichen Kampfeskünsten ausgebildet war.
Niamh glaubte ihn zu kennen, doch sie war sich nicht sicher und wagte es auch nicht, weiter aus dem Gang herauszutreten.
Der Mann erleichterte sich in einem Erdloch. Plötzlich wandte er sich um.
»Ist da wer?« Seine Stimme hallte durch den dunklen Gang. Sie hoffte, dass seine Gefährten bereits weit genug entfernt waren.
Das leise Geräusch eines Feenschwertes, das aus der Scheide gezogen wurde, zerschnitt die finstere Stille. Er kam näher. Dann erblickte er sie. Bevor er Alarm schlagen konnte, wob Niamh einen Verschleierungszauber. Dieser würde zwar für sämtliche Magier in der Umgebung spürbar sein, doch im Moment hatte sie keine andere Möglichkeit. Wenn er Merenwen erkannte, war auch ihr Leben verwirkt.
Der Mann fluchte, als er den bluttrinkenden Geist erblickte, jene Illusion, die der Verschleierungszauber über Niamhs wahre Gestalt legte. Sie machte sich deutlich größer, als ihr Wuchs war, was ihr die Flucht erleichtern würde. Der Mann wollte die gegen Geister nutzlose Klinge wegstecken, da runzelte er die Stirn. Offenbar bemerkte er die Illusion.
Niamh nutzte sein kurzes Zögern und huschte dicht an der Wand neben ihm vorbei. Kurz darauf ließ sie den Verschleierungszauber fallen, denn je länger er wirkte, desto eher würden die anderen Magier sie aufspüren können. Zudem raubte er ihr Energie, die sie noch für ihre Flucht benötigen würde. Sie rannte den Gang entlang in die entgegengesetzte Richtung, welche die anderen Krieger genommen hatten und hoffte, er würde ihr folgen, bevor er Merenwen bemerkte. Plötzlich vernahm sie einen Schlag hinter sich. Ihr Herz stockte. Merenwen!
»Ich habe ihn erledigt«, erklang Merenwens Stimme.
Niamh blieb aufatmend stehen und wandte sich um. Offenbar hatte Merenwen ihn mit dem Dolchknauf bewusstlos geschlagen. Sie vermied es für gewöhnlich, jemanden zu töten.
Erst jetzt bemerkte Niamh, dass ihre Glieder noch mehr zitterten als zuvor. Diese Nacht war zu viel für sie. Unbedingt musste sie den Untergrund verlassen und in die Oberwelt zurückkehren. Doch was erwartete sie dort und wo wollte sie sich vor dem Zorn der Königin verbergen? Wenn diese ihre Magier nach ihr aussandte, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie sie fanden.
Merenwen und sie eilten weiter. Es gab mehrere Gänge, die nach oben führten. Wer wusste, ob sie ihnen nicht bereits folgten oder ihnen gar irgendwo auflauerten?
Die Angst hatte Niamh im Griff und ließ sie nicht mehr los, bis sie endlich die salzige Luft des Grünen Meeres tief einsog. Wie lange sie dem hatte entbehren müssen! Sie vernahm die Wellen, bevor sie diese erblickte. Niamh verließ die Höhle und rannte zum Strand, sank auf die Knie und nahm von dem grün schillernden Nass in ihre Handflächen. Sie warf sich einige Handvoll davon ins Gesicht, um sich zu erfrischen. Trinkbar war es zu ihrem Bedauern nicht. Wie gerne wäre sie den pelzigen Geschmack im Mund losgeworden!
»Ich möchte dich ungern unterbrechen, doch wir müssen weiter!« Merenwen war an sie herangetreten. Ein
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