Im Bann der Wüste
Soldaten.
Und über all diesem Chaos schwärmten die Schmetterlinge wie eine Million Blumen mit gelben Blütenblättern, die in wirbelnden Winden dahintanzten.
Duiker wandte den Kopf, als er hörte, wie sich eine weitere Woge Magie entlud. Er sah Sormo mitten im Zentrum der Menge auf seinem Pferd sitzen. Die Macht, die einer Flutwelle gleich von ihm wegrollte, brandete der flussabwärts gelegenen Brücke entgegen und schlug mit Funken auf die Rebellensoldaten ein, die sie wie Stacheldraht niedermähten. Blut spritzte hoch in die Luft, und über der Brücke wurde das Gelb der Schmetterlinge zu Rot, und die befleckten Wolken sanken wie eine flatternde Decke herab.
Doch noch während Duiker zusah, trafen vier Pfeile den Waerloga; einer davon bohrte sich in seinen Hals. Sormos Pferd warf den Kopf herum und wieherte schrill. Sein Rumpf war mit einem halben Dutzend Pfeilen gespickt. Das Tier stolperte, torkelte seitwärts zum Rand der Untiefe und dann ins tiefe Wasser. Sormo schwankte und rutschte langsam aus dem Sattel, verschwand unter der Schicht aus toten Schmetterlingen. Das Pferd brach über ihm zusammen.
Duiker konnte nicht atmen. Dann sah er, wie sich ein Dutzend Schritte flussabwärts ein schlanker Arm gen Himmel reckte.
Schmetterlinge stürzten sich auf den angestrengt und sehnsüchtig ausgestreckten Arm, selbst als er langsam wieder zurücksank und verschwand. Die Insekten strömten zusammen, zunächst zu Tausenden, dann zu Hunderttausenden. Es schien, als wäre überall der Kampf ins Stocken geraten, als würden alle eine Pause machen und zusehen.
Beim Atem des Vermummten, sie sind seinetwegen gekommen. Sie sind gekommen, um seine Seele aufzunehmen. Doch es ist nicht so, wie es sein sollte – es sind keine Krähen. Bei den Göttern hienieden!
Hinter dem Historiker erklang eine zitternde Stimme. »Was ist geschehen? Haben wir gewonnen?«
Keuchend sog Duiker die Luft in die Lungen. Die Masse der Schmetterlinge bildete an der Stelle, wo Sormo kurz aufgetaucht war, einen brodelnden, tobenden Hügel – einen Hügel, der so hoch war wie ein Hügelgrab und immer noch weiter anwuchs, im Gleichtakt mit jedem zögernden Schlag, den das Herz in der Brust des Historikers machte.
»Haben wir gewonnen? Könnt Ihr Coltaine sehen? Ruft ihn her – ich wünsche mit ihm zu sprechen …«
Der Augenblick, in dem alles still und schweigend verharrte, endete, als ein dichter Hagel wickanischer Pfeile auf die Soldaten auf der flussabwärts gelegenen Brücke niederging. Was Sormo begonnen hatte, vollendeten jetzt seine Clan-Brüder und -Schwestern: Die letzten Bogenschützen und Pikeniere sanken zu Boden.
Duiker sah drei Karrees Infanterie im Laufschritt den Nordhang herunterkommen; sie war von der Nachhut abgezogen worden, um bei der Überquerung des Flusses für Ordnung zu sorgen. Reiter vom Wiesel-Clan kamen zwischen den am Rand stehenden Bäumen hervorgeritten und stießen ihr schrilles Siegesgeheul aus.
Duiker wirbelte herum. Er sah malazanische Soldaten, die sich von Deckung zu Deckung zurückzogen – eine Hand voll Seesoldaten und weniger als dreißig Sappeure. Der Pfeilhagel wurde wieder stärker und kam näher. Bei den Göttern, sie haben bereits das Unmögliche getan – mehr kann man von ihnen nicht erwarten -
Der Historiker holte tief Luft und kletterte dann auf die hohe Kutschbank des Wagens. »Ihr alle!«, brüllte er dem sich dahinwälzenden Flüchtlingsstrom zu, der das Ufer bevölkerte. »Alle, die zwei gesunde Hände haben! Sucht euch eine Waffe – und stürzt euch in den Wald, denn sonst wird das Gemetzel aufs Neue beginnen! Die Bogenschützen kommen zu – «
Er kam nicht weiter. Ein wildes, tierisches Geheul ließ die Luft erzittern. Duiker sah ungläubig zu, wie Hunderte von Zivilisten vorwärts stürmten. Sie kümmerten sich nicht um Waffen. Sie wollten nur an die Bogenschützen herankommen, um auf das Blutbad des heutigen Tages eine nicht minder entsetzliche Antwort zu geben.
Wir sind alle vom Wahnsinn befallen. So etwas habe ich noch nie gesehen, und auch niemals von so etwas gehört – oh, ihr Götter, was ist nur aus uns geworden …
In Wogen schwärmten die Flüchtlinge über die Positionen der malazanischen Soldaten hinweg und stürmten in den Wald, ohne auf die in rascher Folge abgeschossenen, verheerenden Pfeilsalven zu achten, die von der Baumlinie her geflogen kamen. Schreie in jeder nur denkbaren Tonhöhe und Lautstärke hallten schrecklich durch die Luft.
Nethpara kam
Weitere Kostenlose Bücher