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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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grollend.
    »Wirklich?«, fragte der Kapitän. »Seid Ihr Euch da sicher?«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Ihr müsst wissen, dass irgendjemand andauernd den Riesler umwirft.«
    »Was?« Oh, das Rieseln von Sand –  ich könnte schwören, dass er die Worte erfindet, noch ehe er sie ausspricht. »Wollt Ihr damit etwa sagen, dass es an Bord der Lumpenpfropf nur ein einziges Stundenglas gibt?«
    »Eine ganz bestimmte Sanduhr misst die offizielle Zeit«, sagte Elan.
    »Während keine der anderen Uhren an Bord mit dieser übereinstimmt«, fügte der Kapitän hinzu, während er seinen Kelch erneut füllte. »Sind es vier Tage … oder vierzehn?«
    »Soll das hier eine Art philosophischer Debatte werden?«, fragte der Schatzmeister misstrauisch.
    »Wohl kaum. « Die Worte des Kapitäns gingen beinahe in seinem Rülpser unter. »Als wir den Hafen verlassen haben, war der Mond ein Viertel voll.«
    Kalam versuchte sich an die vergangene Nacht zu erinnern. Er hatte auf dem Vorderdeck gestanden, unter einem unglaublich klaren Himmel. War der Mond schon untergegangen gewesen? Nein, er war auf dem Horizont geritten, direkt unter der Spitze jenes Sternbilds, das als Dolch bekannt war. Ein drei viertel voller Mond. Aber das ist unmöglich.
    »Zehn Maden sind eine Hand voll«, fuhr der Kapitän fort. »Und genauso gut wie ein Riesler, um die Dauer einer Überfahrt abzuschätzen. In vierzehn Tagen können es schon zehn werden, außer das Mehl war schon zu Beginn der Reise verdorben, nur dass der Koch schwört, dass dem nicht so war – «
    »Genauso wie er schwören würde, dass er uns heute Abend ein Abendessen gekocht hat«, sagte Salk Elan mit einem Lächeln, »obwohl unsere Mägen knurren und uns mitteilen, dass das, was wir gerade gegessen haben, alles andere als Nahrung war. Aber wie auch immer, ich danke Euch dafür, die Verwirrung zerstreut zu haben.«
    »Nun, mein Herr, da habt Ihr nicht Unrecht; Euer Verstand ist scharf genug, um manche Haut zu durchstechen, obwohl meine dicker ist als die vieler anderer Leute, und ich bin nichts, wenn nicht starrsinnig.«
    »Wofür ich Euch wirklich bewundern muss, Kapitän.«
    Im Namen des Vermummten – worüber reden die beiden da eigentlich? Oder, anders gefragt: Worüber reden sie nicht?
    »Ein Mann kann so werden, dass er nicht einmal mehr dem Pochen seines eigenen Herzens trauen kann – wohlgemerkt, ich kann sowieso nicht weiter als bis vierzehn zählen, also musste ich die Sache aus den Augen verlieren, aber wir reden hier übers Nachspüren, wenn ich nicht irre.«
    »Kapitän«, sagte der Schatzmeister, »Eure Worte erfüllen mich mit großer Sorge.«
    »Das geht nicht nur Euch so«, fügte Salk Elan hinzu.
    »Habe ich Euch gekränkt, mein Herr?« Das Gesicht des Kapitäns rötete sich, während er den Schatzmeister finster anstarrte.
    »Gekränkt? Nein. Verwirrt. Ich glaube wohl sagen zu dürfen, dass ich zu dem Schluss gekommen bin, dass Ihr nicht mehr Herr Eurer Sinne seid. Um die Sicherheit auf diesem Schiff zu gewährleisten, habe ich daher keine andere Wahl, als – «
    »Keine Wahl?«, brach es aus dem Kapitän heraus. Er erhob sich von seinem Stuhl. »Worte wie Sand. Was durch deine Finger rutscht, kann dich umwerfen! Ich werde Euch zeigen, was Sicherheit ist, Ihr verschwitzter Haufen Schweinefett!«
    Kalam lehnte sich zurück und hielt Abstand vom Tisch, als der Kapitän zur Kabinentür ging und mit seinem Umhang zu kämpfen begann. Salk Elan hatte sich nicht gerührt; er schaute nur zu, und ein dünnes Lächeln spielte um seine Lippen.
    Einen Augenblick später riss der Kapitän die Kabinentür auf und stürmte auf den Gang hinaus, wobei er laut nach seinem Ersten Offizier rief. Als er zur Kombüse marschierte, klangen seine Schritte, als würde er mit den Fäusten gegen die Wand trommeln.
    Die Kabinentür schwang ächzend in ihren Angeln.
    Der Schatzmeister öffnete den Mund und schloss ihn wieder; dann öffnete er ihn erneut. »Was sollen wir tun?«, flüsterte er, ohne jemand bestimmten anzusprechen.
    »Es ist nicht an Euch, das zu entscheiden«, sagte Salk Elan gedehnt.
    Der Adlige wirbelte zu ihm herum. »Es ist nicht an mir? Wer soll denn sonst eine solche Entscheidung treffen, wenn nicht der Mann, dem der Schatz von Aren anvertraut wurde – «
    »Ach, so wird das also offiziell genannt. Wie wäre es denn stattdessen mit Pormquals unrechtmäßig erworbener Diebesbeute? Die Siegel auf den Kisten da unten tragen das Wappen der Hohefaust, nicht das Zepter des Imperiums

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