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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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das Tor strömen und sich zu einer geschlossenen Phalanx formieren würde, ehe sie auf die Stellung des Feindes zumarschierte.
    Blistig war gegangen, ohne sich noch einmal umzusehen. Duiker starrte zu dem in einiger Entfernung gelegenen Tor, musterte die Truppen, die dort versammelt waren.
    »Historiker.«
    Er wandte den Kopf, blickte auf Nethpara hinunter.
    Der Adlige lächelte. »Ihr hättet mich mit etwas mehr Respekt behandeln sollen. Ich vermute, dass Euch das jetzt ebenfalls klar ist, auch wenn diese Erkenntnis etwas zu spät kommt.«
    Nethpara bemerkte nicht, dass Duiker den Stiefel aus dem Steigbügel zog.
    »Für die Unverschämtheiten, die Ihr Euch mir gegenüber geleistet habt … dafür, dass Ihr Hand an mich gelegt habt, Historiker, werdet Ihr leiden – «
    »Zweifellos«, sagte Duiker. »Und hier ist noch eine letzte Unverschämtheit.« Er trat zu. Die Spitze seines Stiefels grub sich in den schwammigen Hals des Adligen und zuckte dann aufwärts. Die Luftröhre barst, und Nethparas Kopf zuckte mit einem knirschenden, puffenden Geräusch nach hinten; der Adlige fiel hintenüber und landete schwer auf den Pflastersteinen. Seine Augen starrten leer zum fahlen Himmel hinauf.
    Pullyk Alar schrie auf.
    Soldaten umringten den Historiker mit gezogenen Waffen.
    »Nur zu, macht dem allen endlich ein Ende«, sagte Duiker.
    »Oh, nein, so viel Glück werdet Ihr nicht haben!«, zischte Pormqual. Er war totenbleich vor Wut.
    Duiker blickte ihn höhnisch an. »Ihr habt mich bereits zum Tode verurteilt. Wie sollte es da auf einmal mehr noch ankommen, Ihr feiger Dunghaufen?« Er richtete den Blick auf Mallick Rel. »Und was Euch angeht, Jhistal, kommt doch etwas näher – eines fehlt mir noch zu meinem Glück.«
    Weder der Historiker noch irgendjemand von den anderen bemerkte den Hauptmann aus Blistigs Garnison, der genau in diesem Moment den Platz betrat. Der Mann hatte eigentlich mit Duiker sprechen wollen, hatte ihm berichten wollen, dass ein Kind sicher in die Obhut seines Großvaters gegeben worden war. Doch als er das Wort »Jhistal« hörte, stockte er – und machte mit weit aufgerissenen Augen einen Schritt rückwärts.
    In diesem Augenblick öffnete sich das Tor, und die Kavallerie preschte hinaus. Eine Welle der Bewegung ging durch die Infanterie-Legionen, als die Soldaten und Soldatinnen ihre Waffen bereit machten.
    Keneb wich noch einen weiteren Schritt zurück; jenes eine Wort hallte noch immer durch seine Gedanken. Irgendwo hatte er es schon einmal gehört, doch er konnte sich nicht mehr erinnern, wo oder wann das gewesen war. Er wusste nur, dass es Alarmglocken in seinem Geist erklingen ließ. Eine Stimme in seinem Innern brüllte ihn an, dass er unbedingt Blistig finden musste – er wusste zwar noch nicht, warum, aber es war furchtbar wichtig …
    Doch es war bereits zu spät.
    Keneb starrte vor sich hin, während die Armee das Tor passierte. Die Befehle waren erteilt worden, die einmal in Marsch gesetzten Truppen nicht mehr aufzuhalten.
    Der Hauptmann machte noch einen Schritt rückwärts. Mittlerweile hatte er vergessen, dass er Duiker etwas hatte sagen wollen. Er stolperte – ohne es überhaupt zu bemerken – über Nethparas Leiche, dann wirbelte er herum. Und rannte los.
    Sechzig Schritte weiter kehrte plötzlich die Erinnerung daran zurück, wo und wann er das Wort »Jhistal« zuletzt gehört hatte.
     
    Zusammen mit den Offizieren ritt Duiker auf die Ebene hinaus.
    Es sah so aus, als würde Korbolo Doms Armee in heller Panik fliehen, wobei dem Historiker allerdings auffiel, dass die Krieger ihre Waffen immer noch fest hielten, auch als sie über den Grabhügel und den dahinter liegenden Hang rannten. Die Kavallerie der Hohefaust preschte im Galopp nach beiden Seiten davon, um die Feinde zu umgehen und zu umzingeln, und ließ die Fußsoldaten schnell hinter sich. Als die beiden Flügel zwischen die gleichmäßig verteilten Hügel der riesigen Begräbnisstätte ritten, gerieten sie endgültig außer Sicht.
    Die Legionen der Hohefaust marschierten im Laufschritt, schweigend und entschlossen. Sie hatten keine Hoffnung, die fliehende Armee einzuholen, so lange die Kavallerie nicht die Umzingelung beendet und alle Fluchtwege abgeschnitten hatte.
    »Genau wie Ihr es vorhergesagt habt, Hohefaust!«, rief Mallick Rel Pormqual zu, während sie im leichten Galopp dahinritten. »Sie rennen wie die Hasen!«
    »Aber sie werden nicht entkommen – oh nein, das werden sie nicht!« Pormqual lachte, während

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