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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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unterhalb des rechten Schlüsselbeins. Ein zweites Wurfgeschoss – ein eiserner Wurfstern  – grub sich neben Kalams Gesicht in die Holztür am Ende der Nische.
    Er drückte den Abzug der zweiten Armbrust. Der Bolzen traf sie in den Unterleib. Sie taumelte rückwärts, und das Weiße Paralt hatte sie getötet, noch ehe die Bewegung zu Ende war.
    Kalam lebte noch – die Waffe, die aus seiner Brust ragte, war anscheinend nicht vergiftet. Er ließ sich zu Boden sinken, legte die beiden Armbrüste neben sich und zog dann das Messer heraus.
    Seine anderen Waffen waren bereits aufgebraucht, allerdings hatte er noch die Zangen und den kleinen Sack mit den Nägeln.
    Der andere Jäger war ganz in der Nähe. Er wartete darauf, dass Kalam erneut floh – und er wusste ganz genau, wo er sich versteckte. Der Leichnam, der gegenüber von der Nische lag, war ein unübersehbarer Hinweis.
    Und was jetzt?
    Die rechte Seite seines Hemds war klebrig und nass, und er konnte die Hitze des Blutes spüren, das an seinem Körper hinunterlief. Es war die dritte kleinere Wunde, die er in dieser Nacht erhalten hatte; beim vorletzten Handgemenge hatte sich ein Wurfstern in seinen Rücken gebohrt. Diese Waffen waren nie vergiftet – das wäre für den Werfer selbst viel zu gefährlich gewesen, auch wenn er Handschuhe trug. Der dicke Schmiedeschurz hatte den größten Teil der Wucht aufgefangen, und er hatte den Wurfstern an einer Mauer abgescheuert.
    Seine geistige Disziplin, mit der er die Blutung der verschiedenen Wunden verlangsamt hatte, war mehr oder weniger in Fetzen. Er wurde schwächer. Und das schnell.
    Kalam blickte nach oben. Direkt über seinem Kopf befand sich die Unterseite eines hölzernen Balkons; die beiden Streben, von denen die Farbe abblätterte, mochten siebeneinhalb Fuß über dem Erdboden aus der Wand ragen. Mit einem Sprung könnte er eine davon erreichen, doch das würde nicht ohne Lärm abgehen – und selbst wenn er es schaffte, würde ihn das zugleich hilflos machen.
    Er zog die Zangen aus den Schlaufen, nahm das blutige Messer zwischen die Zähne und streckte sich langsam, hob die Zangen in die Höhe. Sie schlossen sich um die Strebe.
    Ob das verdammte Ding mein Gewicht wohl tragen wird?
    Er packte die Griffe fester und spannte vorsichtig die Schultern an, zog sich einen Zoll hoch, dann noch einen. Die Strebe ächzte noch nicht einmal, und ihm wurde klar, dass der Holzbalken aller Wahrscheinlichkeit nach tief in die steinerne Mauer eingelassen war. Er zog sich weiter in die Höhe.
    Die eigentliche Herausforderung war, die ganze Aktion völlig lautlos durchzuführen, denn sein Jäger würde jedes Scharren oder Rascheln hören. Mit vor Anstrengung zitternden Armen und Schultern zog Kalam die Beine hoch, ganz langsam, Zoll um Zoll, hob sein rechtes Bein dann noch höher und schob es schließlich mit dem Fuß voran durch die dreieckige Öffnung über der Strebe.
    Er winkelte das Bein an, zog und konnte schließlich seine Arme und Schultern entlasten.
    Eine ganze Minute lang hing er einfach nur reglos da.
    Klauen liebten alles, was mit Warten zu tun hatte, und versuchten immer wieder, sich gegenseitig in Wettkämpfen zu übertreffen, bei denen es um Geduld ging. Sein Jäger war anscheinend zu dem Schluss gekommen, dass dies hier eines dieser Spielchen war – und er hatte vor, es zu gewinnen.
    Tja, Fremder, ich spiele nur leider nicht nach euren Regeln.
    Er machte die Zangen los und hob sie in Richtung des Balkons. Dies war das größte Risiko, denn er hatte nicht die geringste Ahnung, was sich auf dessen Fußboden befinden mochte. Er untersuchte ihn minutenlang mit den Zangen, bis er an den Grenzen seiner Reichweite angelangt war, dann ließ er die Werkzeuge auf den Boden sinken.
    Kalam hatte noch immer das Messer zwischen den Zähnen und den Geschmack seines eigenen Blutes im Mund. Jetzt, da er beide Hände frei hatte, griff er nach der Kante des Balkons, verlagerte sein Gewicht von den Beinen über der Strebe in die Arme und zog sich hoch. Er packte das Geländer, schwang ein Bein darüber und hockte einen Augenblick später auf dem Balkon. Die Zangen lagen zu seinen Füßen.
    Er musterte seine Umgebung. Vor sich sah er Tontöpfe, in denen verschiedene Arten von Kräutern wuchsen. An einem Ende des Balkons stand ein gegossener Brotofen auf einem Fundament aus Backsteinen, und der Assassine konnte die Hitze, die von ihm ausging, auf seinem schweißbedeckten Gesicht spüren.
    Eine verriegelte Luke, die so niedrig

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