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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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schleuderte sie in seine Arme. Beinahe hätte sie ihn mit der großen, mit Widerhaken versehenen Spitze aufgespießt, die aus ihrer Brust ragte. Die vier verbliebenen Jäger gingen in Deckung. Sie hatten keine Ahnung, wer oder was sich da eingemischt hatte. Plötzlich dröhnte Hufgetrappel durch die Gasse.
    Mit offenem Mund starrte Kalam dem Hengst entgegen, der auf ihn zugerast kam – seinem Hengst. Und im Sattel hockte – tief geduckt und vollauf damit beschäftigt, die Armee-Armbrust erneut zu spannen – Minala.
    Den Bruchteil einer Sekunde, bevor er niedergetrampelt wurde, trat der Assassine einen Schritt zur Seite, packte eine Kante des Sattels und nutzte den Schwung des Pferdes, um sich hinter Minala auf das Tier zu schwingen. Sie drückte ihm die Armbrust in die Hände. »Gib uns Feuerschutz!«
    Er drehte sich um und entdeckte vier Gestalten, die sie verfolgten.
    Kalam schoss. Die Jäger warfen sich wie ein Mann zu Boden. Der Bolzen streifte eine Mauer und schlitterte in die Dunkelheit davon.
    Die Gasse öffnete sich auf eine Straße. Minala riss den Hengst nach rechts. Hufe rutschten über das Pflaster. Funken sprühten.
    Das Pferd fasste wieder Tritt und schoss vorwärts. Das Hafenviertel der Stadt Malaz war ein Wirrwarr aus engen, gewundenen Gassen und Straßen, durch die ein Pferd eigentlich unmöglich hindurchgaloppieren konnte, schon gar nicht nachts. In den nächsten paar Minuten erlebte Kalam den wildesten Ritt seines Lebens. Minalas Reitkünste waren atemberaubend.
    Nach kurzer Zeit beugte er sich dichter zu ihr vor. »Wo bringst du uns hin, im Namen des Vermummten? Die ganze Stadt wimmelt von Klauen – «
    »Das weiß ich, verdammt!«
    Sie lenkte das Pferd über eine hölzerne Brücke. Kalam schaute auf und sah die Oberstadt und darüber einen dräuenden schwarzen Schatten: die Klippe – und Mocks Feste.
    »Minala!«
    »Du wolltest doch zur Imperatrix, oder? Nun, du verdammter Bastard, sie ist hier, genau hier – in Mocks Feste!«
    Oh, beim Schatten des Vermummten!
     
    Die Fliesen gaben ohne einen Laut unter ihnen nach. Kalte Schwärze verschluckte die vier Reisenden.
    Ihr Sturz endete abrupt, mit einem schmerzhaften Aufprall auf glatten, polierten Steinplatten.
    Ächzend setzte Fiedler sich auf. Der Sack mit der Munition hing immer noch über seiner Schulter. Er hatte sich bei dem Sturz den kaum verheilten Knöchel erneut verletzt, und die Schmerzen waren beinahe unerträglich. Mit zusammengebissenen Zähnen schaute er sich um. Die anderen waren allem Anschein nach alle mehr oder weniger unversehrt und rappelten sich gerade auf.
    Sie befanden sich in einem runden Raum, der genauso aussah wie der, den sie in Tremorlor verlassen hatten. Einen Augenblick lang fürchtete der Sappeur sogar, sie wären einfach nur dorthin zurückgekehrt, doch dann roch er die salzige Luft.
    »Wir sind da«, sagte er. »Im Totenhaus.«
    »Wieso bist du dir da so sicher?«, wollte Crokus wissen.
    Fiedler kroch zu einer Mauer und zog sich daran in die Höhe. Er belastete vorsichtig das Bein, zuckte zusammen. »Ich kann die Bucht von Malaz riechen. Außerdem – merkst du nicht, wie feucht die Luft ist? Das hier ist nicht mehr Tremorlor, mein Junge.«
    »Aber wir könnten in irgendeinem Haus sein, an irgendeinem Ort, der in einer Bucht liegt – «
    »Das könnten wir«, gab der Sappeur zu.
    »Wir werden es herausfinden«, sagte Apsalar, was mehr als nur vernünftig klang. »Du hast dir wieder den Knöchel verletzt, Fiedler.«
    »Ja. Ich wünschte, Mappo und seine Elixiere wären hier …«
    »Kannst du gehen?«, fragte Crokus.
    »Ich habe wohl kaum eine andere Wahl.«
    Apsalars Vater trat an die Treppe und schaute nach unten. »Da kommt jemand«, sagte er. »Ich kann das Licht einer Laterne sehen.«
    »Oh, das ist ja wunderbar«, murmelte Crokus und zog seine Messer.
    »Steck sie wieder ein«, sagte Fiedler. »Entweder man behandelt uns als Gäste – oder wir sind sowieso tot. Wir sollten gehen und uns vorstellen … also kommt.«
    Sie stiegen zum Erdgeschoss hinab – wobei sich Fiedler schwer auf den Daru stützte – und traten durch eine offene Tür in einen Korridor. Aus Nischen, die sich zu beiden Seiten über seine ganze Länge hinzogen, fiel das Licht von Laternen, und aus der geöffneten Doppeltür am entgegengesetzten Ende drang flackernder Feuerschein.
    Genau wie in Tremorlor stand in einer Nische ungefähr auf halbem Weg eine gewaltige Rüstung; und diese hier hatte einige ernste Schlachten

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