Im Bann des Adlers
Erinnerungen tauchten fast blitzartig vor ihrem inneren Auge auf, nur um gleich wieder durch neue ersetzt zu werden. So ging es eine geraume Weile, bis sie stehen blieb. „Schluss damit!“ schrie sie lautstark ihre inneren Dämonen an. Einige Spaziergänger in geringer Entfernung schauten sich entgeistert nach ihr um. „Mercedes reiß dich am Riemen. Riboz hat dir einen Auftrag gegeben und nur du kannst ihn erfüllen. Also Mädchen, denk nach verdammt noch mal. Wer hat Geronimo damals verraten, was das Dorf vorhat?“, schalt sie sich selbst, ohne sich um die seltsamen Blicke zu scheren.
Während sie weiterging, kehrte sie in Gedanken wieder an den Tag zurück, der ihr außer dem Tod ihrer Eltern, am meisten Grauen bereitete. Das Ende der Sekte! Wie an jedem anderen Morgen auch, nahm sie im Gemeinschaftssaal mit allen das Frühstück ein.
Alles erschien ihr wie immer. Victor beachtete sie kaum, wie so oft in letzter Zeit. Mercedes war froh darüber. Um neun Uhr begann dann der Unterricht. Donnerstags stand immer Spanisch auf ihrem Plan. Die >Klasse<, welche aus Schülern der unterschiedlichsten Jahrgangsstufen bestand, erwartete sie bereits. Es war teilweise verheerend, wie unsicher die Schüler in der Rechtschreibung und Grammatik waren. Deshalb gab es wieder einmal ein Diktat. Aber schon jetzt wusste Mercedes genau, wer ihre Fehlerteufel waren. Leicht gereizt, weil natürlich diese Kandidaten am Wenigsten aufpassten, fing sie an zu diktieren. Ihr fiel wieder ein, dass sie sehr erstaunt darüber war, schon nach kurzer Zeit unterbrochen zu werden. Eine Frau, die sich ebenfalls sehr engagierte, holte Mercedes aus dem Raum und meinte, sie müsse den Unterricht beenden. Auf eine Nachfrage hin, erhielt das Mädchen die Antwort Victor wolle dringend mit ihr sprechen. „Oh je,“ dachte sie. In Erwartung einer erneuten Gewalttat an ihrem geschundenen Körper. Doch dieses Mal wollte er ihr zum Glück nichts Böses. „Du musst etwas für den Vater erledigen und es ist dringend, also beeil dich!“ Damit drückte er Mercedes einen Brief in die Hand und schickte das Mädchen nach Foncebadon. „Komm nicht zurück, bevor du eine Antwort hast. Er braucht sie dringend noch heute, ist das klar?“ Sagte er eindringlich und Mercedes nickte und eilte davon. Am Ziel angekommen, war sie versucht sofort wieder umzukehren, denn das junge Mädchen konnte kaum glauben, wohin Geronimo sie geschickt hatte. Aber als sie klingelte, wurde die Tür sofort geöffnet und der Mann schien sie erwartet zu haben. „Das ist es, er war nie bei der Sekte, wusste aber immer was sich dort abspielte. Er kannte unser Dorf und fast alle Einwohner. Er lebt noch und er muss Geronimo damals gewarnt haben!“ Rief sie jetzt aus, als ihr nach all den Jahren, ein Licht aufging.
So schnell, wie ihre Füße sie trugen, rannte sie am Ufer entlang. Dummerweise hatte sie ihr Handy nicht bei sich. Hernandez musste sofort erfahren, was sie gerade entdeckt hatte.
Kapitel 89
Jessica
Die Wohnung bestand aus Küche; Bad und zwei kleinen Zimmern, die funktional und in warmen Farben eingerichtet waren. Perron erklärte uns, dass er zur Ferienzeit diese Wohnung oft an Städtereisende vermietete, um sich etwas dazu zu verdienen. Unser Glück im Moment, dass es später Herbst war und die große Touristenschwemme bereits abgeebbt ist. „Ich werde Ihnen gleich noch einige Lebensmittel vorbei bringen. Machen Sie es sich gemütlich, mehr kann ich ohnehin im Moment nicht für Sie tun.“ Wir nickten.
„Wie soll es denn jetzt weitergehen? Wir können ja nicht ewig hier bleiben? Irgendwann muss meine Familie doch erfahren, dass ich noch lebe.“ Drang ich noch einmal in den Polizisten. „Vorerst ist es besser, wenn alle glauben Sie seien tot. Tut mir leid Señora Korbmann. Bitte halten Sie sich beide vorsichtshalber fern von den Fenstern und verlassen diese Räume nicht, auch wenn es Ihnen schwerfällt. Niemand wird klingeln, denn ich habe einen Schlüssel.
Bevor ich aufsperre, werde ich zweimal laut und dreimal leise klopfen, damit Sie wissen, dass ich es bin. Sollte Ihnen etwas sonderbar vorkommen, so rufen Sie sofort bei mir an. Hier “, damit schrieb er auf einen Zettel seine Handynummer auf. „Wenn Sie diese Nummer wählen, dann bin ich innerhalb zehn Minuten da. Sprechen Sie mit niemandem, außer mir. Ihrer beider Leben kann davon abhängen.“ Hielt er uns einen eindringlichen Vortrag, bevor er sich verabschiedete. Ich brauchte Zeit für mich, um all die,
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