Im Bann des Adlers
Sie sich hier geschaffen haben. Ich weiß, meine Bitte ist unverschämt, aber ich würde so gerne mehr über ihre Lebensweise erfahren.“ Stille trat ein. Der Blick, mit dem ihn der vogelähnliche Mann taxierte, war schwer einzuschätzen. Fast erwartete Hernandez, dass er hinter seinem Rücken gleich eine Axt hervorholte, um ihm den Kopf abzuhacken. Instinktiv trat er einen Schritt zurück. Dieses Zeichen fasste der Andere anscheinend als Rückzug auf und hob die Hand.
„Nicht so schnell, ich habe ja noch nicht Nein gesagt.“ Beschied er ihn. „Aber auch nicht ja. Vielleicht ist es besser, wenn ich wieder gehe.“ Jetzt musste er alles auf eine Karte setzen, sollte er auf diese Weise nicht ins Haus kommen konnte er immer noch versuchen einzubrechen. „So ein Wunsch will wohldurchdacht sein. Unsere Gemeinschaft freut sich über jeden Zuwachs, seien Sie versichert. Jedoch ist es ebenso meine Aufgabe, diese zu schützen. Deshalb gilt es, alle Vor- und Nachteile abzuwägen. Wie stellen Sie sich denn dieses Kennenlernen vor?“
„Nun ja, ich bin alleinstehend und habe einen sehr kompetenten Stellvertreter. Es ist also völlig in Ordnung, sollte ich einige Wochen Urlaub machen. Sie werden es mir vielleicht nicht glauben, aber ich könnte mir sogar vorstellen mein Geschäft zu verkaufen, und ganz hier zu leben. Eben um diese Entscheidung treffen zu können, möchte ich ihre >Gemeinschaft< besser kennen lernen.“ Nach diesen letzten Worten breitete sich ein verschlagenes Grinsen auf dem Gesicht des Adlers aus, er trat einen Schritt zur Seite und machte mit seiner Hand eine einladende Geste. Uff, geschafft, die erste Hürde war genommen. „Jetzt nur nichts falsch machen Großer!“ Rügte Hernandez sich selbst in Gedanken. Hier ging es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod.
Im Inneren war es sehr düster, was daher rührte, dass es in dem Bereich keine Fenster gab. Von der großen Vorhalle gingen aber viele Türen ab und die ganze Einrichtung war in dunklem Nussbaum gehalten, was die Düsternis nur noch verstärkte. Der erste Eindruck für Hernandez war erdrückend. Schon durch seinen Beruf war er Licht und Luft gewohnt, hier empfand er eine beklemmende Atmosphäre. Auf dem Weg die Holztreppe hinauf huschten immer wieder schwarz gekleidete Frauen und Männer an ihm vorbei. Seltsam, alles machte irgendwie den Eindruck auf ihn, als befände er sich in einem Kloster. Vielleicht hatten sie sich ja doch geirrt. Auf der einen Seite hoffte er es. Andererseits fingen sie dann wieder bei null an mit ihrer Suche, das wäre eine Katastrophe. Der Raum im zweiten Stock, war schlicht, aber dennoch gemütlich eingerichtet. Als sein Blick aus dem vergitterten Fenster fiel, beeindruckte ihn die Weitläufigkeit der Gärten und Anlagen. Es war traumhaft. Dies brachte er auch zum Ausdruck. Geronimo wirkte zufrieden. „Nun dann heiße ich Sie hier Willkommen, allerdings wäre es noch ganz nett ihren Namen zu erfahren, sonst muss ich mir einen für Sie ausdenken.“ „Oh tut mir leid. Es ist normalerweise gar nicht meine Art. Ich heiße Miguel Nunez und Sie sind?“ gab er den Ball zurück. „Mein Name ist Geronimo, ich bin der Vater des Ordens. Dann machen Sie sich mal frisch Miguel, ich schicke dann jemanden der Sie holt.“ Damit schloss er die Tür hinter sich. Einer Eingebung folgend, hatte Hernandez den Vornamen von Magistrado Perron und den Mädchennamen seiner Mutter verwandt. Irgendwie glaubte er, es wäre besser, nicht seinen richtigen Namen zu nennen. „Hilf mir Dios, den richtigen Weg zu finden und die Frauen gesund wieder nach Hause zu bringen.
Beschütze in meiner Abwesenheit Mercedes und meinen Freund José.“ Betete er lautlos und hoffte inständig, dass Gott ihn auch erhörte.
Kapitel 58
Hillary
Wieder war jede Hoffnung hier doch noch raus zu kommen geschwunden. Drei Mahlzeiten waren vergangen, seit man ihr das schwarze Gewand gebracht hatte. Da Hillary kein Gefühl mehr für Tag und Nacht oder überhaupt für Zeit hatte, maß sie diese an den Speisen. Sie bekam zwei Gerichte pro Tag, somit waren eineinhalb Tage vergangen. Nichts war geschehen, niemand holte sie aus diesem elenden, kalten Loch. Egal was sie auch versucht hatte, betteln, weinen, schreien. Keiner sprach mit ihr, also wusste sie noch immer nicht, warum sie hier war.
Wollte man sie sterben lassen, würde kein Essen gebracht werden, außer man vergiftete sie doch langsam. Bisher waren aber weder Krämpfe, noch andere Symptome dafür zu
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