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Im Bann des blauen Feuers

Im Bann des blauen Feuers

Titel: Im Bann des blauen Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Kilborne
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Scheiß? Wenn meine Mutter rausfindet, dass ich mitten in der Nacht abgehauen bin, macht sie mir die Hölle heiß. Ich hab echt keinen Bock auf irgendwelche dummen Spielchen. Entweder du kommst da jetzt auf der Stelle raus, oder ich verschwinde wieder!“
    „Nein!“, flüsterte die Stimme – Michel? Lucien war sich nicht sicher. Dieses Flüstern klang irgendwie merkwürdig. „Komm schon … Wir warten alle auf dich …“
    Lucien zögerte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und seine Knie waren weich wie Pudding. Sein Instinkt schrie danach, die Beine in die Hand zu nehmen, nach Hause zu laufen und sich die Bettdecke über den Kopf zu ziehen. Doch das konnte er nicht tun. Nicht, solange auch nur die geringste Möglichkeit bestand, dass das da drüben, auf der anderen Seite der Mauer, tatsächlich Michel war.
    Denn wenn es sein Freund war, der ihn in dem Moment testete, und er jetzt einfach abhaute, brauchte er sich an der Schule nie wieder blicken zu lassen.
    Noch einmal atmete er tief durch, dann streckte er die Hand nach dem Friedhofstor aus. Um zu verhindern, dass irgendwelche Vandalen nachts auf das Gelände kamen und Unsinn anstellten, wurden die Tore nach Einbruch der Dunkelheit verschlossen. Das wusste Lucien deshalb so genau, weil er erst vor Kurzem etwas darüber im Internet gelesen hatte.
    Trotzdem war er nicht überrascht, als das Tor mit einem leisen Quietschen aufschwang, kaum dass er das kühle Metall berührt hatte. Wie erstarrt stand er da. Seine Beine verweigerten ihm den Dienst, und in seinem Kopf schrillten mindestens ein Dutzend Alarmglocken.
    Hast du den Verstand verloren, mitten in der Nacht auf den Friedhof zu gehen? meldete sich die Stimme seiner Vernunft. Noch dazu allein!
    Er dachte an die Morde, über die in letzter Zeit berichtet wurde. War nicht erst gestern wieder ein neues Opfer gefunden worden – gefoltert und grausam verstümmelt, mitten im Bois de Boulogne?
    Aber das waren Mädchen gewesen. Alles Mädchen. Und wenn er sich nicht bald zusammenriss, würden die anderen zu dem Schluss kommen, dass er genau das war: ein Mädchen.
    Lucien straffte die Schultern und schob seine Ängste beiseite. Dann betrat er das Friedhofsgelände.
    Vermutlich war es nur Einbildung, aber ihm kam es so vor, als würde das Licht der Straßenlaternen auf dieser Seite der Mauer sehr viel schwächer als draußen auf der Straße scheinen. Der Weg wurde bereits nach ein paar Metern von der Dunkelheit verschluckt.
    Er ging ein paar Schritte, blieb dann aber wieder stehen. „Michel?“, rief er mit erstickter Stimme. „Zum Teufel, wo steckt ihr? Was soll der Scheiß?“
    Dunkelheit, ringsum nur Dunkelheit. Er hörte eine Vielzahl von Geräuschen – das Rascheln der Baumkronen, durch die der Nachtwind fuhr, das Kratzen winziger Krallen, die über die Grabsteine huschten –, doch eine Antwort erhielt er nicht.
    Es war alles still.
    Totenstill.
    Lucien fröstelte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie kalt es plötzlich geworden war. So kalt, dass sogar sein Atem kondensierte. Das war doch nicht normal für eine Nacht im Sommer!
    Weg hier! Nichts wie weg!
    Er wollte gerade auf dem Absatz kehrtmachen, als er eine Gestalt in der Dunkelheit bemerkte, deren Silhouette sich tiefschwarz gegen ihre Umgebung abhob. Michel?
    Erleichtert atmete er auf. „Sag mal, spinnst du, mir so einen Schreck einzujagen? Was soll der Mist? Warum bestellst du mich mitten in der Nacht hierher?“
    Aber Michel antwortete nicht, und jetzt spürte Lucien endgültig, dass etwas nicht stimmte. Irgendwie bewegte sein Freund sich seltsam. So abgehackt. Fast so, als würde er … In diesem Moment riss die dichte Wolkendecke auf, die über Paris hing, und silbernes Mondlicht ergoss sich über das Areal.
    Lucien blinzelte irritiert. Zu spät erkannte er seinen Fehler.
    Er kam nicht mehr dazu, den Schrei auszustoßen, der ihm die Kehle zuschnürte. Schon wurde es dunkel um ihn herum.
    Céleste lächelte, als Ash die Augen aufschlug.
    Es war jetzt kurz nach halb vier. Etwas weniger als zwei Stunden waren vergangen, seit sie es geschafft hatte, den Giftstachel der Kreatur zu entfernen, die ihn verletzt hatte. Auch jetzt sah er noch immer nicht aus wie das blühende Leben. Doch sein Zustand hatte sich in der Zwischenzeit deutlich verbessert. Seine Haut war zwar warm, doch sie glühte nicht mehr wie ein heißes Backofenblech. Und – das war überhaupt das Erstaunlichste an der ganzen Geschichte – die Wunde in seinem Bein hatte bereits angefangen,

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