Im Bann des Falken
der größten Schleifenrolle an den Griffen der beiden Taschen, die sie mitnehmen wollte.
Nachdem Bethany drei Schleifenrollen verbraucht und die Bänder zu einem langen Seil geknüpft hatte, ließ sie die Taschen damit vorsichtig auf den Boden unter ihrem Fenster herunter.
Sie wünschte, sich ebenfalls über diesen Notweg abseilen zu können, wagte es jedoch nicht, weil sie befürchtete, das “Seil”
würde ihr Gewicht nicht aushalten und reißen.
Allen Mut zusammennehmend, schob Bethany sich langsam über den Fenstersims, dabei hielt sie sich gut daran fest, während sie sich zum Mauervorsprung vortastete. Vorsichtig, ganz behutsam bewegte sie sich auf das Ende des Fensters zu und drückte sich an die Mauer, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Jetzt oder nie!
Das Herz klopfte Bethany bis zum Hals, als sie den Fenstersims schließlich losließ. Als geübter Sportlerin fiel es ihr jedoch nicht schwer, sich an der Mauer zu halten. Wenn sie sich konzentrierte und nicht die Nerven verlor, würde ihr die Flucht gelingen!
Diszipliniert schob sich Bethany voran und näherte sich allmählich dem rettenden Gerüst. Nur nicht nach unten sehen!
ermahnte sie sich. Nur weiter, immer weiter … Gleich ist’s geschafft.
Bethany hatte das Gerüst fast erreicht, als sie plötzlich Hubschrauberlärm vernahm. Die dröhnenden Propeller mußten sich direkt über ihr befinden, aber sie wagte nicht, nach oben zu blicken, aus Furcht, sonst das Gleichgewicht zu verlieren. War das Zakr, der zurückkehrte? Ob er sie sehen konnte? Saß er vielleicht dort oben und beobachtete ihren Ausbruchsversuch?
Bethany kämpfte gegen die Panik an. Vermutlich verhielt der Hubschrauber über dem Landeplatz auf der anderen Seite des Jagdhauses und klang nur so nah. Sie mußte weitermachen, sich beeilen. Falls Zakr zurück war, ging er möglicherweise in ihr Schlafzimmer hinauf und entdeckte die Flucht. Dann wurde die Zeit sehr knapp!
Aus dem Augenwinkel konnte Bethany das Gerüst sehen.
Nur noch zwei, drei Schritte! Und wenn sie sich von der Mauer abstieß und einfach auf die Stangen zuhechtete … Los! befahl Bethany sich mit Todesverachtung und sprang.
Sie bekam eine Querstange zu fassen und packte mit aller Kraft zu, dabei ließ sie ihren Körper pendeln, um den Schwung aufzufangen. Erleichterung durchflutete Bethany. Geschafft!
Mühelos hangelte sie sich geschmeidig von Stange zu Stange und landete mit, einem übermütigen Purzelbaum auf dem Boden.
Erst jetzt blickte Bethany auf, um nach dem Hubschrauber zu sehen. Sein Heck verschwand gerade über dem Dach. Hatte er während der waghalsigen Kletterpartie über ihr geschwebt?
Schwer zu sagen. Außerdem hatte sie keine Zeit zu verlieren!
Bethany rannte zu ihren Taschen, band sie los, dann hastete sie auf die Schuppen zu, in denen die Versorgungslastwagen abgestellt wurden. Jetzt konnte sie nur beten, daß die Wächter gerade Mittagsschlaf hielten. Das Glück war ihr hold. Niemand schien dazusein, und gleich beim ersten Laster steckte der Schlüssel in der Zündung. Rasch kletterte Bethany auf den Fahrersitz, zog Socken und Schuhe an, stopfte ihr Haar unter die Armeemütze und schickte ein weiteres Stoßgebet zum Himmel, als sie den Motor anzulassen versuchte.
Es lief wie bei P.J. Weatherlys Jeep. Alles klappte. Vorsichtig manövrierte Bethany den Laster aus dem Schuppen und hielt auf das Tor zu, hinter dem die Freiheit winkte.
Bethany war darauf gefaßt, daß jeden Moment jemand auftauchen und sie aufzuhalten versuchen würde. Vor allem befürchtete sie, einer der Soldaten könnte auf die Reifen schießen, wie Zakr es bei P.J.s Jeep getan hatte. Erst als sie um eine Palmengruppe fuhr und das Tor unmittelbar vor sich hatte, ging ihr auf, warum niemand ihre Flucht vereitelt hatte.
Wie eine Ehrengarde standen die Soldaten mit schußbereiten Gewehren auf beiden Seiten der Straße aufgereiht… doch sie richteten die Waffen nicht auf Bethany. Keiner versuchte, den Laster anzuhalten.
Das war auch nicht nötig.
Mitten zwischen den beiden mächtigen Torsäulen stand hochaufgerichtet der Scheich von Bayrar und versperrte Bethany den Weg.
Noch nie hatte sie ihn so stolz und unnahbar erlebt. Er hob nicht einmal die Hand und sprach kein Wort. Mit seinen dunklen Augen sah er Bethany durchdringend an, als könnte er ihr mitten ins Herz blicken. Und es bestand kein Zweifel, was er ihr anbot.
Sie konnte gehen, wenn sie wollte.
Doch nur über seine Leiche!
Bethany seufzte auf und gestand
Weitere Kostenlose Bücher