Im Bann des Falken
das.” Bethany nahm die Tasche mit den Arzneivorräten auf und ging entschlossen an der Frau vorbei. Falls in einem von Zakrs Versorgungslastern der Zündschlüssel steckte, würde sie sich das Gefährt ohne Gewissensbisse “ausborgen”.
Die Frau hastete Bethany nach Und zupfte sie am Ärmel.
“Der Scheich hat Befehle gegeben!” rief sie atemlos.
Bethany blieb stehen und drehte sich um. “Was für Befehle?”
fragte sie unbeeindruckt.
“Sie dürfen diese Gemächer nicht verlassen, Mylady. An den Türen sind Wächter aufgestellt. Sie müssen hierbleiben. Sie werden Sie nicht durchlassen. Der Scheich …” Die Frau schluckte furchtsam. “Keiner darf sich seinem Befehl widersetzen.”
Das Fluchtvorhaben, das Bethany eben noch beflügelt hatte, fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Zakr hatte sie nicht nur allein zurückgelassen, sondern auch dafür gesorgt, daß sie hier gefangengehalten wurde, solange es seiner Majestät beliebte.
Sie war angekettet, genau wie das Falkenweibchen! Das Bild, das sich ihr am Vortag aufgedrängt hatte, stand jetzt so lebendig vor Bethanys Augen, daß ihr eiskalt wurde. Zakr ließ sie nicht gehen! Er würde sie für immer an sich ketten. Und das schlimmste war, daß die Erkenntnis Bethany irgendwie sogar beruhigte. Sie brauchte nicht mehr zu kämpfen, sich keine Gedanken mehr über die Zukunft zu machen… Von jetzt an würde sie nur noch für Zakr dasein…
Bethany schüttelte den Kopf, als könnte sie sich damit von der Zwangsvorstellung befreien, sich mit dem Unabänderlichen abfinden zu müssen. Sie mußte fliehen. Auf der Stelle. Solange sie noch die Kraft dazu besaß. Aber wie? Die Türen wurden bewacht, und ihre Zimmerflucht befand sich drei Stockwerke über dem Erdboden ….
Das Baugerüst! durchzuckte es Bethany. Ob es noch dort stand? Konnte sie es erreichen, ohne daß die Wachen etwas merkten?
Nachdenklich ging sie zum Fenster. Nur ein Vogel könne von hier entkommen, hatte Zakr behauptet. Bethany wünschte, die kraftvollen Schwingen des Falkenweibchens zu haben. Das Gerüst war noch da, aber von ihren Räumlichkeiten aus nicht zu erreichen. Verzweifelt wo llte Bethany sich abwenden, als ihr Blick auf den Mauervorsprung fiel, der die einzelnen Stockwerke gegeneinander abgrenzte.
Scheinbar gelangweilt, um ihre Bewacherin nicht aufmerksam werden zu lassen, öffnete Bethany das Fenster, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Die Ellenbogen auf das Fensterbrett gestützt, tat sie so, als blickte sie auf den Hof hinunter. War der Mauervorsprung breit genug, daß sie sich darauf vorsichtig bis zu dem Gerüst vorantasten konnte? Die unmittelbar daneben aufragende Mauer würde es nicht einfach werden lassen, das Gleichgewicht zu halten.
Bethany überlegte fieberhaft. Eins war sicher. Die Arzneitasche konnte sie bei dem Balanceabenteuer über den Mauervorsprung unmöglich mitnehmen. Und aus dieser Höhe könnte sie diese auch nicht einfach aus dem Fenster werfen.
Wenn sie sich ein Seil bringen ließ, würden die anderen mißtrauisch werden. Und zwei miteinander verknotete Bettücher reichten nicht aus. Bethany überdachte ihr Dilemma eine Weile, dann nahm sie die Armeemütze ab und ordnete ihr Haar notdürftig mit den Fingern.
Lächelnd wandte sie sich der Dienerin zu, die sich entspannt hatte, nachdem Bethany sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben schien. “Haben Sie irgendwelche Bänder oder Schleifen, mit denen ich mir das Haar zusammenbinden könnte?” fragte sie hoffnungsvoll.
Die typisch weibliche Bitte entlockte der Frau ein verständnisvolles Lächeln. Sie verschwand und kehrte kurz darauf mit einer ganzen Schachtel voller Schleifenrollen zurück, Bethany nahm sich Zeit, bis sie sich für eine blaue entschieden hatte. Sie versuchte dies und das damit und band ihr langes Haar schließlich zu einem Pferdeschwanz. Dann erklärte sie, die Schachtel dabehalten zu wollen, weil sie am Abend möglicherweise ein andersfarbiges Band brauche. Dieser Forderung beugte die Dienerin sich ebenfalls bereitwillig.
Mittags ließ Bethany sich nur etwas Leichtes zu essen bringen, behauptete, immer noch müde zu sein und sich schlafen legen zu wollen. Auf diese Weise schaffte sie es endlich, die Frau aus dem Schlafzimmer zu bekommen.
Jetzt kam Leben in Bethany. Hastig holte sie ihre Handtasche aus dem Ankleideraum, streifte Schuhe, Socken und Mütze ab und stopfte alles in die Tasche, dann machte sie sich an die Arbeit. Sorgfältig verknotete Bethany das Ende
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