Im Bann des Feuers Drachen2
hochgeschätzten Bayen.
Der Lärm der Menge war verwirrend, ebenso wie der unverhohlene Hass in den Gesichtern, die mir Beleidigungen zuschrien. Die Menschen hockten auf Dächern, lehnten aus Fenstern, beugten sich von Balkonen herunter, standen dichtgedrängt am Wegesrand, und allesamt, elegant oder gemein, verlangten sie brüllend meinen Tod. Auf den Fingern der Menschen steckten Krallen aus Holz oder Metall, die wütend klackten.
Das Geräusch, das wie ein Hagelsturm klang, war ohrenbetäubend. Der Schatten der Arena tauchte uns alle in sein kühles Dämmerlicht.
Schließlich bog unser Zug um eine Ecke. Der Eingang eines mit einem Tor bewehrten Tunnels, der ins Stadion führte, gähnte vor uns. Waikar Re Kratt ritt mit seinem Drachen ruhig an den Wachen am Eingang vorbei und führte uns in die muffigen Eingeweide der Arena.
Ich hatte das Gefühl, in den Schlund einer gewaltigen, primitiven Bestie hinabzusteigen, mir schwindelte, und ich überlegte, warum ich so dumm gewesen war, mich in eine solche Lage zu bringen.
Warum war ich nicht mit Drachenjünger Gen geflohen, als ich noch die Chance dazu gehabt hatte?
»Du wirst bald in die Arena treten«, knurrte der Drachenmeister mich an. Sein Gesicht leuchtete in der Dämmerung wie ein fleckiger Halbmond. Der Boden und die Wände um uns herum vibrierten wie unter einem leichten, anhaltenden Erdbeben. Das gedämpfte Trompeten der Onahmes und das leise, wütende Brüllen der Drachenbullen hallte durch die muffigen Gänge.
Ich konnte in meiner Furcht die Drachen der Bayen beinahe verstehen; konnte fast die Worte, die Gespräche, Fetzen der Drachengesänge hören.
»Hörst du mir zu?«, schrie der Drachenmeister mich an.
»Ja.«
»Der Tempel will deinen Tod und basta. Re ist der erste Bulle, der die Arena betritt.«
»Seid Ihr bei mir?« Mein Kopf schien fast einen Meter über meinen Schultern zu schweben.
»Ja.«
»Wer noch?«
»Dono, Ringus, drei Novizen.«
Mein Blick glitt über die Schüler, die auf dem Boden des Gangs hockten. Sie rieben sich ihre Gliedmaßen mit Fett ein, damit die Schläge und Peitschenhiebe abglitten, statt sich in ihre Haut zu beißen. Ihre Lippen bewegten sich, während sie leise die Komikonpu Walan Kolriks beteten. Das Licht einer einzelnen, blakenden Fackel leckte wie Dämonenzungen über ihre fettglänzenden Körper.
»Das wird ein Blutbad«, murmelte ich.
»Ist der Himmelswächter in der Nähe?«, wollte der Drachenmeister wissen. »Kannst du ihn schon rufen?«
Ich konterte mit einer Gegenfrage: »Wie schnell könnt Ihr Re erregen? Wie lange muss ich dort draußen bleiben?«
»Keiner der für heute ausgewählten Novizen wird genug Geistesgegenwart aufbringen, um den Bullen zu erregen«, murmelte er. »Und Dono wird nur damit beschäftigt sein, dich niederzuschlagen.«
»Und Ringus?«
Ich blickte zu dem femininen Diener, der vor so vielen Monaten die Verwandlung des Geistes meiner Mutter von der Taube zum Geist mitangesehen hatte. Der erst vor wenigen Wochen Zeuge dieser bizarren Wohltat geworden war, die mir diese Drachenkuh erwiesen hatte, die so behutsam meinen Kopf in ihr Maul genommen hatte.
»Du musst den Dirwalan rufen, verstehst du das?«, knurrte der Drachenmeister. »Ruf deinen Himmelswächter, Mädchen, und benutz deinen verdammten Prügel, um die anderen niederzuschlagen!«
»Ich werde nicht … Ich kann nicht …« Die Worte blieben mir in der Kehle stecken, als meine Entschlossenheit, meinen Schwur zu halten, unter meiner Furcht dahinschmolz.
Der Drachenmeister packte mein Haar und zog mein Gesicht dicht vor seines.
»Töte jeden Schüler, der sich dir nähert. Sonst stirbst du selbst!«
»Es ist so weit.«
Ringus stand neben mir. Sein schlanker Körper glänzte nicht nur von dem Fett, sondern auch von einer dünnen Schweißschicht. Er hatte jeden Moment seit unserer Ankunft in den dunklen Eingeweiden der Arena mit Peitsche und Poliar seine Muskeln auf den kommenden Kampf vorbereitet.
Ich stieß mich von der Mauer ab, an der ich lehnte. Zu meinen Füßen lagen der Prügel und der Vebalu-Umhang, die man mir zugeteilt hatte. Ich bückte mich steif, hob den Umhang auf. Meine Muskeln waren verkrampft vor Furcht. Der verrostete Verschluss war von einem früheren Träger schlimm verbogen worden; der Haken ragte ein Stück heraus, scharf und gekrümmt wie ein Miniatursäbel. Es gelang mir nur unter Schwierigkeiten, die Kette über der Schulter zu schließen. Sie drückte schwer auf meinen
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