Im Bann des Feuers Drachen2
Erinnerungen des Drachen auf die Frau übertragen wurden. Drachensprache, hatte Kratt es genannt.
Ich hatte mein halbes Leben in einem Konvent verbracht, in dem eben dieser Ritus regelmäßig heimlich von einer kleinen Gruppe heiliger Frauen durchgeführt wurde, und hatte selbst erst spät in meiner Jugend von diesem Ritual erfahren.
Sicher, in Malacar hielten sich Gerüchte über die Perversionen, welche die Dschungel-Djimbi mit den Drachen begingen, aber den Fleckbäuchen wurde ohnehin ein recht umfangreiches Repertoire an recht bildhaft geschilderten Gräueltaten zugeschrieben, ohne dass dabei auf Genauigkeit Wert gelegt wurde, weshalb das meiste davon als Ammenmärchen abgetan wurde. Wie also hatte Kratt von der Richtigkeit dieses animalischen Ritus erfahren?
Ich vermutete vom Drachenmeister.
Irgendwie wusste der Komikon Re davon.
Ich will die Geheimnisse der Drachen in Erfahrung bringen, bevor der Daron Re den wahren Grund für meine Entscheidung herausfindet, diese Ausgeburt in meinen Stallungen zu behalten. Ich will Bullenschwingen schlüpfen sehen!
Das waren Kratts Worte gewesen.
Was erschreckenderweise nahelegte, dass möglicherweise auch die hochrangigen Tempelhüter von dem Ritus wussten.
Ich legte meinen Kopf zwischen meine Hände, während meine Gedanken sich überschlugen.
Was bedeutete das alles, das Verhalten des Tempels, die Drachensprache?
Da kam mir die Erleuchtung, und ich richtete mich bei dieser Offenbarung kerzengerade auf.
Ich will Bullenschwingen schlüpfen sehen!
Das meinte er wörtlich. Kratt widersetzte sich dem Tempel nur, da er etwas dabei zu gewinnen hatte, und zwar die Antwort auf die Frage, warum aus Eiern, die von gezähmten Brutdrachen gelegt wurden, niemals Bullen schlüpften.
Welch nie da gewesene Macht und welch ungeheurer Wohlstand würde Kratt in die Hände fallen, wenn er die Antwort auf dieses Rätsel erführe, wenn er eines Tages Drachenbullen selbst in Gefangenschaft heranzüchten konnte!
Die ganze malacaritische Gesellschaftsordnung drehte sich um die Heiligkeit der Bullen. Der soziale und wirtschaftliche Einfluss, über den Kratt verfügen würde, falls er seine Stallungen mit Bullen füllen konnte, wäre beispiellos. Er könnte Zuchtdienste weit billiger anbieten als jede andere Brutstätte in Malacar. Er könnte seine Bullen mit seinen Brutdrachen paaren, wann immer er wollte, seine Herde in Riesenschritten vermehren, und das ohne auf die Arena zu warten. Er könnte sogar seine eigene Arena veranstalten, mit weniger Einschränkungen und weit geringeren Gebühren, als der Tempel sie allen abverlangte.
Er konnte sich ein eigenes Imperium schaffen. Waikar Re Kratt, Kind einer blauäugigen xxeltekischen Ebani, würde selbst einen Tempel errichten.
Dafür jedoch benötigte er zunächst die Antwort auf die Frage nach dem Geheimnis der Drachen, und er nahm ganz offenkundig an, dass ich, als Dirwalan Babu, die uralten Erinnerungen dieser Bestien verstehen und so das Geheimnis in Erfahrung bringen konnte, wenn er mich zu einem seiner Reittiere legte.
Zwei Füße schoben sich in mein Blickfeld. Ich sah hoch, während mir schwindelte, ich meine Lage noch immer nicht ganz fassen konnte. Dono stand vor mir.
»Steh auf, heho.« Er klang nicht unfreundlich. »Du sollst mir folgen.«
Ich fuhr mit der Zunge über meine trockenen Lippen, und mein Herz raste. Ich rührte mich nicht.
»Wohin bringst du sie?«, erkundigte sich Eidon mit seiner tiefen, sonoren Stimme.
»Befehl des Drachenmeisters!«, blaffte Dono ihn an. Mit anderen Worten: Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.
Nach kurzem Zögern nickte Eidon, einmal, brüsk, und widmete sich dann wieder seinem Darali Abin Famoo. Gewiss, er gewährte mir seine Gunst, wenngleich zurückhaltend, aber er würde keinen Finger rühren, um mich vor dem Komikon zu beschützen.
Dono hielt mir die Hand hin.
Ich starrte sie an. Hier endlich war ein Zeichen seiner Unterstützung, nach dem ich mich so gesehnt hatte. Zitternd packte ich seine Hand. Seine Finger schlossen sich warm und kraftvoll um meine. Er sah mich jedoch nicht an, als ich aufstand.
»Hier lang«, knurrte er und setzte sich in Bewegung, über den Hof. Ich holte bebend Luft und folgte ihm.
Wir gingen schweigend, nicht jedoch nebeneinander. Ich hielt mich einige Schritte hinter Dono.
Während ich zitternd über den Hof ging, fröstelte mich, und meine Gedanken überschlugen sich förmlich, rasten, zuckten vom Tempel zu Kratt, von Drachenzungen zu
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