Im Bann des Feuers Drachen2
nicht«, flüsterte ich. Meine heisere Stimme schien sich der des Drachenmeisters anzupassen, nur war meine von Trauer durchsetzt, nicht von Gier. »Ich konnte die Musik nicht verstehen.«
»Musik?«, brüllte der Drachenmeister an meinem Ohr. Mir blieb vor Schreck fast das Herz stehen. »Ist dein Verstand vernebelt?«
»Sie sprechen in Melodien, nicht in Worten!«, schrie ich. »Und in Emotionen. Ich konnte sie nicht verstehen, schon zog sie sich aus mir heraus, und dann war alles weg!«
Der Drachenmeister schwieg, erschüttert von meinem Ausbruch. Nach einer Weile ließ er mich los und stand auf.
»Wir werden diese Erfahrung wiederholen«, knurrte er. »Wir werden sie so lange wiederholen, bis du die Musik begriffen hast und die Worte enthüllen kannst, die darin liegen. Verstanden?«
Ich antwortete nicht. Das war auch nicht nötig.
Wir wussten beide, dass ich mich fügen würde.
10
V ergewissere dich, dass sie atmet«, knurrte der Komikon, als er meine schlaffe Gestalt in Donos Arme legte. »Du kennst die Tücken des Gifts.«
Dono antwortete nicht, oder vielleicht doch? Möglicherweise hörte ich seine Erwiderung auch einfach nicht, weil ich im seidigen Nichts des Drachengiftes schwebte.
Dono trug mich von dem Ausbildungsfeld zurück zu meiner Hängematte.
Ich hatte das Gefühl, zu treiben, irgendwo zwischen Boden und Himmel zu schweben. Die Sterne tanzten wie Glasmurmeln über meinem Kopf, wie von einem unsichtbaren Spieler geworfen. Eine warme Flüssigkeit rann über meine Schenkel, durchdrang die Nacht mit dem lüsternen Aroma meiner weiblichen Säfte und dem Limonenduft des Drachengifts.
»Atme weiter!«, fuhr Dono mich an, als er mich, unendlich viel später, wie es mir vorkam, in die Hängematte herabließ. Seine Stimme schien mir wie eine Kakerlake, die über einen staubigen Felsbrocken krabbelt.
»Warum soll ich atmen?« Meine Stimme klang belegt.
Eine gute Frage, jedenfalls dachte ich das in diesem Moment. Warum, fürwahr, sollte ich weiteratmen? Meine Lungen fühlten sich an, als würden sie gleich in meiner Brust explodieren, zu geschmolzener Lava werden, die sich rasch in porösen Basalt verwandelte; ein Gefühl, das mich keineswegs erschreckte oder mir auch nur inakzeptabel erschien. Ich war sogar davon überzeugt, dass ich die Musik der Drachen verstehen würde, könnte ich nur lange genug den Atem anhalten. Nicht dass ich hätte sterben wollen. Nein. Ich wollte nur den Gesang der Drachen hören.
»Atme!«, wiederholte Dono mürrisch, kaum einen Herzschlag später, einen Moment, der mir wie ein Lebensalter vorkam, da ich jedes Zeitgefühl verloren hatte. Ich tat, was er verlangte. Ich atmete. Sei es aus Gehorsam oder wegen des natürlichen Drangs meines Körpers, jedenfalls atmete ich weiter.
So verstrich die Nacht. Dono hielt die ganze Zeit neben mir Wache, und als mein Bedürfnis, nicht mehr zu atmen, schwächer wurde, trat die Lust an seine Stelle. Ich griff nach Dono; er stieß meine Hände zur Seite und versuchte, mein unanständiges Flüstern zu ignorieren.
Doch kurz vor Tagesanbruch wich seine Entschlossenheit, und er paarte sich mit mir. Irgendwie landeten wir dabei auf dem Stallboden.
Mein Stall war erst kürzlich mit frischem Stroh ausgelegt worden, das bis zur Höhe meines Schienbeins reichte, scharf und süßlich roch, wie die frisch abgeschälte Borke eines jungen Triebes. Das Stroh polsterte meinen Rücken, ermöglichte es mir, mit den Hüften besonders heftig zuzustoßen. Dono klammerte sich an mir fest, biss mir in den Nacken und ergoss sich in mir, während kleine Stücke von Featon-Spreu um unsere Köpfe schwebten, so wie uns in unserer Kindheit der Staub der Porzellanerde überzogen hatte, als wir zu Füßen meiner Mutter herumgekrochen waren, wenn sie am Töpferrad arbeitete.
Durch das Gift in meiner Vulva wurde Donos Lust sehr bald erneut angestachelt, da das Gift auch ihn durchströmte. Er drehte mich auf den Bauch und nahm mich erneut, diesmal von hinten. Dabei flüsterte er den Namen meiner Schwester wie eine Anrufung, beschwor ihre Gegenwart, so dass wir nicht mehr zu zweit auf dem Stallboden zu liegen schienen, sondern sich eine dritte Person zu uns gesellte, ätherisch und dennoch greifbar wie ein unstillbares Verlangen.
»Waivia!«, stöhnte er. »Waivia.«
Das war meine erste Nacht mit einem Mann. Ich fand Donos Vorstellung im Vergleich zur Zunge eines Drachen ein wenig dürftig. Unsere Kopulation provozierte keinen Drachengesang in mir, ebenso wenig
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