Im Bann des Feuers Drachen2
wie das Wispern tiefer, uralter Gedanken. Nach einer Weile bat ich Dono, aufzuhören.
Er kam meiner Bitte nach.
Als ich weinte, umarmte er mich und begann, von unserer Kindheit zu erzählen, von sich. Und von Waivia.
»Sie gehörte mir, weißt du. Wärst du nicht gewesen, wäre ich heute nicht hier, und sie wäre noch am Leben.« Während er sprach, streichelte er zerstreut meinen Rücken. »Als du meine Peitsche gestohlen hast, hast du mir auch Waivia weggenommen, Zarq.«
Ich begriff plötzlich, mit absoluter Klarheit und Gewissheit, dass er mich und auch sich selbst für die Kühnheit verachtete, mit der er damals verlangt hatte, in die Lehre des Drachenmeisters aufgenommen zu werden. Diese Anmaßung hatte den Tempel verärgert, unseren Clan ruiniert und letztlich bewirkt, dass Waivia verkauft wurde, um unsere Armut ein wenig zu lindern.
Ich setzte mich langsam auf und wischte mir die Tränen vom Gesicht.
»Was damals geschehen ist, war nicht meine Schuld«, erwiderte ich ruhig. »Ebenso wenig wie deine. Der Tempel hat die Sa-Gikiro-Regeln nicht befolgt, hat unserem Clan nicht die Entschädigung gegeben, die wir hätten erhalten müssen, weil wir dich an den Drachenmeister verloren hatten.«
Ich zögerte und legte eine Hand auf Donos Knie. »Der Tempel ist schuld daran, dass Waivia für uns verloren ist. Weder du noch ich tragen dafür die Verantwortung. Wir waren nur Kinder.«
Als ich diese Worte aussprach, schien sich etwas Dunkles, Schweres von uns zu heben. Ich sah, wie es emporschwebte. Dono spürte es auch und erschauerte.
Der große, schwarze Schatten stieg in die Luft, breitete so etwas wie Flügel aus. Taumelnd flatterte er über den Hof und schwang sich höher in den Himmel hinauf. Die Sterne schienen durch diese Dunkelheit wie Quarzbrocken am Boden eines verschlammten Flusses. Der Wind, den der Schatten mit seinen Schwingen verursachte, strich durch Donos Haar und liebkoste meine Wangen. Er roch wie der schlammige Boden eines Flusses, wie Verfaultes, wie Moder, der schon lange nicht mehr der Sonne ausgesetzt gewesen war. Es war ein starker, fruchtbarer Geruch, der von Geburt und Tod kündete.
Wir blickten dem Schatten nach, Dono und ich, wenngleich ich vermutete, dass er ihn nicht sehen, sondern nur spüren konnte. Obwohl sein Ärger auf mich und seine Selbstverdammung verschwunden sein mochten, wusste ich dennoch, dass er sich immer noch nach seiner ersten Liebe sehnte. Waivia.
Der Drachenmeister gewährte mir viele Wochen Zeit, die Erfahrung mit seinem Reittier zu verarbeiten und mich von der schwindelnden Wirkung des Giftes zu erholen. Meine Ausbildung litt zunächst unter dieser intimen Begegnung mit der alten Drachenkuh, und ich zitterte mehrere Tage lang am ganzen Körper. Ich stolperte häufig, und mein Gleichgewichtssinn war stark beeinträchtigt, vor allem beim Vebalu-Training. Das Sonnenlicht schmerzte in meinen Augen; ich war dankbar, dass die Regenzeit bevorstand, und freute mich über die Wolken, die den Himmel zunehmend überzogen.
Obwohl meine Kameraden den Grund für meine Beeinträchtigung nicht kannten, vermuteten sie, dass ich unter etwas litt, was der Drachenmeister mir zugefügt hatte. Zum Glück behandelten mich die meisten daraufhin wie ein rohes Ei, das sie nicht zerbrechen wollten. Die wenigen Schüler, die meine Schwäche auszunutzen versuchten, wurden von Eidon verprügelt.
Während Dono mit seinen eigenen, vielschichtigen Emotionen rang, schwankte sein Verhalten mir gegenüber zwischen Besorgtheit und Ärger. Die Leidenschaft, die wir auf dem Stallboden miteinander erlebt hatten, erneuerte nicht nur das Band unserer Kindheit, sondern schuf auch etwas Neues, das Gefühl, das man erlebt, wenn man diesen bedeutsamen, zerbrechlichen Teil von sich selbst mit einem Geliebten geteilt hat. Außerdem hatte Dono, nachdem er sich unter dem Einfluss des Giftes mit mir gepaart hatte, mich – jedenfalls in seinem Kopf – untrennbar mit der Erinnerung an seine erste Liebe verbunden. Bis zu einem gewissen Maß war ich für ihn zu Waivia geworden.
Er fand häufig einen Vorwand, seine Hand auf meinen Rücken, meine Taille oder Schulter zu legen, während er mir zeigte, wie ich etwas reparieren musste, obwohl ich das längst wusste. Wenn er konnte, arbeitete er neben mir, pflegte Drachen, besserte Mauern aus, schrubbte Tröge. Und wenn er sich an einer engen Stelle an mir vorbeidrängte, fühlte ich häufig seine Erektion an meinem Körper.
Aber er konnte dennoch nicht
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