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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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in sei­ner Brust spür­te, rühr­te dies­mal nicht von der ge­bro­che­nen Rip­pe her.
    Dari­an streck­te die Hand Rich­tung Feu­er aus. Die ma­gi­sche Flam­me lös­te sich aus ih­rer Um­ar­mung mit den welt­li­chen Flam­men und sprang in sei­ne Hand. Sei­ne Hand leuch­te­te rot und so hell, dass sie die Um­ris­se sei­ner Fin­ger­kno­chen erah­nen konn­ten. Nach ei­ner Wei­le gab er die Flam­me frei. Sie rück­ten en­ger zu­sam­men und blick­ten auf die Kar­te.
    »Wenn sie noch stimmt, müss­ten wir über­mor­gen Dan­tar er­rei­chen«, stell­te Dari­an fest. »Der Fluss führt uns di­rekt hin. Von der Mee­res­mün­dung aus müss­te die Stadt be­reits in Sicht­wei­te sein.«
    Ra­vin be­trach­te­te das Ge­wirr von ro­ten Li­ni­en, die wie ein ver­schlun­ge­ner Kno­ten aus­sa­hen.
    »Dan­tar hat die Form ei­nes Dop­pel­krei­ses«, stell­te er fest. »Ein Teil liegt an der Küs­te und der an­de­re Teil ragt ins Lan­des­in­ne­re.«
    Die Li­ni­en be­gan­nen zu ver­blas­sen.
    »Ich weiß nicht, ob mich noch je­mand auf das Was­ser bringt«, sag­te Mel Amie und sto­cher­te mit ei­nem Zweig in der Glut.
    Ami­na schwieg. Spä­ter, als das Feu­er schon lan­ge her­un­ter­ge­brannt war, er­wach­te Ra­vin aus ei­nem un­ru­hi­gen Schlaf und ent­deck­te Ami­na. Sie stand bei ih­rem Ban­ty und fuhr ihm ge­dan­ken­ver­lo­ren durch das Stirn­haar. Ra­vin trat zu ihr. Sie hör­te sei­nen Schritt, dreh­te sich zu ihm um und lä­chel­te ihm zu.
    »Komm zur Glut«, sag­te er. »Es ist kühl ge­wor­den.«
    Ge­mein­sam be­trach­te­ten sie die schla­fen­den Ge­sich­ter ih­rer Freun­de, Ladros zu­sam­men­ge­zo­ge­ne Au­gen­brau­en und Mel Amies Ge­sicht mit der tie­fen Zor­nes­fal­te. So­gar im Schlaf sah sie kampf­be­reit und mür­risch aus.
    »Kennst du Dan­tar?«, frag­te Ra­vin nach ei­ner Wei­le.
    »Nur aus Ge­schich­ten«, ant­wor­te­te Ami­na. »Bei uns sagt man, wenn der Berg ein Mann wä­re, dann wä­re die Stadt Dan­tar sei­ne tan­zen­de, la­chen­de, un­treue Ge­lieb­te, die er einst lieb­te und die er nun hasst, weil sie je­den Tag einen an­de­ren küsst. Und den­noch kann er nicht von ihr las­sen und ist ver­stei­nert vor Gram und Sehn­sucht. Mei­ne Mut­ter er­zähl­te mir, dass sie als klei­nes Mäd­chen ein­mal in Dan­tar ge­we­sen ist. Sie be­schrieb mir weiß be­mal­te Häu­ser, aus de­ren Fens­tern an Fest­ta­gen lan­ge rot und weiß be­stick­te Tü­cher hän­gen. Je­de Fa­mi­lie hat ih­re ei­ge­nen Sym­bo­le und Web­mus­ter. Zu ei­nem Be­gräb­nis hän­gen die Men­schen wei­ße Tü­cher auf, zur Ge­burt sind die Tü­cher durch und durch rot ge­webt. Das Meer sieht die Far­ben und weiß, wel­che See­len es über die lich­te Gren­ze spü­len darf und wel­che nicht.«
    Ra­vin lä­chel­te.
    »Das ist ei­ne schö­ne Ge­schich­te.«
    Ami­nas Au­gen fun­kel­ten im Schein der Glut.
    »Nicht halb so schön wie die, wie es da­zu kam, die Tü­cher zu ver­wen­den.«
    Sie zog die Ar­me en­ger an den Kör­per. Ih­re Au­gen leuch­te­ten.
    »Vor mehr als tau­send Jah­ren leb­te ein Fi­scher am Mee­res­ufer, in der Bucht, wo heu­te die Stadt steht. Er hieß Dan­tar und leb­te al­lei­ne, denn er war mür­risch und lieb­te nur das Meer. Weit und breit galt er als der bes­te Wal­jä­ger. Ei­nes Ta­ges ru­der­te er auf sei­ner Jagd viel wei­ter hin­aus als je zu­vor. Plötz­lich tauch­te vor ihm der schöns­te Wal auf, den er je ge­se­hen hat­te. Doch je­des Mal wenn er die Mee­res­ober­flä­che durch­brach und Dan­tar sei­nen Speer zück­te, schob sich ei­ne Wöl­ke vor den Mond, und als es wie­der hell wur­de, war der Wal ver­schwun­den. Ge­gen Mor­gen tauch­te er ganz ab. Dan­tar muss­te auf­ge­ben und den lan­gen Weg zu­rück­ru­dern. Wü­tend und durs­tig kam er zum Strand und fand in der Nä­he sei­ner Hüt­te ei­ne Frau, die in der Bucht schwamm. Dan­tar woll­te sie ver­trei­ben, doch sie lach­te nur und kam am nächs­ten Tag wie­der. Schließ­lich ge­wöhn­te sich der mür­ri­sche Dan­tar an sie und gab den Wal­fang auf. Er fisch­te nur noch Fi­sche, die er in der Bucht ein­ho­len konn­te, und leb­te mit der Frau zu­sam­men. Mit der Zeit ge­fiel sie ihm im­mer bes­ser, er lern­te zu spre­chen

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