Im Bann des Fluchträgers
Worte nach. »Ich brauche nichts mehr vom Floß, geh du nur allein ans Ufer, großer Skiggabändiger.«
Darian errötete und sah ihr nach, wie sie wütend zu dem verstörten Horjun-Pferd humpelte.
Vorsichtig, immer mit dem Blick auf das Wasser, suchten sie, was die Wellen freigegeben hatten. Ravin fand ein größeres Stück Floß und löste die Riemen. Außerdem fiel ihm ein Stück Holz in die Hände. Ein elfenbeinfarbener, scharfer Dorn steckte darin. Vorsichtig zog er ihn heraus. Er war so lang wie seine Hand. Schweigend betrachtete er ihn, bevor er ihn einsteckte. Sie bargen ein durchnässtes Bündel mit drei Mänteln und mehrere zerrissene Kleidungsstücke. Waffen und Vorräte, Sättel und Schuhe waren versunken. Wahrscheinlich sinken sie immer noch, dachte Ravin. Und vielleicht kommen sie nie auf dem Grund an. An einigen Stellen waren die Felsen rot. Dort fanden sie blutige Fellstücke und einen Pferdehuf, an dem noch Knochen und Fell hingen. Amina wusste, warum sie ihm keinen Namen geben wollte, dachte Ravin.
Ladros Spiegelbild wanderte mit ihnen von einem Trümmerstück zum anderen, bis es nach und nach verblasste. Zuerst schimmerten nur die hellsten Steine am gegenüberliegenden Ufer durch seine Brust, schließlich konnte man auch das Buschwerk erkennen. Nach einer Weile wandelte nur noch Ladros Gespenst über den Kies – bis es sich auflöste und ganz verschwand. Ladro atmete auf.
Sie hielten sich so weit weg wie möglich von dem Rinnsal, das vor kurzem noch ein breiter Fluss gewesen war. Mel Amie führte das Horjun-Pferd am langen Zügel und beruhigte es, wenn es beim kleinsten Geräusch zusammenzuckte. Ravin besaß noch seinen Schleuderriemen, sein Messer und die Phiole, Mel Amie hatte ihr Kurzschwert gerettet und Ladro den Beutel mit Skildis. Die Mäntel hatten sie zerschnitten und aufgeteilt und liefen barfuß über den spitzen Kies.
Ravin tat jeder Knochen weh. Bei jeder schnellen Bewegung fuhr ihm ein stechender Schmerz durch den Brustkorb, dort wo er sich vermutlich eine oder mehrere Rippen gebrochen hatte. An Armen und Beinen fühlte er den brennenden Schmerz mehrerer Schürfwunden.
Gegen Abend rasteten sie und ließen die Pferde ausruhen. Der Fluss war an dieser Stelle seicht und hell, auch hier gab es die gelben Fische. Ravin gelang es, aus Buschholz einen provisorischen Speer zu schnitzen und einige besonders träge Exemplare zu erbeuten. Als die Sonne hinter den Bergen versunken war, machten sie mit Hilfe von Darians Flamme ein Feuer und legten die glänzenden Fischleiber in die Glut.
Aminas Banty und das Horjun-Pferd hielten sich nah bei ihnen, die Feuerschatten flackerten über ihr Fell und die zerrauften Mähnen. Amina streichelte ihr Banty und beruhigte es. Das ist das Einzige, was ihr von ihrem Wald geblieben ist, schoss es Ravin durch den Kopf. Ihr das Banty und Darian und mir die Regenbogenpferde. Und wer weiß, ob es nicht das Einzige bleiben wird.
Schweigend aßen sie das ungewürzte, dampfende Fischfleisch und blickten in das Feuer. Aminas Gesicht war ausdruckslos, das Licht spielte mit ihrer gezackten Narbe und erweckte den Eindruck, als würde Blut fließen. Ihr Blick war so abwesend, dass sie ebenso gut bewusstlos hätte sein können. Vielleicht schwebt ihr Geist noch immer über dem Wasser von Skiggas See und nur ihr Körper ist an Land zurückgekehrt, dachte Ravin und schauderte. Ladros schwarzes Haar war von der Sonne gebleicht und hatte einen rötlichen Schimmer angenommen, doch Aminas Haar war schwarz wie immer. Ravin schien es sogar, als wäre es noch dichter und dunkler geworden. Etwas lag auf ihrer Seele, das sie nur mit Ladro besprach, wenn sie hinter der Gruppe zurückblieben. Ravin erinnerte sich an Skaardjas Worte, und der Stich, den er
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