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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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er­kann­te, dass sie sich vor der Ge­stalt fürch­te­ten. Doch in das Ge­fühl der Er­leich­te­rung misch­te sich so­fort der bit­te­re Ge­schmack der ei­ge­nen Nie­der­la­ge.
    »Jo­lon, ich ha­be ver­sagt. Die Quel­le kann dir nicht hel­fen«, flüs­ter­te er. »Wir sind aus­ge­lie­fert und Tjärg in Ge­fahr!«
    Jo­lon schloss die Au­gen. Die Ge­stalt trat vor ihn und brei­te­te den Um­hang über ihn. Es ist der Tod, dach­te Ra­vin ver­zwei­felt. Aber warum ist er dun­kel? Ich bin schuld, dass mei­nen Bru­der ein dunk­ler Tod er­war­tet!
    »Na«, sag­te Lai­os. »Nicht ver­zwei­feln. Das ist nur ein Traum.«
    Das Ge­sicht des Zau­be­rers strahl­te im röt­li­chen Schim­mer des Feu­ers.
    »Warum kann ich dich hö­ren?«, frag­te Ra­vin. »Bist du hier?«
    »Un­sinn.« Lai­os lach­te. »Glaubst du, ich ler­ne auf mei­ne al­ten Ta­ge zu flie­gen wie ein Vo­gel?« Doch so­fort wur­de sein Ge­sicht wie­der ernst. »Ich ha­be dich lan­ge ge­sucht, Ra­vin. Du weißt viel bes­ser als ich, dass dir nicht mehr viel Zeit bleibt, um zu Gis­lans Burg zu kom­men. Ich weiß nicht, ob ich in Zu­kunft zu dir spre­chen kann. Nur so viel: Ihr seid auf dem rich­ti­gen Weg. Ver­lasst euch auf die Re­gen­bo­gen­pfer­de. Sor­ge dich nicht um ver­lo­re­ne Le­ben und hü­te dich vor den Hall­ge­spens­tern. Hast du mich ver­stan­den?«
    »Ja«, sag­te Ra­vin. »Doch was ist mit Jo­lon? Die Quel­le …«
    Lai­os prü­fen­der Blick ver­harr­te kurz auf Ra­vins Mund, dann sah er Ra­vin wie­der in die Au­gen und schüt­tel­te den Kopf. »Du hast ge­hört, was ich über ver­lo­re­nes Le­ben ge­sagt ha­be.«
    »Jo­lons Le­ben ist nicht ver­lo­ren! Ich muss einen Weg fin­den …!«
    Lai­os run­zel­te un­wil­lig die Stirn.
    »Ja, Sohn. Ich weiß. Aber jetzt geht es um Tjärg. Dort wo du bist, wirst du die Quel­le nicht fin­den. Nur ei­nes wirst du fin­den, wenn du dick­köp­fig bist: Un­heil und Tod. Be­den­ke: Wenn Jo­lon stirbt, weil der Tod schnel­ler rei­tet als du, dann nützt ihm auch Skaard­jas Quel­le nichts mehr. Ent­schei­de dich!« Und Lai­os streck­te sei­ne Hand aus und leg­te sie über Ra­vins Au­gen. Die Fin­ger fühl­ten sich an wie har­te Äs­te. Ei­ner da­von ritz­te sei­ne Wan­ge. Ein mond­för­mi­ges Mal brann­te sich in Ra­vins Wan­ge, dann ebb­te der Schmerz ab und Ru­he brei­te­te sich in ihm aus. Be­nom­men blick­te er an sich hin­un­ter und er­kann­te, dass er die gan­ze Zeit schon ein frem­des, wei­ßes Ge­wand trug. Aus der Wun­de auf sei­ner Wan­ge tropf­te Blut. Ran­ken­för­mi­ge Strö­me tränk­ten den Stoff, wur­den brei­ter, saug­ten sich in die Fa­sern, bis das Ge­wand über und über rot war. Lai­os wur­de durch­sich­tig, bis nur noch sei­ne ver­klin­gen­de Stim­me über das Gras ge­weht wur­de. Von weit her hör­te er die Stim­me: »Küs­se kei­ne Feu­ernym­phen mehr, hörst du? Brand­nar­ben im Ge­sicht mö­gen hel­den­haft aus­se­hen, aber schön sind sie nicht.«
     
    Noch be­vor ihm be­wusst wur­de, dass der Traum vor­bei war, spür­te Ra­vin, wie ein Luft­zug sein trä­nen­feuch­tes Ge­sicht kühl­te. Va­ju schnaub­te ihm in die Hals­beu­ge. Oh­ne die Au­gen zu öff­nen hob er den Arm und ver­hak­te sei­ne Fin­ger in der was­ser­wei­chen Mäh­ne. Lai­os wuss­te al­so, dass sie auf dem Weg zur Burg wa­ren. Dann wuss­te er auch, dass Tjärg in Ge­fahr war. Und Jo­lon? Wenn die Ge­stalt nicht der dunkle Tod war, was war sie dann?
    Vor­sich­tig öff­ne­te er die Au­gen und sah, dass der Mor­gen däm­mer­te. Un­weit von ihm saß Mel Amie und rühr­te in ei­ner fla­chen Mul­de Schlamm an, mit dem sie Don­do be­reits fast ganz ein­ge­rie­ben hat­te. Er sah fle­ckig aus und äh­nel­te tat­säch­lich we­ni­ger denn je ei­nem Re­gen­bo­gen­pferd. Auch die präch­ti­ge Mäh­ne hat­te Mel Amie un­barm­her­zig ge­kürzt. Nach ei­nem län­ge­ren Ge­spräch hat­ten sie am gest­ri­gen Abend be­schlos­sen, dass sie und Ladro die zwei Ta­ge bis zur Ab­fahrt bei den ge­tarn­ten Pfer­den blei­ben wür­den.
    »Je spä­ter ich Schif­fe se­he, de­sto bes­ser für mich«, wa­ren Mel Amies Wor­te. Ami­na und Dari­an da­ge­gen lausch­ten Ra­vins Be­richt atem­los. Und Dari­an lach­te und klopf­te Ra­vin

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