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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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stäm­mi­ger Mann auf ei­nem rie­si­gen brau­nen Pferd mit ei­mer­großen Hu­fen. Er hielt zwei Po­nys mit viel Ge­päck auf dem Rücken am Zü­gel. Um die Schul­tern trug er einen lan­gen Um­hang aus lo­cki­gem Sil­ber­schaf­fell. Sein lan­ger Bart war schwarz wie sei­ne Au­gen, doch trotz sei­nes ver­schlos­se­nen Ge­sichts­aus­drucks moch­te Ra­vin ihn auf An­hieb.
    »Ihr habt Glück«, sag­te Lai­os statt ei­ner Be­grü­ßung. »Der Sturm ist vor­bei. Das ist un­ser Stall- und Ross­meis­ter Iril.« Iril nick­te und schwieg. »Er hat ei­ni­ge Tjärg­pfer­de in der Nä­he der Burg ge­se­hen. Zwei da­von wer­det ihr euch für die Rei­se aus­su­chen.«
    »Dan­ke«, sag­te Ra­vin.
    »Be­dan­ke dich bei der Kö­ni­gin, wenn du von der Rei­se zu­rück­kehrst. Sie hält große Stücke auf Jo­lon und dich.«
    Lai­os lä­chel­te ver­schmitzt.
    »Sie wird euch auf eu­rer Rei­se be­glei­ten, auf ih­re Wei­se. Glück auf dei­nem Weg!«
    Oh­ne auf Ra­vins Ant­wort zu war­ten wand­te er sich an Dari­an.
    »Zei­ge, dass du mein bes­ter Schü­ler bist. Glück auf dei­nem Weg!«
    Dari­an senk­te den Kopf und wur­de rot.
    Sie wa­ren schon bei­na­he am Wald­rand an­ge­langt; als Ra­vin sich um­blick­te war Gis­lans Burg über und über in das Mor­gen­licht ge­taucht. Un­ter den Strah­len der Son­ne wa­ren die Mau­ern der Burg zum Le­ben er­wacht und schil­ler­ten wie Perl­mutt in al­len Far­ben des Re­gen­bo­gens. Im nas­sen Gras brach sich das Licht in Tau­trop­fen, die aus­sa­hen, als lä­gen über­all win­zi­ge Mond­stei­ne ver­streut. Was Ra­vin eben­falls im­mer wie­der vor sich se­hen soll­te, war die ge­beug­te Ge­stalt von Lai­os, der ne­ben den Wäch­tern stand und ih­nen nach­blick­te.
     
    Er­leich­tert at­me­te Ra­vin die Wald­luft ein und freu­te sich auf die Nacht un­ter frei­em Him­mel, die vor ih­nen lag. Ge­gen Mit­tag wur­de der Weg stei­ler, die Bäu­me lich­te­ten sich und ga­ben den Blick frei auf Berg­wie­sen, die sich wie grü­ne Mat­ten an den Fuß der Süd­ber­ge schmieg­ten.
    »Es ist nicht mehr weit«, sag­te Iril. Es wa­ren die ers­ten Wor­te, die er über­haupt sprach. Ra­vin trieb sein Po­ny an und hol­te den Stall- und Ross­meis­ter ein. Um ihm von sei­nem Po­ny aus ins Ge­sicht se­hen zu kön­nen, muss­te er den Kopf in den Nacken le­gen.
    »Bist du häu­fig bei den Her­den?«
    Iril schau­te noch düs­te­rer und zuck­te die Schul­tern.
    »Frü­her schon, jetzt nicht mehr.«
    »Warum nicht?«
    »Die Her­den zie­hen sich zu­rück.«
    »Hast du schon ein­mal ein Tjärg­pferd ge­rit­ten?«
    »Na­tür­lich.«
    »Und?«
    Iril zuck­te wie­der die Schul­tern.
    »Du wirst es se­hen.«
    »Was ist, wenn die Her­de nicht mehr am See ist?«
    »Sie ist dort.«
    Ra­vin gab das Fra­gen auf und späh­te statt­des­sen über die Wie­sen. Er er­in­ner­te sich dar­an, was sie im Wald von den Tjärg­pfer­den er­zähl­ten. Weiß wa­ren sie und schnell und wen­dig wie Pfeil­fi­sche. Sie lie­ßen sich nicht zäh­men. Wenn sie einen Rei­ter tru­gen, dann nur weil sie ihn dul­de­ten.
    End­lich kam ein klei­nes Tal in Sicht. Ein win­zi­ger See lag dar­in wie ein im Gras ver­ges­se­ner Spie­gel. Dari­an zü­gel­te sein Po­ny. Be­däch­tig stieg Iril ab, nahm ei­ne Le­der­ta­sche vom Sat­tel und zog dar­aus ein Mu­schel­horn her­vor.
    Es blitz­te in der Son­ne auf, als Iril es an die Lip­pen setz­te. Ein schnar­ren­der Ton er­klang, schwoll an, vi­brier­te über die Wie­sen und brach sich als Echo an den Tal­wän­den. Ra­vin spür­te den dunklen Klang tief in sei­nem Bauch. Ein, zwei Au­gen­bli­cke war es still, dann ant­wor­te­te wie ein ver­spä­te­tes Echo ein Wie­hern dem Ruf der Mu­schel.
    Iril lä­chel­te.
    »Warum fol­gen sie dem Mu­schel­ton?«, frag­te Ra­vin. Iril strich über die Mu­schel und wieg­te den Kopf.
    »Es heißt, dass die Re­gen­bo­gen­pfer­de aus dem Meer stam­men. Ur­sprüng­lich wa­ren sie Wel­len mit Mäh­nen aus Schaum. Ei­nes Ta­ges kam Ani­la, die Salz­prin­zes­sin, zum Meer. Der Wäch­ter der lich­ten Gren­ze sah sie und ver­lieb­te sich in sie. Doch als er sie in sei­nem Wa­gen über den Him­mel ent­füh­ren woll­te, ge­lang es ihr, die Fes­seln zu lö­sen. Sie sprang ins Meer, das

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