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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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mit ei­nem Mal sal­zig wur­de. Im Was­ser sank sie hin­ab und be­gann zu er­trin­ken. Die Wel­len hat­ten Mit­leid mit ihr und tru­gen sie auf ih­ren Schaum­mäh­nen ans Ufer. Zum Dank nahm Ani­la sie mit aufs Fest­land. Dort ver­wan­del­ten sie sich in Re­gen­bo­gen­pfer­de. Doch bis heu­te kön­nen sie dem Ruf des Mee­res nicht wi­der­ste­hen.«
    Ra­vin hat­te er­staunt zu­ge­hört. In An­be­tracht von Irils Schweig­sam­keit war dies si­cher die längs­te An­spra­che, die sie je­mals von ihm hö­ren wür­den.
    »Da sind sie!«, rief Dari­an und deu­te­te zum Wald­rand.
    Zu­nächst sah es aus wie ein hel­ler Ne­bel­streif, doch es wur­de rasch grö­ßer, Huf­schlä­ge er­klan­gen wie fer­nes Don­nern der Bran­dung. Die Son­ne kam hin­ter den Wöl­ken her­vor. Ra­vin muss­te die Au­gen schlie­ßen, so hell glänz­ten die Pfer­de­lei­ber, so vie­le wa­ren es, dass er sie nicht aus­ein­an­der hal­ten konn­te. Die Her­de trab­te auf sie zu, die lan­gen Hälse in die Luft ge­r­eckt. Ra­vin hielt un­will­kür­lich den Atem an, er­staunt von so viel An­mut. Hin­ge­ris­sen be­trach­te­te er die fei­nen Köp­fe, die fe­dern­den Sprün­ge und das ge­schmei­di­ge Spiel der lan­gen Bei­ne. Als sie nä­her her­an­ge­trabt wa­ren, er­kann­te er zu sei­nem Er­stau­nen, dass die Pfer­de ge­spal­te­ne, hell­graue Hu­fe hat­ten wie Zie­gen. Schließ­lich wur­den sie lang­sa­mer und blie­ben mit ge­spitz­ten Oh­ren ste­hen. Ei­ni­ge ho­ben die dun­kel­grau­en Nüs­tern in den Wind und tän­zel­ten auf der Stel­le. Ra­vin er­kann­te nun, warum sie Re­gen­bo­gen­pfer­de hie­ßen: Ih­re Mäh­nen und Schwei­fe wa­ren un­ge­wöhn­lich lang. In der Son­ne schim­mer­ten sie wie das Mu­schel­horn in al­len Re­fle­xen des Re­gen­bo­gens. Pfer­de aus Perl­mutt, dach­te Ra­vin. Iril lä­chel­te stolz und stütz­te sich auf sei­nen Sat­tel­knauf.
    »Geht und sucht. Aber denkt dar­an: Wenn ei­nes euch nicht tra­gen will, müsst ihr ein an­de­res fra­gen.«
    Hun­der­te von dunklen Au­gen sa­hen auf­merk­sam zu, wie Ra­vin und Dari­an von den Po­ny­rücken glit­ten. Wei­che, be­haar­te Oh­ren zuck­ten. Ein Wind­stoß trug den Hauch ei­ner Mee­res­bri­se durch das Tal. Ra­vin ging ei­ni­ge Schrit­te auf das Meer von ge­schmei­di­gen Lei­bern zu und sie teil­ten sich wie ei­ne ein­zi­ge schäu­men­de Wo­ge um hin­ter ihm wie­der zu­sam­men­zu­flie­ßen. Auf den ers­ten Blick gli­chen sie sich aufs Haar. Neu­gie­rig be­ob­ach­te­ten sie ihn, wi­chen einen Schritt zu­rück, schüt­tel­ten die Köp­fe, dass die Mäh­nen durch die Luft wir­bel­ten, und leg­ten die Oh­ren an. Ra­vin war rat­los und warf Iril einen Hil­fe su­chen­den Blick zu. Iril sprang vom Pferd und trat zu Ra­vin. Vor ihm wi­chen die Pfer­de nicht zu­rück, son­dern lie­ßen es sich so­gar ge­fal­len, dass er ih­nen mit sei­ner rie­si­gen Hand die Stirn kraul­te. Schließ­lich fass­te er ein großes, schlan­kes Pferd an der Mäh­ne und führ­te es zu Ra­vin.
    »Kel­pie. Der Schnells­te der Her­de.«
    Ra­vin trat lang­sam nä­her. Das Pferd scheu­te und biss Iril in den Arm. Iril ließ ihn los, der Hengst bock­te und tauch­te wie­der in der Her­de un­ter. Der Stall- und Ross­meis­ter rieb sich den Arm. Er schi­en nicht im Min­des­ten so be­stürzt zu sein wie Ra­vin. Beim Blick in sein Ge­sicht brach er so­gar in La­chen aus.
    »Kei­ne Sor­ge«, be­ru­hig­te er ihn. »Wir brau­chen Ge­duld.«
    Schon war er wie­der zwi­schen den glän­zen­den Lei­bern ver­schwun­den. Er kam mal mit großen, mal mit zier­li­che­ren Pfer­den zu­rück, sie hie­ßen Man­dil, Cal­la, Dir oder Isem, doch al­le bock­ten sie so­fort oder dann, wenn Ra­vin sich ih­nen nä­her­te. Ra­vin sank der Mut. Dari­an war ihm kei­ne große Hil­fe, er war in der Her­de un­ter­ge­taucht und such­te auf ei­ge­ne Faust.
    Schließ­lich tauch­te Iril wie­der auf, ein zier­li­ches Pferd hin­ter sich her­zie­hend, das ihm of­fen­bar nur wi­der­wil­lig folg­te. Auf den ers­ten Blick hät­te man es für ein Po­ny hal­ten kön­nen. Es hat­te einen schö­nen Kopf mit brei­ter Stirn, ei­ne schma­le Na­se und einen bieg­sa­men Hals, ähn­lich ei­nem See­pferd­chen, das

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