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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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die Flos­sen auf einen Hau­fen, schnit­ten die Sta­cheln aus dem Rücken und leg­ten sie in einen Korb. Dann schlitz­ten sie den Fisch in zwei Hälf­ten und zer­teil­ten ihn. Dun­kel­ro­tes Fleisch leuch­te­te in der Mor­gen­son­ne.
    Ra­vin stell­te sich vor, dass Su­mal sonst die­se Ar­beit mach­te. Er frag­te sich, ob sie die­se Ar­beit hass­te oder lieb­te.
    Ver­stoh­len warf er einen Blick auf Ami­na. Still und mit erns­tem Ge­sicht saß sie ne­ben ihm.
    Die Mor­gen­son­ne leg­te einen röt­li­chen Schein über ih­re lin­ke Wan­ge. An ei­nem an­de­ren Mor­gen hät­te Ra­vin über die­ses Bild ge­lä­chelt, denn sie sah aus, als wür­de sie nur auf ei­ner Sei­te er­rö­ten.
    »Ich ha­be dich beim Fi­scher­fest be­ob­ach­tet«, sag­te sie.
    Ra­vin schwieg und fühl­te, wie er rot wur­de. Ih­re Stim­me klang trau­rig.
    »Du sahst glück­lich aus. Ich wuss­te nicht, dass es einen glück­li­chen Ra­vin gibt. Man lernt je­man­den ken­nen und denkt, er ist so, wie man ihn sieht. Und ver­gisst, dass je­der Mensch tau­send Men­schen sein kann.«
    Die Ver­traut­heit zwi­schen ih­nen war un­ge­wohnt. Noch er­in­ner­te er sich zu gut an die an­de­re Ami­na, de­ren See­le von dunklen Schat­ten durch­zo­gen war.
    »Du hast Recht, für einen Mo­ment ha­be ich ges­tern al­les an­de­re ver­ges­sen. Au­ßer­dem ha­be ich in der ver­gan­ge­nen Nacht end­lich Jo­lon ge­se­hen. Und Lai­os.«
    Ihr Blick wur­de freund­li­cher. Mit Er­leich­te­rung sah er, dass sie lä­chel­te.
    »Des­halb siehst du so fröh­lich aus.«
    Ein Fun­ken Spott blitz­te in ih­ren Au­gen auf.
    »Und ich dach­te schon, du hät­test dich in die­se wun­der­sa­me Ka­pi­tä­nin ver­liebt!«
    »In Su­mal?« Ra­vin lach­te. »Ein Wald­mensch und ei­ne Ka­pi­tä­nin. Wir wä­ren ein wun­der­ba­res Paar!«
    Die meis­ten Fi­scher hat­ten ih­ren Fang zer­teilt, große Fleisch­stücke auf Sei­le ge­zo­gen und tru­gen sie nun auf den Rücken ge­wor­fen wie rie­si­ge nas­se Beu­tel zum Fisch­markt. Dan­ta­ria­ner er­schie­nen und gin­gen eben­falls dort­hin. Fens­ter­lä­den knarr­ten, Tü­ren klapp­ten.
    »Ami­na?«
    »Ja?«
    Sie war blass und sah so ver­letz­lich aus, als wür­de sie einen Schlag ins Ge­sicht er­war­ten.
    »Als ich dich beim Tanz be­ob­ach­tet ha­be, sah ich, dass ich nicht der Ein­zi­ge war, der sein Un­glück ver­ges­sen konn­te.«
    Die Trost­lo­sig­keit in ih­rem Blick, die Qual wa­ren so deut­lich, dass er sich auf die Lip­pe biss und sich schalt über­haupt et­was ge­sagt zu ha­ben. Doch sie riss sich zu­sam­men und ant­wor­te­te.
    »Ich ha­be bei­na­he ver­ges­sen, wie das ist, Tan­zen! Und das ist das Schreck­li­che dar­an: der Ge­dan­ke, dass ich hier das letz­te Mal ge­tanzt ha­be, dass wir al­le hier viel­leicht zum letz­ten Mal glück­lich wa­ren«, sag­te sie. Ih­re Stim­me klang er­stickt, mit ei­ner fah­ri­gen Be­we­gung wisch­te sie sich über die Au­gen. Es gab Ra­vin einen Stich, als er sah, dass sie wein­te.
    »Er­in­nerst du dich an das, was du mir vor Skaard­jas Höh­le ge­sagt hast? Dass wir nie­mals un­se­re Brü­der auf­ge­ben dür­fen?«
    Sie schüt­tel­te trot­zig den Kopf.
    »Ich ha­be Angst, Ra­vin! Ich spü­re, wie der Blut­mond auf mei­nen Hän­den brennt. Je­de Nacht träu­me ich … Ich kann dir nicht sa­gen, was ich träu­me.«
    Er schwieg. Sie hat­te Recht. Sie wür­de sich ver­wan­deln, bald wür­de die dunkle Sei­te des Mon­des für im­mer von ih­rer See­le Be­sitz er­grei­fen. Be­hut­sam leg­te er den Arm um ih­re Schul­ter. Sie sah ihn über­rascht an, dann senk­te sie den Kopf. Ra­vin spür­te, wie sie zit­ter­te. Er kam sich fehl am Platz vor. Ver­mut­lich hät­te sie lie­ber Ladro hier. Er be­trach­te­te ihr schwar­zes Haar und er­kann­te mit ei­nem Mal, was ihn an ih­rem An­blick so ver­wirrt hat­te. Das Son­nen­licht, das dar­auf fiel, warf kei­ne Re­fle­xe zu­rück. Es war ein Schwarz, das je­des Licht ver­schluck­te. Ra­vin schau­der­te und wünsch­te sich nichts sehn­li­cher, als Skaard­ja um Rat fra­gen zu kön­nen.
     
    M
    el Amie hat­te sich mit dem Hor­jun-Pferd große Mü­he ge­ge­ben. Auf ei­nem der Hö­fe hat­te sie Snai­gal­le er­stan­den und da­mit die Mäh­ne

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