Im Bann des Fluchträgers
und das Fell an den Beinen gebleicht. Auch Mel Amies Hände waren dadurch hell geworden und bildeten einen beunruhigenden Kontrast zu ihren sonnengebräunten Schultern und Wangen. Außerdem hatte sie die Mähne des Pferdes so kurz geschnitten, dass sie in zerrauften Strähnen abstand. Die Narben an Schulter, Flanke und Kruppe verstärkten den armseligen Eindruck noch. Die Regenbogenpferde leuchteten dank der Flussschlammbehandlung immer noch in einem stumpfen Grau. Ihr Mähnenhaar war so geflochten, dass es in kurzen Zöpfen abstand und nichts mehr an die prächtigen Mähnen erinnerte, die in der Stadt sicher die Blicke auf sich gezogen hätten. Das Banty hatte bereits die bräunliche Färbung der ausgetrockneten Erde angenommen.
In der Stadt räumten Menschen die Überreste des gestrigen Festes auf, fegten die Straßen und holten die Festfahnen von den Häuserwänden. Dennoch machte Dantar auf Mel Amie großen Eindruck, das erkannte Ravin an der Art, wie sie die Menschen musterte, die durch die Straßen gingen, und wie sie die rotweißen Tücher bewunderte. Ravin lächelte in sich hinein und dachte daran, dass er noch vor wenigen Stunden wohl genauso ausgesehen hatte, als die Wunder der riesigen Stadt über ihn hereingebrochen waren. Er genoss es, die Stadt zu Pferd zu durchqueren. Von oben sah das Menschengetümmel noch dichter und verwirrender aus, doch inzwischen kannten sie die Hauptstraßen so gut, dass sie sich mehr auf das Treiben in den Straßen konzentrieren konnten als darauf, den Weg zu finden. Das Banty war so verängstigt, dass Ladro es am kurzen Zügel führte.
Trotz ihrer Tarnung waren die Regenbogenpferde ein ungewohnter Anblick. Überhaupt schienen die Bewohner selten so viele Pferde auf einmal zu Gesicht zu bekommen, jedenfalls bemerkte Ravin mehr als einmal, wie die Menschen sich nach ihnen umdrehten. Unruhig begann er nach Horjun Ausschau zu halten, doch sie hatten Glück. Keiner der schwarz gekleideten Krieger zeigte sich in der Menge. Über den niedrigen Häusern am großen Hafen ragten die Masten von Diolens Flotte auf. Ravin war froh, als sie endlich von der belebten Hauptstraße abweichen konnten und zu den Lagerhallen abbogen.
Das Lager war ein flacher Steinbau, der die Ware, die im Inneren aufbewahrt wurde, vor Feuchtigkeit und Hitze schützen sollte. Sie stiegen ab und führten die Pferde zum vordersten Eingang. Darian verhandelte mit dem Lagerverwalter und überreichte ihm ein Säckchen mit Dantaren. Der Mann schüttete das Geld auf dem Boden aus, prüfte und zählte, bis er endlich nickte und die Münzen in seinem Gürtel verstaute.
Sie luden die Säcke mit Nahrungsmitteln auf die Pferde. Das Banty beluden sie mit riesigen, leichten Säcken voll gepresstem Heu, bis es unter der Last beinahe verschwand.
Uja war nicht begeistert, als sie mit den schwer beladenen Pferden bei ihr eintrafen. Erst nachdem Darian ihr zwei weitere Dantare in die Hand gedrückt hatte, zwang sie sich zu etwas, das ein Lächeln sein mochte, und zeigte ihnen, wo sie die Pferde bis zum Abend unterstellen konnten. Der Hinterhof war zugig und schmutzig, aber dafür groß genug.
»Willst du dir nicht die Stadt ansehen?«, fragte Darian.
»Nein, danke«, sagte Mel Amie. »Je weniger ich vom Wasser sehe, desto lieber ist es mir. Ich will zumindest noch bis zum Abend vergessen, dass ich morgen vielleicht schon auf dem Meeresgrund den brennenden Fischen gute Nacht sage.«
Als die Dunkelheit über den Hof gekrochen war, führten sie die Pferde durch den engen Durchgang auf die Straße hinaus. In Ravins Ohren hallten die Hufschläge so laut, dass er befürchtete, das ganze Viertel würde aufwachen. Die Fensterläden von Skiggas Ruh waren
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