Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
je­dem Au­gen­blick da­von­ga­lop­pie­ren oder ihn über­ren­nen konn­te. Selbst wenn sie sich un­ter­hiel­ten oder ruh­ten, wa­ren sie stets auf der Hut. Die­se Wach­sam­keit, die Strö­mun­gen, Stru­del, der Wel­len­gang schie­nen ih­nen im Blut zu lie­gen. Das Meer war Stra­ße, Vor­rats­kam­mer, Freund – und Feind.
    Auch Su­mal Ba­ji hat­te sich ver­än­dert. So wie sie nun ne­ben dem Steu­er­mann stand und sich mit ihm in flie­ßen­dem Küs­ten­dia­lekt un­ter­hielt, Be­feh­le gab und ih­re Au­gen über den Ozean schwei­fen ließ, war sie wie­der Su­mal Ba­ji, die Ka­pi­tä­nin. Und Ra­vin und sei­ne Freun­de stell­ten kei­ne Fra­gen, auch wenn ih­re An­wei­sun­gen auf den ers­ten Blick un­lo­gisch er­schie­nen. Über Tag war­fen zwei der See­leu­te ei­ne lan­ge Schlepp­an­gel ins Meer. Ge­gen Abend zo­gen sie sie hoch und sie war schwer von Fi­schen. So­bald die Son­ne un­ter­ging, ent­zün­de­ten die See­leu­te ein Herd­feu­er in ei­nem klei­nen Ofen aus Stein und brie­ten die Fi­sche. In den ers­ten Ta­gen schlief Ra­vin noch bei Nacht und fass­te bei Tag mit an. Doch schließ­lich er­lag auch er dem Rhyth­mus des Mee­res und schlief in den Stun­den, in de­nen sie über spie­gel­glat­tes Meer fuh­ren, wach­te, wenn die Wel­len das Schiff auf und ab tan­zen lie­ßen. Ra­vin ent­ging nicht, dass Dari­an häu­fig bei Su­mal stand und sie über das Meer aus­frag­te. Und noch we­ni­ger ent­ging ihm, wie be­reit­wil­lig und ge­dul­dig sie ihm auf je­de Fra­ge ant­wor­te­te.
    Ein­mal rief Su­mal sie zu­sam­men und deu­te­te auf das Was­ser. Vier Mäh­nen­schlan­gen glit­ten ne­ben dem Schiff durch das Meer. Rie­sig wa­ren sie, bei­na­he so lang wie die Jon­tar. Ra­vin sah glit­zern­de, ge­schmei­di­ge Lei­ber, die schwe­re­los das Was­ser durch­tanz­ten. Die trans­pa­ren­ten Mäh­nen bausch­ten sich. Ab und zu er­hasch­te Ra­vin einen Blick auf Au­gen wie Edel­stei­ne und rot um­ran­de­te Kie­men. Wun­der­schö­ne Was­ser­geis­ter, die, als sie den Spaß am Boot ver­lo­ren, ab­tauch­ten und im Dun­kel der Tie­fe ver­lo­schen. Ra­vin er­in­ner­te sich an die ge­fan­ge­ne Schlan­ge auf dem Markt­platz und war dank­bar, dass er das Bild des tod­ge­weih­ten Tie­res jetzt um ein Bild vol­ler Le­ben und Über­mut er­gän­zen konn­te. Su­mal Ba­ji lä­chel­te noch lan­ge, nach­dem die Schlan­gen ab­ge­taucht wa­ren. Ra­vin er­kann­te, dass die Ka­pi­tä­nin das Meer lieb­te.
    Sie wa­ren schon den vier­ten Tag auf See, als in der Fer­ne ei­ne An­samm­lung von spit­zen Steil­fel­sen auf­tauch­te. Su­mal Ba­ji rief die Mann­schaft an Deck zu­sam­men. So­gar Mel Amie wur­de von den Pfer­den weg­ge­holt und er­schi­en miss­mu­tig an Deck.
    »Wir wer­den heu­te noch den Ka­nal er­rei­chen«, be­gann Su­mal Ba­ji. »Er ist schmal und re­la­tiv lang, wir fah­ren durch sehr tie­fes Was­ser, das vie­le Strö­mun­gen hat. Ge­fähr­li­che Strö­mun­gen, aber un­ser Boot ist klein ge­nug um ih­nen aus­wei­chen zu kön­nen.«
    »Was ist mit den bren­nen­den Fi­schen, Ka­pi­tä­nin?«, un­ter­brach Mel Amie sie.
    Su­mal warf ihr einen ta­deln­den Blick zu und fuhr fort.
    »In der Nacht sind sie ein schö­ner An­blick. Aber ei­ne Be­rüh­rung mit ih­nen ver­sengt die Haut so schlimm, dass ei­ne Hei­lung oft nicht mög­lich ist. Nor­ma­ler­wei­se sind sie sehr scheu und schwim­men nie­mals auf ein Schiff zu. Ge­fähr­lich wer­den sie nur, wenn sie in Pa­nik ge­ra­ten. Dann sprin­gen sie aufs Boot.« Su­mal hol­te Luft und lä­chel­te Dari­an an. »Al­so, wenn ein Fisch an Deck springt, dann fasst ihn nie­mals mit den Hän­den an. Und ver­sucht auch nicht ihn in Tü­cher zu wi­ckeln – sie sind un­glaub­lich wen­dig und flink. Die Ge­fahr, dass er euch doch noch ver­brennt, ist zu groß. Dort hin­ten …« – sie deu­te­te auf einen Ver­schlag un­ter dem Haupt­mast – »… sind lan­ge Stan­gen mit Ha­ken. Da­mit könnt ihr sie euch vom Leib hal­ten. Ihr schlagt den Ha­ken in den Fisch und werft ihn ein­fach wie­der über Bord.«
    Ra­vin sah Dari­an an, dass er vor­hat­te, es gar nicht so weit kom­men zu las­sen, einen bren­nen­den Fisch ins Meer zu­rück­be­för­dern zu

Weitere Kostenlose Bücher