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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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dunk­ler, so als be­weg­te sie sich stän­dig im tiefs­ten Baum­schat­ten. Von der Nar­be an der Schlä­fe schie­nen sich wie­der die fünf licht­lo­sen Schat­ten­fin­ger über ih­re Wan­gen zu brei­ten. Als Ra­vin sie ein­mal weck­te, fuhr sie ihn mit ge­fletsch­ten Zäh­nen an – und da war es, Ami­nas ra­sen­des Ge­sicht, die Wor­an, die ihn an­fauch­te und sich nur müh­sam wie­der zu­sam­men­nahm.
    Um­so fie­ber­haf­ter hielt er Aus­schau nach den ers­ten Zei­chen, die ihm zei­gen wür­den, dass sie Gis­lans Burg nä­her ka­men. End­lich fand Ra­vin an ei­nem der Ja­la­stäm­me sie­ben Ein­ker­bun­gen und ein ge­schnitz­tes Drei­eck.
    »Wir wer­den die Re­gen­bo­gen­burg in zwei Ta­ges­rit­ten er­rei­chen«, ver­kün­de­te er. Sei­ne Lau­ne hat­te sich au­gen­blick­lich ge­bes­sert. Den Wei­sun­gen ge­treu rit­ten sie auf einen ver­bor­ge­nen Weg und ka­men in ein Wald­stück mit zahl­lo­sen Tan­nen. Un­ter den aus­la­den­den Äs­ten war das Rei­ten schwie­ri­ger. Tief muss­ten sie sich über die Hälse ih­rer Pfer­de du­cken. Je­der Schritt, je­des Knacken der Zwei­ge, die un­ter den Pfer­de­hu­fen bra­chen, klang ge­spens­tisch über­deut­lich und doch ge­dämpft. Ra­vin at­me­te den Duft nach Ta­nis­harz ein und fühl­te sich ein we­nig ge­trös­tet. Dari­an da­ge­gen wur­de noch nie­der­ge­schla­ge­ner. Ra­vin wuss­te, dass er sich an die Ta­ge mit Sel­la er­in­ner­te.
    Als der Re­gen so stark wur­de, dass sie sich tief un­ter ei­ne Tan­ne zu­rück­zie­hen muss­ten, be­merk­te Ra­vin, dass sein Freund nicht mehr da war. Ei­ne Wei­le saß er mit den an­de­ren und be­ob­ach­te­te die Bä­che, die an den Zwei­gen her­un­ter­lie­fen, doch schließ­lich er­hob er sich um ihn zu su­chen.
    Er stand ne­ben Don­do, die Hand in der lan­gen Mäh­ne ver­gra­ben. An sei­nen ge­beug­ten Schul­tern, die sich krampf­haft ho­ben und senk­ten, merk­te Ra­vin gleich, dass Dari­an wein­te. Er zuck­te zu­sam­men, als er Ra­vins Hand auf sei­ner Schul­ter spür­te. Ei­ne Wei­le stan­den sie, oh­ne dass sich ei­ner von ih­nen rühr­te. End­lich wand­te Dari­an sich um. Dies­mal ver­such­te er nicht ein­mal sei­nen Schmerz und die Hoff­nungs­lo­sig­keit zu über­spie­len. Statt­des­sen setz­te er sich, lehn­te sich mit dem Rücken an den Baum­stamm und zog die Knie an sei­nen Kör­per.
    »Ich wer­de kein Zau­be­rer«, sag­te er nach ei­ner Wei­le. »Ich bin ein­fach kei­ner. Ich wer­de es nie sein.«
    Ra­vin schüt­tel­te den Kopf.
    »Das ist nicht wahr. Wir wis­sen al­le, dass du ein gu­ter Shan­jaar bist. Auch Skaard­ja hat es mir ge­sagt.«
    »Skaard­ja!« Darians Stim­me klang bit­ter. »Was weiß schon Skaard­ja. Oder Lai­os – oder Su­mal Ba­ji.«
    Er dreh­te sich zu Ra­vin um, das hel­le Haar fiel ihm ins Ge­sicht.
    »Da­mals als ich mit Sel­la auf dem Pla­teau stand, da war ich ei­ner!«, sag­te er. In sei­nen Au­gen fla­cker­te das un­heim­li­che Licht auf, das seit Sel­las Tod er­lo­schen ge­we­sen war. Ra­vin er­schrak.
    »Ich hat­te es in den Hän­den! In die­sen Au­gen­bli­cken war ich ein Zau­be­rer – und trotz­dem konn­te ich Sel­la nicht vor dem Tod be­wah­ren.«
    Die Trä­nen ran­nen ihm über das Kinn und tropf­ten mit dem Re­gen um die Wet­te. Don­do wand­te den Kopf und schnaub­te Dari­an ins Ohr, doch er schob den Pfer­de­kopf un­sanft weg.
    »Was nützt die gan­ze Ma­gie die­ser Welt, wenn man den Men­schen, den man liebt, nicht ret­ten kann?«, schrie er plötz­lich. Ein Wein­krampf schüt­tel­te ihn, Ra­vin knie­te sich ne­ben ihn und schloss die Ar­me um sei­nen Freund. Er hielt ihn, bis der Re­gen auf­hör­te, spür­te, wie das Schluch­zen ihn im­mer wie­der schüt­tel­te, wie Darians gan­ze Ver­zweif­lung ihn durch­drang. Erst lan­ge nach­dem der Re­gen auf­ge­hört hat­te, stan­den sie auf und gin­gen zum La­ger­platz zu­rück. Die Dun­kel­heit senk­te sich be­reits über die Lich­tung, hin­ter Schlei­er­wol­ken zeig­te sich ein blei­cher Halb­mond.
    Un­ter der Tan­ne rück­te die Grup­pe eng um die ma­gi­sche Flam­me zu­sam­men. Nur Ami­na hielt sich ab­seits und wink­te ab, als Ra­vin sie zum Licht ho­len woll­te. Mit Schau­dern

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