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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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be­merk­te er, dass sie den Mond an­blick­te. Ihr Ge­sicht war dun­kel und aus­drucks­los, sie ver­barg ih­re Hän­de und sprach kein Wort.
    »Mor­gen wer­den wir die Re­gen­bo­gen­burg er­rei­chen«, sag­te Ra­vin. »Wir brin­gen Ami­na so­fort zu Lai­os. Wenn je­mand hel­fen kann, dann er.«
    Ladro seufz­te und ver­grub den Kopf in den Hän­den.
    Ami­na sah kaum auf, als Ra­vin mit ei­ner hal­b­en Ja­lafrucht zu ihr kam und sich ne­ben sie setz­te.
    »Hier, iss«, sag­te er und reich­te ihr die Frucht. Doch sie schüt­tel­te den Kopf. In ih­ren Au­gen tanz­te ein dunk­ler Halb­mond, so als hät­te sich das Bild am Him­mel in ih­re Au­gen ge­brannt, die nicht mehr Ami­nas Au­gen wa­ren. Sie be­merk­te, wie er sie an­sah, und senk­te den Blick. Der schwar­ze Schat­ten ließ ih­re Na­se scharf wie ei­ne Mes­ser­schnei­de aus­se­hen.
    »Ich brau­che nur Schlaf, Ra­vin«, sag­te sie. Ih­re Stim­me klang dumpf und mo­no­ton. Er hat­te Schwie­rig­kei­ten, Ami­nas Stim­me her­aus­zu­hö­ren.
    »Mor­gen sind wir in der Burg.« Sei­ne Stim­me beb­te.
    Stumm nick­te sie, dann hob sie ei­ne Hand, die vor dem dunklen Him­mel schwarz und hart aus­sah. Ra­vin glaub­te die drei Mon­de auf ih­rer Hand­flä­che zu er­ken­nen, doch er wuss­te, es konn­te nur ei­ne Täu­schung sein, und be­schloss, dass die Mü­dig­keit und das Mond­licht ihm einen Streich spiel­ten. Die Er­schöp­fung um­fing ihn mit schwe­ren Ar­men aus Samt. »Gib Jo­lon nicht auf!«, flüs­ter­te die dump­fe Stim­me ne­ben ihm. Im Traum fühl­te er die Be­rüh­rung ei­ner glü­hen­den Hand an sei­ner Wan­ge. Na­ja lä­chel­te ihm zu, dann glitt er in das Dun­kel.
    Als sie er­wach­ten, sa­ßen sie Rücken an Rücken, den Kopf an die Schul­ter des Nach­barn ge­lehnt. Die Pfer­de gras­ten auf der mond­hel­len Lich­tung. Die Wol­ken­schlei­er hat­ten sich ver­zo­gen. Weiß und ge­fro­ren stand der Halb­mond am Him­mel. Ami­na war fort.
     
    S
    ie muss­te ge­hen«, sag­te Ladro. Seit ge­rau­mer Zeit re­de­te er auf Ra­vin ein. Mel Amie hat­te sich zu den Pfer­den ge­sellt, ver­mut­lich woll­te sie nicht, dass je­mand sah, wie sie wein­te.
    »Sie woll­te uns ver­las­sen«, be­stä­tig­te Dari­an Ladros Wor­te. »Nicht ein­mal ich ha­be be­merkt, wie der Schlaf­zau­ber kam, so be­hut­sam hat sie ihn ge­spro­chen.«
    »Ami­na wuss­te, dass sie uns bald nicht mehr vor sich selbst wür­de schüt­zen kön­nen.«
    »Es sind nur noch we­ni­ge Stun­den bis zur Burg!«, schrie Ra­vin. »Ich muss sie fin­den. Lai­os wird ihr hel­fen!«
    »Ra­vin!« Er spür­te Ladros Griff an sei­nem Arm, sah in das ge­dul­di­ge, erns­te Ge­sicht. Ladro gab auf! Wut über­mann­te Ra­vin, er wich zu­rück. Ladros Griff ver­stärk­te sich. Ehe er sichs ver­sah, hat­te Ra­vin den Arm hoch­ge­ris­sen und schlug Ladro mit vol­ler Kraft ins Ge­sicht.
    »He!«, brüll­te Mel Amie. Ladro tau­mel­te zu­rück.
    »Ihr gebt auf?«, schrie Ra­vin. Sei­ne Hand poch­te, doch die Wut ver­schwand nicht.
    »Dari­an gibt sei­ne Zau­be­rei auf, nur weil er Sel­la nicht hel­fen konn­te! Und ihr über­lasst Ami­na ein­fach den Wor­an! Ich ver­ste­he euch nicht!«
    »Ra­vin, be­ru­hi­ge dich.«
    Darians Stim­me klang so ver­nünf­tig, dass er ihn am liebs­ten eben­falls ge­schla­gen hät­te.
    »Sie kann noch nicht weit sein«, be­harr­te Ra­vin. »Rei­tet ihr wei­ter zur Burg. Aber ich wer­de sie nicht im Stich las­sen!«
    Sie sa­hen ihn an, als hät­ten sie einen Ver­rück­ten vor sich. Er dreh­te sich um und rann­te zu den Pfer­den. Un­wirsch griff er nach Va­jus Mäh­ne. Doch es ge­sch­ah et­was, mit dem er nie­mals ge­rech­net hät­te: Va­ju scheu­te vor ihm. Be­vor sei­ne Fin­ger ih­re Mäh­ne be­rühr­ten, hat­te sie be­reits einen Satz zur Sei­te ge­macht und trab­te zum En­de der Lich­tung. Er kniff die Lip­pen zu­sam­men, schwang sich oh­ne zu zö­gern auf das Hor­jun-Pferd und schlug ihm die Fer­sen in die Sei­ten. Das Pferd keil­te aus, dann schoss es da­von. Darians Ru­fe gell­ten in Ra­vins Oh­ren, doch er hör­te nicht hin und ritt den Weg ent­lang, den Ami­na ge­gan­gen sein moch­te.
    Er ach­te­te auf je­des Knacken im Un­ter­holz, auf je­de Be­we­gung, je­des leuch­ten­de

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