Im Bann des Fluchträgers
die Kriegsschiffe anlegen werden«, rief Sumal ihnen vom Steuer aus zu. »Macht euch bereit, wir legen noch vor Mittag an!«
Mel Amie strahlte. Sie suchten ihre verbliebenen Vorräte zusammen, packten die Taschen und schnallten sie den Pferden um. Das Banty witterte Land und bockte in der Box.
Kies knirschte unter den Planken der Jontar, als sie in der Nähe des Strandes anlegten. Sumal Baji kam unter Deck.
»Näher kann ich euch nicht an den Strand bringen«, sagte sie. »Das Wasser ist nicht sehr tief hier. Wir machen die Luke auf und lassen den Steg ins Wasser. Das heißt, ihr müsst ein kleines Stück durch das Wasser waten. Aber es ist nicht tiefer als eure Pferde hoch sind.«
Mit einem Platschen landete die Holzplanke im Wasser und sank langsam mit dem einen Ende auf Grund. Vaju und Dondo wateten ohne zu zögern ins Wasser. Ravin holte eine Strähne hervor, die er aus Vajus Mähne geschnitten hatte und reichte sie Sumal.
»Für die Naj, damit sie die Jontar auch weiterhin beschützen. Kehre mit deiner Fracht gut nach Dantar zurück! Wir sehen uns wieder!«
Sie lachte.
»Ja, wenn die Naj singend zu Fuß aus dem Meer kommen.«
Darian lächelte und streckte Sumal die Hand hin, die sie nach einem kurzen Zögern ergriff.
»Licht auf deinem Weg«, sagte sie leise.
»Und auf deinem«, erwiderte er. Einen Moment sahen sie sich in die Augen, dann wandte Sumal sich ab.
»Eure Zeit läuft«, sagte sie mit einem Anflug ihrer alten Schroffheit und wies auf die Luke. Das Horjun-Pferd scheute, bevor es sich endlich widerwillig in die Fluten ziehen ließ. Ravin setzte sich auf Vajus Rücken. Kaltes Wasser umschloss seine Beine. Bald erreichten sie den steinigen Strand. Als sie zurückblickten, sahen sie, dass die Jontar bereits abgedreht hatte und Kurs auf Dantar nahm.
III
Im Schatten der Woran
Die lange Ruhezeit hatte den Pferden nicht gut getan. Sie ermüdeten schnell und brauchten bereits nach kurzer Zeit eine Rast. Mit Ungeduld wartete die Gruppe, bis sie gegrast hatten, um so schnell wie möglich weiterreiten zu können.
»Nun müsste die Flotte in der Bucht angelangt sein«, sagte Darian am vierten Morgen nach ihrem Aufbruch.
»Ab jetzt rennen wir gegen die Zeit«, sprach Mel Amie aus, was alle dachten. Ravin bemerkte den Blick, den Ladro Amina zuwarf. Ihr Gesicht war umschattet, das Haar lichtloser denn je. Dondo tänzelte und schlug aus, sobald sie in seine Nähe kam, nur mit Darian zusammen duldete er sie auf seinem Rücken. Vaju schien niemals müde zu werden und trug inzwischen nicht nur Ravin, sondern auch einen Großteil des Gepäcks um die anderen Pferde zu schonen. Darian ritt verbissen und gehetzt. Ravin glaubte nachfühlen zu können, wie seinem Freund zumute sein musste, Sellas Mörder so dicht auf den Fersen zu haben.
Der Sommer neigte sich seinem Ende zu. In den Wipfeln begannen sich die Blätter der Bäume bereits zu verfärben. Der Gedanke, dass sie noch vor wenigen Tagen im sommerheißen Dantar gewesen waren, erschien Ravin seltsam.
Als der letzte getrocknete Fisch aufgebraucht war, sammelten sie Jalafrüchte und aßen das Fruchtfleisch roh. Am fünften Tag setzte ein Spätsommerregen ein, der ihnen bis auf die Haut drang. Das Banty hatte angefangen die matschbraune Färbung der regennassen Baumstämme anzunehmen, sodass sich mit seiner Fellfarbe auch die letzte Erinnerung an die Jontar nach und nach verlor. Die Tage glichen einer eintönigen Abfolge mit Tausenden von tanzenden Baumstämmen, die an ihnen vorüberglitten, unterbrochen von satten grünen Wiesen und dem ewig gleichen kalten Wind und Nieselregen. Um Amina machte sich Ravin die meisten Sorgen. Die Haut an ihren Händen und ihr Gesicht – daran gab es keinen Zweifel mehr – färbten sich
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