Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
Au­gen wirk­ten mü­de.
    »Ra­vin va La­gar!«, rief sie, er­hob sich und streck­te ihm die Hän­de ent­ge­gen.
    Ra­vin ging auf sie zu. Wie auf den Gän­gen, so schwie­gen auch hier die Men­schen, die zur Lin­ken und zur Rech­ten der Kö­ni­gin an dem end­los lan­gen Tisch im Halb­kreis sa­ßen. Es moch­ten hun­dert sein. Ra­vin sah Ge­sand­te aus Lom, Jä­ger aus Ta­na, Händ­ler aus Fio­rin mit ih­ren grü­nen Kilts. Und auch Krie­ger aus den Step­pen mit ih­ren Ge­sichts­mas­ken aus blau­em Ech­sen­le­der. Au­ßer­dem wa­ren Wald­men­schen aus al­len fünf Pro­vin­zen Tjärgs ver­sam­melt und die zwölf Rä­te, die stren­ge Mie­nen zur Schau tru­gen.
    Die Kö­ni­gin war­te­te, bis er bei ihr an­ge­langt war und sich ver­beug­te.
    »Wie sehr freue ich mich, dass du wohl­be­hal­ten von dei­ner Rei­se zu­rück­ge­kehrt bist!«, sag­te sie.
    Ihm fiel auf, dass auch ihr Blick sich ver­än­dert hat­te. Es war nicht mehr der gü­ti­ge, amü­sier­te Blick, an den er sich er­in­ner­te. Sie mus­ter­te ihn wohl­wol­lend, aber ernst, er glaub­te so­gar ein we­nig Er­stau­nen in ih­ren Au­gen zu er­ken­nen. Ver­wirrt be­merk­te er, dass sie Au­ge in Au­ge stan­den und er nicht mehr zu ihr auf­bli­cken muss­te. Der Flü­gel­schlag des Traum­fal­ters fuhr ihm über die Schlä­fen, un­will­kür­lich muss­te er lä­cheln. Der Kopf­schmerz ver­schwand.
    »Nimm Platz, Ra­vin«, sag­te sie und deu­te­te auf einen Stuhl an ih­rer Sei­te. Be­vor Ra­vin sich fra­gen konn­te, ob er den gan­zen Weg wie­der zu­rück­le­gen soll­te um auf die an­de­re Sei­te des Ti­sches zu ge­lan­gen, sprang be­reits ein jun­ger Die­ner her­bei und klapp­te einen Teil des Ti­sches hoch. Ra­vin brauch­te nur noch durch die Öff­nung zu tre­ten und sich auf dem Stuhl nie­der­zu­las­sen.
    »Dari­an und dei­ne Weg­ge­fähr­ten ha­ben dem Rat be­reits be­rich­tet«, fuhr die Kö­ni­gin fort und deu­te­te nach links. Ra­vin sah sich um und hielt ver­blüfft in­ne. Ne­ben ihm sa­ßen Ladro und Mel Amie. Beim Her­ein­kom­men hat­te er sie nicht er­kannt. Sie tru­gen Hof­klei­dung, lan­ge wei­ße Män­tel aus ge­spon­ne­nem Sil­ber­schaf­fell und glän­zen­de grü­ne Ho­sen un­ter sil­ber­grau­en Hem­den. Mel Amie zwin­ker­te ihm zu und deu­te­te ei­ne klei­ne Ver­beu­gung an. Ja, ich bin’s wirk­lich, sag­te die­se Ges­te. Aber ich hät­te mich auch nicht er­kannt.
    »Ich weiß, dass du nach der lan­gen Rei­se ger­ne so­fort zu dei­nem Bru­der rei­ten wür­dest«, fuhr die Kö­ni­gin fort. »Doch wir bit­ten dich um ein we­nig Ge­duld und dei­ne Hil­fe. Wie du von Lai­os ge­hört hast, ist dein La­ger in Si­cher­heit.«
    Er nick­te.
    »Ich dan­ke dir«, fuhr die Kö­ni­gin lei­ser fort. »Denn ich weiß, dass du mü­de bist und vol­ler Trau­er.«
    End­lich ent­deck­te Ra­vin Dari­an und Lai­os. Sie sa­ßen links von der Kö­ni­gin und den Rä­ten. Dort wa­ren auch die bei­den an­de­ren Hof­zau­be­rer. Atandros’ Blick war, so schi­en es Ra­vin, vol­ler Mit­ge­fühl. Und Jarog – auf Jarogs Blick konn­te er sich nach wie vor kei­nen Reim ma­chen. Er sah wü­tend aus, die Zor­nes­fal­te auf sei­ner Stirn war stei­ler denn je. Ra­vin muss­te zwin­kern, ein Bild aus fer­ner Ver­gan­gen­heit leuch­te­te in sei­nem Ge­dächt­nis auf und ver­blass­te so­fort wie­der. Die Kö­ni­gin hat­te sich an einen drah­ti­gen Krie­ger ge­wandt, des­sen grau­es Haar kurz ge­schnit­ten war. An sei­nen grü­nen Au­gen konn­te Ra­vin er­ken­nen, dass er ver­mut­lich aus dem Wald stamm­te.
    »Haupt­mann Ljann wird be­rich­ten, was sich in der Nä­he von Tamm zu­ge­tra­gen hat.«
    Der Haupt­mann stand auf und nick­te.
    »In den ver­gan­ge­nen Ta­gen wur­den Ge­rüch­te laut, dass frem­de Hor­den Dör­fer be­droht und nie­der­ge­brannt ha­ben. Bo­ten, die aus den nä­her ge­le­ge­nen Dör­fern stamm­ten, be­stä­tig­ten die Ge­schich­ten. Ges­tern ha­ben wir einen ers­ten Rat ab­ge­hal­ten und er­wo­gen, dass es Trup­pen aus Ska­ris sein könn­ten. Aber es gab kei­ne Kriegs­er­klä­rung und der Zir­kel der Ma­gier und die Shan­jaar konn­ten kei­ne Ver­bin­dung er­füh­len. Und doch ist es seit heu­te Ge­wiss­heit: Es

Weitere Kostenlose Bücher