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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Schul­tern und sei­ne Stirn, wäh­rend er das Pferd durch den Wald führ­te. Lei­se trat er auf, je­mand in der Nä­he hät­te das Ge­fühl ge­habt, das Ra­scheln ei­nes vor­über­trot­ten­den Ran­jögs zu hö­ren. Wie im Traum zähl­te er die Pfa­de, die sei­nen Weg kreuz­ten, und rich­te­te den Blick zum Him­mel, an dem ein blei­cher, trau­ri­ger Mond hing. Ra­vin er­tapp­te sich da­bei, wie er wie­der da­mit be­gann, die Schat­ten zu be­ob­ach­ten. Ami­na wür­de den Wald nie se­hen, wie Ra­vin ihn jetzt vor sich sah. Ei­ne Wor­an leb­te in ei­ner Welt oh­ne Licht, selbst der Mond­schein konn­te sie blen­den. Sie wür­de die Nacht­vö­gel nicht hö­ren und den Duft von Moos und über­rei­fen Ja­lafrüch­ten nicht wahr­neh­men. In der Ein­sam­keit um­flat­ter­ten ihn Ge­dan­ken und Er­in­ne­run­gen mit ge­spens­ti­schem Flü­gel­schlag, bis sie so na­he wa­ren, dass sie ihn schließ­lich be­rühr­ten.
    Er woll­te ge­ra­de ei­ne Weg­mar­ke an ei­nem Stamm er­tas­ten, als der Traum­fal­ter ihn fand. Sonst war die Be­rüh­rung sacht wie ein flüch­ti­ger Kuss ge­we­sen. Doch die­se hier war stär­ker und fühl­te sich an, als wür­de ei­ne Mot­te sei­ne Schlä­fe um­tan­zen. Ra­vin wisch­te sich über die Stirn. Da be­gann die Mot­te zu krat­zen. Ra­vin stieß einen Schre­ckens­laut aus und press­te die Hän­de ge­gen den Kopf. Ein Bren­nen brei­te­te sich auf sei­ner Stirn aus, floss sei­ne Wan­gen hin­un­ter, troff ihm in die Au­gen. Un­will­kür­lich ging er in die Knie. Flam­men lo­der­ten vor sei­nen Au­gen em­por, aus de­nen sich Lai­os er­hob. »Ra­vin!«, sag­te er und lä­chel­te ihm er­mu­ti­gend zu. »Rei­te zum Nord­tor!«
    Der Schmerz entließ Ra­vin so ab­rupt, wie ei­ne Eu­le, die die Beu­te aus ih­ren Fän­gen glei­ten lässt. Er­schöpft fiel er auf das feuch­te Moos. Als er die Au­gen öff­ne­te, mein­te er Na­ja über den Him­mel tan­zen zu se­hen, doch es wa­ren nur Fun­ken des sen­gen­den Schmer­zes, den er so­eben durch­lebt hat­te. Lai­os leb­te al­so!
    Lang­sam ritt er wei­ter, wo­bei er vol­ler Vor­sicht die Ran­jög­wei­den durch­quer­te, die, wie er wuss­te, die Hor­jun mei­den wür­den – wenn nicht, wür­den sie schnell ler­nen es zu tun. Fie­ber­haft über­leg­te er, was er vom Nord­tor wuss­te. Es war der Fluss­sei­te zu­ge­kehrt und diente ver­mut­lich als Han­del­stor. Zu­min­dest hat­te er ge­se­hen, dass durch die­sen Ein­gang die Las­ten­po­nys der Händ­ler zu den Stal­lun­gen ge­führt wur­den.
    End­lich tat sich vor ihm die Lich­tung auf, die zur Burg führ­te. Weit weg am Ho­ri­zont, auf der An­hö­he, stand Gis­lans Burg, grau, wie von Rauch­schwa­den durch­zo­gen. Feu­er leuch­te­ten auf den Tür­men, vor den Grund­fes­ten lag ver­kohl­te Er­de.
    Er ent­deck­te ei­ne Grup­pe von Hor­jun, die auf das Nord­tor zu­ritt. Die Hal­tung ih­rer Kör­per und die ge­beug­ten Hälse ih­rer Pfer­de ver­rie­ten, dass sie einen lan­gen Marsch hin­ter sich hat­ten – oder einen Kampf. Das Pferd war es, das als Ers­tes auf die Rei­ter rea­gier­te. Es hob den Kopf, tän­zel­te und nahm Hal­tung an. Ra­vin konn­te gar nicht an­ders, als sich eben­falls auf­zu­rich­ten. Er setz­te Ruks viel zu großen Helm auf, drück­te die Fer­sen nach un­ten und wur­de zu Ga­lo Bor, drit­tes Schiff, Am­gars Trup­pe. Die Angst schnür­te ihm die Keh­le zu. Nun war er ganz auf sich ge­stellt. In schlep­pen­dem Trab ritt er über die Wie­se, je­den Mo­ment den Pfeil er­war­tend, der ihn von vor­ne traf, oder einen Schleu­der­stein von hin­ten aus dem Wald. Sein Pferd stol­per­te vor Er­schöp­fung, doch es be­wäl­tig­te die Stre­cke über die Wie­se in holp­ri­gem Ga­lopp. Ra­vin ließ es ge­wäh­ren und ver­such­te le­dig­lich, sich auf­recht zu hal­ten und auch sonst den An­schein zu er­we­cken, als wä­re er völ­lig recht­mä­ßig auf dem Weg zur Burg.
     
    D
    ie Wa­chen, die auf den Tür­men Aus­schau hiel­ten, ent­deck­ten ihn als Ers­te. Auf ih­ren fast un­hör­ba­ren Be­fehl hin reg­ten sich die Hor­jun, die das Tor be­wach­ten, und tra­ten Ra­vin mit ge­zo­ge­nen Schwer­tern ent­ge­gen. Mü­de sa­hen ih­re Ge­sich­ter aus, Bit­ter­keit und

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