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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Fin­gern be­gann sich die Son­ne mit den ro­ten Strah­len zu dre­hen. Dunk­ler und dunk­ler wur­de sie, bis sie schließ­lich zu grau­em Stein er­starr­te. Die Wor­an nahm Jo­lons Hand und bog sei­ne Fin­ger aus­ein­an­der. Auf sei­ner Hand­flä­che lag der Gor. Eis über­zog knis­ternd die Hand der Wor­an, als sie ihn an sich nahm. Jo­lon seufz­te und at­me­te aus.
    Die Wor­an schi­en zu wach­sen, ihr Haar sträub­te sich und be­gann zu knis­tern wie ein Feu­er, das durch einen fri­schen Luft­zug ge­nährt wird. Macht floss durch ih­re Hän­de. Et­was Frem­des glüh­te in der Flam­me ih­rer Au­gen, gie­ri­ger und zer­stö­re­ri­scher als je­des Feu­er. Sie sah Dio­len an und gab ihm den Gor. Er nahm ihn und be­trach­te­te ihn lan­ge.
    »Du hast gut ge­wählt«, sag­te er und reich­te ihr die Hand, wie er es bei Sel­la ge­tan hat­te. Doch die Wor­an er­griff sei­ne Hand nicht, son­dern trat zu ihm und lä­chel­te.
    »Noch bin ich nicht, was ich sein wer­de, Dio­len. Noch sind mei­ne Hän­de kei­ne Klau­en und mein Ge­sicht nicht schat­ten­schwarz und furcht­bar. Willst du dei­ne Braut nicht küs­sen?«
    Er zö­ger­te kurz, doch dann leg­te er sei­nen Arm um ih­re Tail­le und zog sie an sich. Sie lä­chel­te ihm zu und leg­te mit zärt­li­cher Ges­te ih­re Hän­de an sei­ne Schlä­fen.
    »Und dies«, flüs­ter­te sie, »ist für Sel­la!«
    Er­stau­nen kroch über Dio­lens Zü­ge, dann Er­kennt­nis –und dann der Schmerz. Lang­sam, ganz lang­sam öff­ne­te er den Mund. Sturm brüll­te über den Bur­g­hof. Die Er­lo­sche­nen be­gan­nen zu tau­meln. Ra­vin spür­te, wie der Griff an sei­nen Ar­men sich lo­cker­te und sich schließ­lich ganz auf­lös­te. Das Pfei­fen des Win­des ver­misch­te sich mit Dio­lens Gur­geln, das sich zu ei­nem grau­en­vol­len schril­len Schrei­en stei­ger­te. Spei­chel floss ihm aus dem Mund, sei­ne Hän­de tas­te­ten nach Ami­nas Hän­den, die im­mer noch un­er­bitt­lich ge­gen sei­ne Schlä­fen press­ten. Blut rann dar­un­ter her­vor. Er riss an ih­ren Ar­men, doch sie hielt ihn mit Klau­en aus Ei­sen. Das Schrei­en wur­de zu ei­nem Krei­schen, das Ra­vin die Pa­nik durch die A dern jag­te. Er hielt sich die Oh­ren zu und krümm­te sich im Sturm­wind.
    End­lich sank Dio­len in die Knie. Durch­sich­ti­ger wur­den die Er­lo­sche­nen, ih­re Män­tel und Schwer­ter fie­len von ih­nen ab, zu­rück blie­ben ro­te Au­gen – und die dunklen Um­ris­se und wa­bern­den Ne­bel der Hall­ge­spens­ter. Mit ei­nem Mal ver­stand Ra­vin, wer die Er­lo­sche­nen wa­ren. Sie ka­men nicht aus dem Land Run, nein, Jarog hat­te einen Zau­ber ge­fun­den, die Hall­ge­spens­ter in die Welt der Le­ben­den zu­rück­zu­ru­fen. Angst press­te ihm die Luft aus den Lun­gen. Doch die Hall­ge­spens­ter be­ach­te­ten ihn nicht. Sie rich­te­ten ih­re Bli­cke auf Dio­len. Aus den si­chel­för­mi­gen Wun­den an sei­nen Schlä­fen si­cker­te Blut.
    »Bit­te!«, flüs­ter­te er. Zit­ternd stol­per­te er rück­wärts, To­des­angst in den Au­gen. Un­er­bitt­lich wie ein schwar­zer Ne­bel kro­chen die Ge­spens­ter auf ihn zu. Einen ma­gi­schen Mo­ment ver­harr­ten sie, dann hob Ami­na ih­re Hand mit den glü­hen­den Mon­den und gab ih­nen die Er­laub­nis. Dio­len kam keu­chend auf die Fü­ße und floh zu den Bäu­men. Das Letz­te, was Ra­vin von ihm sah, war sein Sil­ber­man­tel, der in dem Wir­bel aus bro­deln­den Schat­ten­lei­bern auf­blitz­te und ver­schwand.
    So schnell er konn­te, kroch Ra­vin zu Dari­an und lös­te sei­ne Fes­seln. Sie klam­mer­ten sich an­ein­an­der, um­ge­ben vom To­ben und Krei­schen des Sturms und dem gie­ri­gen Ge­heul der Hall­ge­spens­ter. Erst als der Wind sich ge­legt hat­te und der letz­te Schrei ver­hallt war, wag­ten sie auf­zu­bli­cken. Der Hof war leer. Al­les, was von Dio­len ge­blie­ben war, wa­ren Blut und Sil­ber­fä­den von sei­nem Man­tel, die an der rau­en Rin­de ei­nes Ja­la­bau­mes hin­gen. Ami­na be­trach­te­te mit er­staun­ten Wor­an­au­gen ih­re Hän­de.
    »Sieh nur, es sind im­mer noch mei­ne Hän­de«, sag­te sie zu Ra­vin. »Ich dach­te, sie wür­den sich in Klau­en ver­wan­deln.«
    Sie bück­te sich und hob wie in Tran­ce

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