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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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ich von mei­ner Mut­ter ge­lernt ha­be. Da­mals, als Jer­rik mir den Gor an­ver­trau­te, lau­er­ten Ba­doks Krie­ger uns auf. Jer­rik gab ihn mir vor dem Kampf und bat mich ihn in Si­cher­heit zu brin­gen. Auf dem Weg stell­ten mich vier Hor­jun – und da sprach ich den Schlei­er­zau­ber, den mich mei­ne Mut­ter ge­lehrt hat­te. Erst­mals nutz­te ich die Ma­gie der Wor­an um den Stein un­sicht­bar zu ma­chen. Doch der Zau­ber ent­glitt mir.«
    »Der Gor ver­schwand?«
    »Er und die Hor­jun. Plötz­lich war ich al­lein im Wald. Ich ha­be lan­ge ge­sucht. Nachts in mei­nen Träu­men sah ich, dass je­mand an ei­nem weit ent­fern­ten Ort den Gor ge­fun­den hat­te und ihn hü­te­te – be­wacht von den See­len der Hor­jun.«
    »Die Dä­mo­nen am Feu­er.«
    Sie nick­te.
    »Erst als ihr in un­ser La­ger kamt, ha­be ich ge­ahnt, wo ich nach dem Gor, der die Form ei­nes Kris­talls an­ge­nom­men hat­te, su­chen muss.«
    »Dann war das Lied, das Ra­vin von den Hall­ge­spens­tern ge­lernt hat, der Schlei­er­zau­ber der Wor­an«, flüs­ter­te Dari­an. »Und vor­hin hast du ihn mit dem­sel­ben Spruch wie­der auf­ge­ho­ben.«
    Ra­vin hat­te die Lip­pen zu­sam­men­ge­presst. Ei­ne hilflo­se Wut, die er sich nicht er­klä­ren konn­te, ließ ihn zit­tern. Ami­na trat zu ihm. Der Schat­ten um­gab sie, den­noch sah sie im­mer noch aus wie Ami­na aus Jer­riks La­ger. Und aus ir­gend­ei­nem Grund schmerz­te die­ser An­blick ihn mehr, als je­de Wor­an­frat­ze es hät­te tun kön­nen.
    »Ich dan­ke dir, dass du das Schwert nicht ge­nom­men hast, Ra­vin. Ich wuss­te, du wür­dest mir ver­trau­en.«
    »So, das wuss­test du«, sag­te er bit­ter. »Der dum­me Wald­mensch wür­de dir im­mer ver­trau­en, nicht wahr?«
    Sie sah ihn er­schro­cken an.
    »Ich ha­be ge­dacht, du wärst tot!«, schrie Ra­vin. »Ich ha­be dich ge­sucht und mich mit Ladro ge­strit­ten, weil ich ihm vor­warf, er hät­te dich ein­fach auf­ge­ge­ben.«
    Ami­na senk­te den Blick. Trä­nen stie­gen ihr in die Au­gen, sie sah hilf­los aus. Das ir­ri­tier­te Ra­vin bei­na­he noch mehr, als wenn sie wü­tend ge­wor­den wä­re.
    »Aber du kannst mir ver­trau­en«, sag­te sie lei­se. »Und du bist al­les an­de­re als ein dum­mer Wald­mensch!«
    »Und du kei­ne Wor­an«, sag­te er bit­ter und wand­te sich von ihr ab.
     

IV
Feuer und Wasser
     
    Lai­os wur­de bei An­bruch der Nacht auf dem Fried­hof der Zau­be­rer am Alsch­hain be­er­digt. An sei­nem Grab wa­ren die Shan­jaar aus dem Wald ver­sam­melt. Je­der von ih­nen trug ei­ne Fa­ckel. Am Kopf­en­de des Gra­bes, in dem Lai­os’ Kör­per auf ei­nem La­ger von Ta­ni­stan­nen­zwei­gen ge­bet­tet lag, stan­den Atandros und Dari­an in der Fest­tracht der Hof­zau­be­rer – wei­te dun­kel­grü­ne Män­tel mit sei­de­nen Är­me­lauf­schlä­gen, die mit sil­ber­nen Pfer­den be­stickt wa­ren.
    Ge­stützt auf Ra­vin hielt Jo­lon mit erns­tem Ge­sicht und vor An­stren­gung zit­tern­der Hand die Fa­ckel. Ver­stoh­len be­trach­te­te Ra­vin ihn. Wie fremd sein Bru­der ihm er­schi­en nach den Ewig­kei­ten, die seit sei­nem Weg­gang aus Tjärg ver­gan­gen wa­ren. Es war Ra­vin un­mög­lich, sich in sei­ner Ge­gen­wart noch län­ger als der klei­ne Bru­der zu füh­len. Viel­mehr spür­te er ei­ne Zärt­lich­keit für Jo­lon, den Men­schen – doch nicht mehr für Jo­lon, den star­ken, über­le­ge­nen Bru­der.
    Die ver­gan­ge­nen zwei Ta­ge wa­ren an­stren­gend ge­we­sen. Ob­wohl die Kö­ni­gin dar­auf be­stan­den hat­te, dass Ra­vin sei­ne ver­wun­de­te Schul­ter schon­te, hat­te er mit Dari­an Er­kun­dungs­rit­te un­ter­nom­men. Die Sturm­flut der Naj hat­te das Land vor der Burg ver­wüs­tet. Die we­ni­gen Bäu­me, die nicht vom Was­ser ent­wur­zelt und fort­ge­schwemmt wor­den wa­ren oder ge­knickt wie ge­fal­le­ne Krie­ger an den Ufern la­gen, hat­ten die Feu­ernym­phen ver­brannt. In ei­ni­gen Tei­len des Wal­des wü­te­ten die Feu­er im­mer noch. Shan­jaar, Krie­ger und Wald­be­woh­ner ar­bei­te­ten ge­mein­sam dar­an, die Brän­de zu lö­schen. Der Nie­sel­re­gen, der ein­ge­setzt hat­te, er­leich­ter­te die­se Auf­ga­be.
    Hier und da fla­cker­ten

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