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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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schnür­te sie ruck­ar­tig mit ei­nem Seil zu­sam­men.
    »Auf­ste­hen!«, be­fahl Darians Pei­ni­ger und gab ihm einen wohl­ge­ziel­ten Tritt in den Ober­schen­kel. Mit schmerz­ver­zerr­tem Ge­sicht kam Dari­an auf die Bei­ne.
    »Du hast dei­nen Bru­der schon lan­ge nicht mehr ge­se­hen, nicht wahr?«, zisch­te die Stim­me ne­ben Ra­vins Ohr.
    »Was habt ihr mit ihm ge­macht?«, schrie Ra­vin.
    Der Er­lo­sche­ne lach­te.
    »Sieh es dir selbst an, Wald­krö­te!«
    Grob wur­den sie durch das Tor ge­sto­ßen. Der Hof war zer­fal­len, nur we­ni­ge Mau­er­res­te lie­ßen die al­te Pracht erah­nen, an den meis­ten Stel­len je­doch wu­cher­te be­reits seit ewi­gen Zei­ten der Wald. Ra­vin hat­te er­war­tet, im Bur­g­hof sein La­ger ver­sam­melt zu se­hen. Statt­des­sen sah er sich ei­nem Kreis von Er­lo­sche­nen ge­gen­über. Kein ein­zi­ger Hor­jun war dar­un­ter. Mit­ten im Hof stand Dio­lens Pferd. Dun­kel vor Schweiß war es, die Brust über­sät mit Schlamm­sprit­zern. Hin­ter ihm dräng­ten sich die Er­lo­sche­nen wie ei­ne schwar­ze Mau­er, die sich teil­te, als Ra­vin und Dari­an hin­durch­ge­sto­ßen wur­den. In der Mit­te tat sich ein frei­er Platz auf.
    Dort lag Jo­lon.
    Trä­nen lie­fen Ra­vin über das Ge­sicht, oh­ne dass er es ver­hin­dern konn­te. Da war sein Bru­der, so wie er ihn ver­las­sen hat­te, mit der ho­hen Stirn und der Nar­be an der Schlä­fe, die von Ra­vins un­glück­li­chem Schleu­der­wurf stamm­te. Nur ha­ge­rer war er, das blas­se Ge­sicht ge­quält, um­fan­gen von ei­nem schlim­men Traum, der Wirk­lich­keit ge­wor­den war.
    »Un­ser Eh­ren­gast ist an­ge­kom­men.« Dio­lens Mund ver­zog sich zu sei­nem lie­bens­wür­di­gen Lä­cheln. Blind vor Wut stemm­te sich Ra­vin ge­gen die Fes­seln, doch die Er­lo­sche­nen lach­ten nur.
    »Mör­der!«, schrie Ra­vin. »Du wirst ster­ben! Für je­den ein­zel­nen Mord wirst du ster­ben!«
    »Nun«, mein­te Dio­len. »Dann kommt es ja auf einen nicht an – oder wenn ich euch mit ein­rech­ne, auf zwei oder drei.«
    Er trat zu Jo­lons La­ger.
    »Dei­nen Bru­der wer­de ich als Ers­ten tö­ten müs­sen. Ich ha­be ver­sucht den Stein aus sei­ner Hand zu neh­men, doch er gibt ihn ein­fach nicht frei. Da seid ihr Brü­der euch ähn­lich.« Er zuck­te die Schul­tern. »Na­tür­lich könn­te ich ihm auch die Hand ab­schnei­den.« Zu­frie­den be­ob­ach­te­te er, wie sich Ra­vins Ge­sicht vor Schmerz ver­zerr­te, wäh­rend er sich zu be­frei­en ver­such­te.
    »Aber«, fuhr er dann fort, »grau­sam bin ich nun wirk­lich nicht.«
    Er lä­chel­te, hob sein Schwert und ziel­te in al­ler Ru­he auf Jo­lons Keh­le.
    »Jo­lon!«, schrie Ra­vin. »Ver­dammt noch mal, wach auf!«
    Mit al­ler Kraft trat er nach dem Er­lo­sche­nen, doch er er­reich­te nur, dass sei­ne Wun­de auf­brach und Blut sei­nen Är­mel tränk­te. Dio­lens Schwert blitz­te auf.
    Dann er­losch der Mond.
    Alsch­blät­ter wir­bel­ten im Sturm­wind. Dunkle Hän­de fass­ten nach Dio­lens Schwert. Die Ge­stalt stand im Licht der Fa­ckel, den­noch kau­er­te dort, wo sie war, Dun­kel­heit wie ein schwar­zes Tier, be­reit zum Sprung. Der Schat­ten lag auf dem grau­sa­men Ge­sicht, in dem die blau­en Au­gen glüh­ten wie das Herz ei­ner Ker­zen­flam­me. Als sie Ra­vins Blick be­geg­ne­ten, schi­en ihm, als wür­den sie sei­ne See­le ver­bren­nen. Kein Aus­druck war dar­in er­kenn­bar, kein Wie­der­er­ken­nen.
    Dio­len lä­chel­te und senk­te das Schwert.
    »Ich wuss­te, du wür­dest da sein«, sag­te er. »Wie oft ha­be ich von dir ge­träumt.«
    »Und ich von dir«, sag­te die Wor­an mit dump­fer Stim­me und lä­chel­te wie Ami­na. »Und im Traum kam die Zu­kunft zu mir und sag­te: Jo­lon wird nicht ster­ben. Nicht durch dei­ne Hand. Eher ster­ben vie­le dei­ner Män­ner.«
    Dio­len trat einen Schritt zu­rück. Hoff­nung lo­der­te jäh in Ra­vins Herz auf. Sprach dort viel­leicht doch Ami­na?
    Dio­len lach­te.
    »Was küm­mern mich mei­ne Män­ner?«, rief er schließ­lich. »Tö­te so vie­le du willst, viel­leicht so­gar mich. Aber was nützt es dir, wenn du am En­de doch be­siegt bist? Und das bist du. Nicht von mir, nein, von der Dun­kel­heit.«
    Die Wor­an lä­chel­te

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