Im Bann des Fluchträgers
ein Stück und streifte die Nadeln von einem Taniszweig.
»Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen, ein Zauberer zu sein. Als ich bei Laios angefangen habe, da er schien es mir unerreichbar und von allem das Erstre benswerteste. Ich dachte, wenn ich eines Tages Hofzauberer würde, dann wäre ich der glücklichste Mensch. Doch nun fühle ich mich, als hätte ich eine Auszeichnung bekommen, die ich nicht verdiene.«
Sie spießten die Fruchtstücke auf die Zweige und hielten sie in das Feuer der Fackel.
»Dann gewöhne dich daran«, antwortete Ravin. »Du verdienst sie. Schließlich ist es dir gelungen, aus Skaardjas Mittel gegen Zahnschmerzen ein Mittel gegen den Tod zu machen.«
Darian blickte nachdenklich in die Flammen.
»Ja, ich habe einen Zauber gesprochen. Aber als Jolon die Augen aufschlug, dachte ich, dass Skaardja uns wohl doch ein paar Tropfen von ihrem Quellwasser gegeben hat.«
Er lachte, ein Abglanz des verrückten Lichtes tanzte in seinen Augen.
»Inzwischen allerdings glaube ich das nicht mehr. Das, was ich in der alten Steinburg in den Händen hielt, war ein Mittel gegen Zahnschmerzen. Doch in meiner Hand, zum richtigen Zeitpunkt, wurde es zu Quelle. Für einen Moment hatte ich den Zauber in den Händen. Ich spürte es. Der Zauber ist da. Es geht nur darum, den richtigen Zeitpunkt zu finden!«
»Wenn das Mittel in deiner Hand zur Quelle werden konnte, warum hat Skaardja mir das damals nicht gesagt?«
Darian wurde ernst und senkte den Kopf.
»Weil sie wusste, dass ich zu Sella gegangen wäre. Ich hätte es versucht – und wäre enttäuscht gewesen. Skaardja weiß viel über die richtige Zeit. Das ist ihre Kunst. Das, was mich zurückgehalten hat, war stets die Zeit.«
Ravin ließ die Worte in sich nachklingen, auch wenn die Ahnung, was Darian gleich sagen würde, schmerzte.
»Ich bin Hofshanjaar«, fuhr Darian fort. »Aber das ist nicht mein Weg. Mein Weg führt zu Skaardja. Ich werde den ganzen Weg noch einmal reiten. Ich weiß, es ist eine Reise durch Erinnerung und Schmerz. Doch ich weiß auch, dass ich nur bei Skaardja lernen kann, das zu werden, was ich bin.«
Ravin schluckte und senkte den Kopf.
»Wirst du Sella suchen?«, fragte er leise.
Darian blickte ihn erstaunt an und lachte.
»Ravin va Lagar, du versuchst dich als Hellseher? Ja, ich habe daran gedacht. Wer weiß, vielleicht wird meine Reise mich in das lichte Land führen – und sei es nur, um ein Mal zu hören, wie ihr Lachen klang.«
Seine Stimme wurde leiser, Trauer schwang darin mit.
»Ich habe es dir nicht erzählt, aber nach Sellas Tod war ich entschlossen auf die dunkle Seite zu wechseln. Ich war bereit ein Woran zu werden – aus Rache. Skaard ja war es, die mich von diesem Gedanken abgebracht hat.«
Sie schwiegen. Die Geräusche des Waldes waren in der Stille der Herbstnacht verklungen, nur der Wind strich durch die Äste und brachte die Alschbäume zum Rauschen.
»Wann wirst du abreisen?«, fragte Ravin.
»In zwei Tagen, wenn die Horjun und ein Teil der Berater zu Badoks Kriegsschiffen vorausreiten. Ich reite mit Ladro.«
»Und mit Mel Amie … und Amina.«
Darians Augen leuchteten golden im Fackellicht.
»Ja«, antwortete er. »Ich habe sie gestern bei den Hor jun-Gräbern gesehen. Sie sagte mir, dass du ihr seit – dieser Nacht – ausweichst.«
»Nein, das tue ich nicht. Ich war im Umland und sie bei den Horjun.«
»Seltsamerweise bist du immer dann fortgeritten, wenn du wusstest, sie würde in die Burg zurückkommen.«
Ravin wurde rot. Ein Anflug von Ärger ließ seine Stimme barscher klingen, als er es beabsichtigte.
»Das ist Zufall. Hätte sie nach mir gefragt, wäre ich da gewesen.«
Darian lachte leise auf.
»Warum fragst du sie nicht einfach, ob sie im Tjärgwald bleibt?«
»Weil sie nicht bleiben würde«, sagte Ravin. »Es würde ohnehin nicht gut gehen.
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