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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Aus­druck von tiefer und ver­zwei­fel­ter Kon­zen­tra­ti­on, so als wür­de sie noch im Schlaf un­er­müd­lich su­chen – nach Ladro, nach Jer­rik oder nach et­was ganz an­de­rem, was sie Ra­vin nie­mals ver­ra­ten wür­de.
    Sei­ne Träu­me hat­ten sich ver­än­dert. Jo­lons An­blick trös­te­te ihn nicht mehr. Nach wie vor saß sein Bru­der mit ge­schlos­se­nen Au­gen am Feu­er – und doch be­un­ru­hig­te Ra­vin et­was, was sich am Ran­de sei­nes Blick­fel­des be­weg­te. Et­was Dunkles, das die Dä­mo­nen im Feu­er in­ne­hal­ten und ih­re Pu­pil­len auf­leuch­ten ließ. Ra­vin schau­der­te, wenn er nach die­sen Träu­men er­wach­te und Hall­ge­spens­ter ihm wie­der die Oh­ren voll heul­ten.
    Schließ­lich ver­lo­ren sie die letz­te kar­ge Spur. Auch von Darians Bot­schaf­ten hat­ten sie seit Ta­gen kei­ne ge­se­hen. Hoch rag­te das Ge­bir­ge zu ih­rer Lin­ken auf.
    »Sie müs­sen hier durch­ge­kom­men sein«, sag­te Ami­na ent­mu­tigt. »Aber nun schei­nen sie sich in Luft auf­ge­löst zu ha­ben.«
    »Viel­leicht gibt es einen Weg, der di­rekt durch das Ge­bir­ge führt?«
    Die Son­ne be­gann hin­ter den Ber­gen un­ter­zu­ge­hen, der Wind ließ sie frös­teln. Der Som­mer ließ sich hier viel Zeit.
    »Hast du dir Ska­ris so vor­ge­stellt, Ra­vin va La­gar?«
    Wie­der der spöt­ti­sche Un­ter­ton, doch selt­sa­mer­wei­se trös­te­te ihn Ami­nas Stim­me heu­te. Er lä­chel­te.
    »Nein, Ami­na. Das Land ha­be ich mir viel düs­te­rer und ge­fähr­li­cher vor­ge­stellt. Doch im Grun­de ist es schön, schau dich um!« Mit ei­ner aus­ho­len­den Arm­be­we­gung um­fass­te er den Son­nen­un­ter­gang, das vio­let­te Fels­ge­stein, die kar­ge Land­schaft. »Ich ha­be noch nie so vie­le un­ter­schied­li­che Ge­stei­ne ge­se­hen. Und so vie­le Flech­ten und ver­schie­de­ne Bäu­me.«
    »Und so vie­le Hall­ge­spens­ter auf ei­nem Hau­fen«, warf sie ein.
    »Ja, da hast du Recht.«
    »Ra­vin?«
    »Hm?«
    »Du träumst im­mer noch von Jo­lon, nicht wahr?«
    Er seufz­te.
    »Ich weiß nicht, wen ich mehr ver­mis­se – Jo­lon, der zwar schläft, aber von der Kö­ni­gin be­schützt wird, oder Dari­an, der in Ge­fahr ist.«
    »Du machst dir Sor­gen, dass du ei­ne der bei­den Auf­ga­ben nicht be­wäl­ti­gen kannst. Die Quel­le der Skaard­ja fließt nicht dort, wo du Dari­an su­chen musst.«
    Er schluck­te die auf­stei­gen­den Trä­nen hin­un­ter.
    »Die Quel­le kann über­all sein«, brach­te er her­vor. »Ich wer­de Skaard­ja fin­den – so­bald ich Dari­an be­freit ha­be.«
    Ami­na schwieg. Der Abend­schat­ten hat­te sich auf ihr Ge­sicht ge­legt, nur un­deut­lich er­kann­te er ih­re Au­gen als dunkle Fle­cken in ei­nem hel­len Ge­sicht.
    »Ich ver­mis­se Gran und San­tez – und Il­nor. Il­nor be­son­ders. Ich ha­be mich mit ihm ge­strit­ten, kurz be­vor wir euch auf der Lich­tung ge­fun­den hat­ten. Ich wünsch­te, ich hät­te mich von ihm ver­ab­schie­den kön­nen.«
    Ra­vin zog sei­nen Man­tel en­ger um die Schul­tern.
    »Er­zähl mir von Jo­lon!«, bat sie plötz­lich.
    »Was soll ich dir von ihm er­zäh­len?«
    »Ir­gen­det­was! Wie alt ist er? Wie lebt er? Was für ein Shan­jaar ist er?«
    Er räus­per­te sich.
    »Jo­lon ist äl­ter als ich. Er be­haup­tet, er be­käme be­reits graue Haa­re. Er lacht gern, aber meis­tens ist er ernst. Er ist ein Walds­han­jaar und heilt die Men­schen mit Kräu­tern und mit Hil­fe der Geis­ter. Manch­mal ist er vie­le Wo­chen un­ter­wegs.«
    »Wie sieht er aus?«
    »Nun … er ist grö­ßer als ich, sei­ne Au­gen sind grün wie mei­ne, an der Schlä­fe hat er ei­ne Nar­be. In mei­nem Traum se­he ich ihn an ei­nem Feu­er sit­zen, in dem Dä­mo­nen­frat­zen leuch­ten. Er ist ganz blass und schwach.«
    »Er hat ei­ne Nar­be?«
    »Ja, hier.« Ra­vin deu­te­te auf sei­ne lin­ke Schlä­fe. »Die­se Wun­de ha­be ich ihm als Kind mit der Stein­schleu­der zu­ge­fügt. Ich ha­be ver­sucht ei­ne Ja­lafrucht vom Baum zu ho­len. Die Nar­be sieht aus wie ein Bo­gen und en­det an der Au­gen­braue.«
    Er be­merk­te ei­ne Be­we­gung an sei­ner Sei­te und sah hoch. Ami­na war auf­ge­stan­den und ging zu dem grö­ße­ren der bei­den schwar­zen Pfer­de. Es

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