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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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blen­de­te. Aber ich ver­ste­he, warum Lai­os ihn als Schü­ler an­ge­nom­men hat. Hin­ter so viel Un­ge­schick­lich­keit müs­sen Wahn­sinn und Ta­lent ste­cken. Zu­min­dest hof­fe ich, dass auch Ta­lent da­bei ist. Im­mer­hin war er in der La­ge, die Rei­ter aus Run zu be­sie­gen.«
    Ra­vin seufz­te.
    »Ich ma­che mir große Sor­gen um ihn. Seit Sel­las Tod hat er sich so sehr ver­än­dert.«
    »Je­der Zau­be­rer muss durch ein Meer von Schmerz, Ra­vin.« Sie lä­chel­te mü­de, ein bit­te­rer Zug leg­te sich um ih­ren Mund. »Ich bin si­cher, Lai­os ist durch den Schmerz ge­wan­dert. Ich eben­falls. Auch Dari­an hat die­sen Weg vor sich, selbst wenn die­ser ihn in Wahn­sinn und Tod führt. Denn es ist sein Weg, auf dem ihn nie­mand be­glei­ten kann – auch du nicht.«
    Ra­vin schau­der­te. Die an­ge­neh­me Wär­me des Weins lös­te sich mit ei­nem Mal auf und ließ ihn nüch­tern und frie­rend im Nacht­wind zu­rück. Die Esel­hu­fe klap­per­ten über einen schma­len Fels­grat.
    »Und Ami­na?«, frag­te er lei­se. »Wo­hin führt ihr Weg?«
    »Ami­na?« Skaard­ja wink­te ab. »Ei­ne Wor­an kennt nur Ra­che und Tod. Das ist nicht mein Me­tier.«
    Ra­vin zuck­te zu­sam­men.
    »Aber sie ist kei­ne Wor­an!«, rief er. Skaard­ja warf ihm einen über­rasch­ten Sei­ten­blick zu.
    »Selt­sam, mir war so, als sä­he ich – ei­ne Wor­an. Sie hat die­ses Ge­sicht.«
    »Nein, sie ist wie wir.«
    »Ja? Nun, viel­leicht ha­be ich nur ein Spie­gel­bild ge­se­hen«, lenk­te sie bei­na­he gleich­gül­tig ein. »Wie auch im­mer, sie ver­birgt et­was. Sie trägt je­man­den in ih­rem Her­zen.«
    Ra­vin schluck­te.
    »Sie trägt je­man­den im Her­zen?«, frag­te er lei­se.
    Skaard­ja sah ihn nach­denk­lich an.
    »Nicht dich«, sag­te sie. »Und an dei­ner Stel­le wä­re ich froh dar­über, Wald­mensch La­gar.«
    Ra­vin senk­te den Kopf und schwieg. Ir­gend­wo zwi­schen Rip­pen und Ma­gen poch­te et­was, das sich an­fühl­te, als wür­de die Wut auf die al­te Zau­be­rin an sei­ner Sei­te wie­der auf­fla­ckern. Er brauch­te lan­ge um sich ein­zu­ge­ste­hen, dass es in Wirk­lich­keit Ent­täu­schung war.
     
    U
    nd es gibt kei­nen an­de­ren Weg als den über das Ma­ju­ma-Meer?«, frag­te Ami­na.
    »Es bleibt uns kei­ne Wahl, wenn wir schnel­ler sein wol­len als die Trup­pen.«
    Ra­vin und sie stan­den bei den Pfer­den, Ra­vin säu­ber­te mit ei­nem kräu­ter­ge­tränk­ten Tuch die Brand­strie­me an Va­jus Hals. Sie ver­heil­te gut, bald wür­de das Fell wie­der wach­sen. Im Mor­gen­grau­en hat­ten sie sich von den Jer­riks ver­ab­schie­det, die nicht nach Tjärg rei­ten, son­dern in das ge­hei­me La­ger zu ih­ren Kin­dern und Al­ten zu­rück­keh­ren wür­den.
    »Na schön«, sag­te Ami­na. »Ver­ges­sen wir ein­fach die Un­ge­heu­er und die Stru­del, die Mör­der­wel­len und die bren­nen­den Fi­sche.«
    Nun lief Ra­vin ein kal­ter Schau­der über den Rücken.
    »Bren­nen­de Fi­sche?«
    »Sie bren­nen nicht wirk­lich, sie glü­hen nur in der Nacht – aber wenn du einen von ih­nen be­rührst, dann wirft dei­ne Haut an die­ser Stel­le Bla­sen und löst sich in Fet­zen auf. Du schreist Tag und Nacht vor Schmerz, bis du an Er­schöp­fung stirbst.«
    Ra­vin schluck­te. Va­ju rieb ih­ren Kopf an sei­ner Schul­ter, was­ser­wei­ches Haar strich über sei­nen Arm.
    »Nun, zu­min­dest Va­ju und Don­do wird es ge­fal­len«, sag­te er so leicht und un­be­fan­gen wie mög­lich. Er gab Va­ju einen Klaps auf den Hals und be­gann da­mit, ihr die Ta­schen mit Pro­vi­ant auf den Rücken zu schnal­len. Ami­nas Ge­sicht leuch­te­te in der Mor­gen­däm­me­rung bei­na­he eben­so hell wie Va­jus schim­mern­des Fell.
    »Wann kommt Dari­an zu­rück?«, frag­te sie. Ra­vin zuck­te mit den Schul­tern und zog den Sat­tel­gurt nach. Va­ju schnaub­te und stampf­te mit dem Vor­der­huf auf. Im Tal sam­mel­te sich Ne­bel. Die Berg­spit­zen am Ho­ri­zont er­glüh­ten un­ter der Be­rüh­rung der ers­ten Son­nen­strah­len.
    »Er hat so viel ver­lo­ren«, sag­te Ami­na. »Wir al­le ha­ben un­end­lich viel ver­lo­ren, aber Dari­an ist das schlimms­te Leid zu­ge­fügt wor­den.«
    Mit zu­sam­men­ge­press­ten Lip­pen be­ob­ach­te­te

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