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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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großen Stücken Treib­holz und noch mehr ge­schnit­te­nen Busch­stäm­men zu­rück. Bis spät in die Nacht ar­bei­te­ten sie an dem Floß, bis es schließ­lich groß ge­nug schi­en, um die Sät­tel, die Vor­rä­te und ih­re Schwer­ter zu tra­gen. Als der Mond be­reits am Him­mel stand, leg­ten sie sich er­schöpft auf das Floß.
    Va­ju und Don­do wa­te­ten im Fluss­was­ser auf und ab. Ra­vin hör­te sie und glaub­te so­gar die Er­schüt­te­run­gen ih­rer Schrit­te im Ufer­ge­stein zu spü­ren. Ein Plät­schern und ein lei­ses Wie­hern drang an sein Ohr. Er blick­te hin­über zum Was­ser und sah die leuch­ten­den Lei­ber der Re­gen­bo­gen­pfer­de. Doch da war noch et­was. Ein Glit­zern von Was­ser­trop­fen, die im Mond­licht fun­kel­ten.
    »He!«, rief der Naj lei­se. »Ich se­he, dass du wach bist. Dei­ne Au­gen leuch­ten wie zwei Mond­fi­sche. Komm her!«
    Einen Mo­ment über­leg­te Ra­vin, ob er Dari­an we­cken soll­te, dann stand er lei­se auf und ging zum Fluss. Der Naj hat­te sich halb aus dem Was­ser er­ho­ben, sei­ne Fin­ger be­rühr­ten Va­jus Mäh­ne. Ra­vin woll­te am Ufer ste­hen blei­ben, doch der Naj wink­te ihn her­an.
    »Hast du im­mer noch Angst?«, spot­te­te er. »Komm, komm her!«
    Va­ju schüt­tel­te ei­ne glit­zern­de Trop­fen­kas­ka­de aus ih­rer Mäh­ne. Zö­gernd wa­te­te Ra­vin ins Was­ser. Ihm war mul­mig zu­mu­te, so dicht ne­ben dem Naj im Was­ser zu ste­hen. In Sicht­wei­te gähn­te die schwar­ze Kluft in der Fluss­mit­te. Doch der Naj hat­te sich wie­der den Pfer­den zu­ge­wandt. Don­do rieb den Kopf an sei­nem schup­pi­gen Rücken. Ra­vin staun­te über die Ver­traut­heit die­ser Ges­te. Die drei se­hen aus, als wür­den sie ein Ge­spräch füh­ren, wie al­te Freun­de, die sich lan­ge nicht ge­se­hen ha­ben, dach­te Ra­vin. Oder viel­leicht auch wie Lie­ben­de.
    »Wie nennt man sie in eu­rer Spra­che?«, frag­te der Naj.
    »Tjärg­pfer­de.«
    »Das passt zu euch. Ein Wort, so tro­cken wie ein Mund voll Staub.«
    Der Naj schöpf­te ei­ne Hand voll Fluss­was­ser und ließ es über Va­jus Stirn lau­fen. Sie schloss ge­nie­ße­risch die Au­gen und schnaub­te.
    »Willst du wis­sen, wie wir sie nen­nen?«
    Der Naj glucks­te, dann stieß er einen Laut aus, der wie ein Quiet­schen und ein Tril­lern gleich­zei­tig klang. Ra­vin glaub­te ein Wort her­aus­zu­hö­ren.
    »Ji­na?«
    »So wie du es aus­sprichst, klingt es wie ei­ne Be­lei­di­gung. Dei­ne Zun­ge, dein Gau­men sind ein­fach zu plump! Ja, sie hei­ßen Ji­na. In un­se­rer Spra­che be­deu­tet das: ›Flin­ke tan­zen­de Wel­len mit Mäh­nen aus Schaum.‹«
    Ra­vin lach­te.
    »Ein ein­zi­ges Wort für solch ei­ne lan­ge Be­schrei­bung. Eu­re Spra­che ist wirk­lich so kom­pli­ziert, wie Dari­an er­zählt hat.«
    »Nein«, sag­te der Naj. »Es ver­hält sich ge­nau um­ge­kehrt. Eu­re Spra­che ist so ein­fach, weil sie kei­ne Ewig­keit hat.«
    Prü­fend mus­ter­ten sie sich. Ra­vin hat­te das Ge­fühl, dass der Naj sich nicht ent­schei­den konn­te, ob er noch wei­ter mit ihm re­den soll­te. Va­ju dreh­te sich um und trot­te­te zu Ra­vin. Der Naj be­ob­ach­te­te sie.
    »Nun, Spra­che hin oder her – die Ji­na mö­gen dich und dei­nen un­höf­li­chen Freund. Ich ha­be euch sehr lan­ge be­ob­ach­tet. Ihr wart nie un­freund­lich zu den Ji­na, ihr habt sie be­schützt – zu­min­dest so­lan­ge ihr in der Nä­he des Was­sers wart. Du passt auf et­was auf, was zu uns ge­hört, und wir pas­sen auf et­was auf, was euch ge­hört. Und des­halb ge­be ich dir jetzt et­was zu­rück, das du dem Was­ser ge­schenkt hast.«
    Ei­ne Klin­ge blitz­te im Mond­licht auf.
    »Mein Mes­ser!«
    Ra­vin starr­te atem­los auf die ge­bo­ge­ne Klin­ge und den ge­schnitz­ten Griff. Das Mes­ser muss­te tief, sehr tief im Was­ser ge­le­gen ha­ben, denn es war kalt wie Eis.
    »Ich ha­be es vor vie­len Mon­den ver­lo­ren – an ei­nem Bach, noch be­vor wir in Jer­riks Wald ge­rit­ten sind!«
    »Ich weiß«, sag­te der Naj kühl. »Und dir al­lein wür­de ich es nie­mals zu­rück­ge­ben. Nur für die Ji­na. Falls du es brauchst um sie zu schüt­zen.«
    »Dann bist du uns be­reits vor dem Wald be­geg­net? Du warst es, den ich ge­se­hen ha­be an dem

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