Im Bann des Fluchträgers
Naj?«
»Er ist nicht allein. Es haben uns schon einige begleitet. Ich nehme an, dass sie wegen der Regenbogenpferde an die Oberfläche kommen.«
»Hast du schon einmal mit einem Naj gesprochen?«
Darian schüttelte den Kopf.
»Ihre Sprache ist sehr schwierig. Laios kann einige Sätze mit ihnen wechseln. Sie lassen sich selten dazu herab, in unserer Sprache zu sprechen, die sie für tölpelhaft und unmelodisch halten.«
Ravin lächelte und beobachtete, wie der Strudel größer wurde. Vaju spitzte die Ohren.
»Vielleicht haben sie damit sogar Recht«, fuhr Darian fort. »Ihre Sprache ist viel komplizierter als unsere. Sie hat über dreitausend verschiedene Laute und jeder Laut hat mehrere Bedeutungen – je nach Jahreszeit, Sonnenstand und Strömungsverhältnissen. Je nachdem ob das Wasser kalt oder warm ist und je nachdem wie in der Nacht die Sterne stehen.«
»In den Seen im Tjärgwald habe ich noch nie einen Naj gesehen. Meinst du, wir werden hier einen zu Gesicht bekommen?«
»Das glaube ich kaum. Sie sind wie gesagt ziemlich eingebildet. Aber sie beobachten uns. Da!«
Der Strudel war ganz in Vajus Nähe. Dann spritzte das Wasser plötzlich hoch auf, eine Flosse schnitt durch das Wasser und verschwand. Wellen platschten zum Ufer, rissen die Fische aus ihrem Schlaf, die irritiert in die Tiefen abtauchten, und überschwemmten Buschwerk. Das Wasser zog sich zurück und nahm ein zirpendes und zappelndes Heer von Zikaden mit. Schnappende Fischmäuler kamen an die Wasseroberfläche. Vaju schnaubte, schüttelte das Wasser aus ihrer Mähne und trabte an Land.
»Das muss ein sehr großer Naj gewesen sein«, schloss Darian. »Was für eine Welle, als er weggetaucht ist!«
»Habt ihr das Monster gesehen?«, rief Mel Amie ihnen von hinten zu. »Wenn die brennenden Fische nur halb so groß sind, dann gute Nacht!«
Als ihre Vorräte zur Neige gingen, fingen sie einige der gelblichen Fische, die sie über kleiner Flamme brieten. Ihr Fleisch schmeckte saftig und ein wenig süß, es war so zart, dass es sich auf der Zunge einfach aufzulösen schien. Ravin schloss die Augen und sog den Duft nach verbrannten Kräutern, harzigem Buschholz und gebratenem Fischfleisch ein. Nach den unzähligen Tagen, in denen er getrocknetes zähes Fleisch und Jalafrüchte gekaut hatte und die roten Beeren mit den harten Kernen, schien ihm der Geschmack von Fisch fremd und köstlich. Die Fische, die vom Mahl übrig blieben, schnitten sie in schmale Streifen, rieben sie mit Kräutern ein, die Amina am Flusslauf sammelte, und trockneten sie über dem Rauch.
Nach und nach wurde das Flusstal schmaler, die Felsen höher. Büsche wuchsen direkt aus den Felsen, der Fluss dehnte sich aus und wurde an den breitesten Stellen spiegelglatt. Die Höhlen am Rand boten immer weniger Schutz, weil sie knietief mit moosdurchwachsenem Wasser angefüllt waren. Während der Ruhepausen setzten sie sich nun einfach in den Kies am Ufer, legten sich die Sättel unter die Köpfe und schliefen.
»So kommen wir nicht mehr weiter«, sagte Ladro eines Morgens. Sie standen hinter einer Flussbiegung, die sie soeben umrundet hatten. Hinter ihnen füllten sich die Hufspuren mit Wasser, links, kaum eine Armlänge von ihnen entfernt, war blanker Fels. Ravin musste den Kopf in den Nacken legen, wenn er weit oben den Felsrand erkennen wollte. Vor ihnen erstreckte sich der Fluss von Felswand zu Felswand und ergoss sich sprudelnd in ein noch größeres Becken, so groß, nachtblau und glatt wie ein tiefer, ein sehr tiefer See.
Ladro fluchte und sprang vom Pferd.
»Skaardja hat uns nicht gesagt, dass wir an einer Stelle nicht weiterkommen!«
Er blickte sich um zu dem Weg, auf dem sie gekommen waren. »Wenn wir zur nächsten Stelle zurückwollen, wo wir die Schlucht verlassen können,
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