Im Bann des Highlanders
danach ordnungsgemäß verriegelte. Aus Erfahrung wusste Joan, dass Peader oder der andere Wächter, der sich die Wache mit Màiris Schwager teilte, jedes Mal kontrollierte, ob der Riegel wirklich vorgeschoben war. Aber wäre er es nicht, würde es Joan auch nicht viel nützen, denn es bestand wenig Hoffnung, dass die Außentüre nicht bewacht war.
Wie so oft, konnte Joan nicht schlafen. Von Màiri wusste sie, dass es Abend war, und ihre Gedanken schweiften nach London, in ihr Appartement, mit dem Bad und ihrem traumhaft breiten französischen Bett.
Sie merkte nicht, dass Tränen über ihre Wangen rollten, als sie daran dachte, dass sie dies alles wohl nie wieder sehen würde. Und schuld daran war nur dieser Traum, dessen Ursprung sie hatte ergründen wollen. Ob Fiona wohl in derselben Zeit gelandet wäre, hätte sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen können?
Schluchzend verbarg Joan ihr Gesicht in den Händen. Sie war gefangen – nicht nur im Verlies des Laird of Glenbharr, sondern auch in der Vergangenheit. Seitdem Joan sich im Jahre 1731 befand, hatten die mysteriösen Träume aufgehört, aber das war ihr in diesem Augenblick kein Trost. Sie wollte nach Hause, und zwar auf dem schnellsten Weg!
Màiri war die einzige Rettung, doch würde es der jungen Schottin gelingen, einen Plan zu entwickeln, Joan zu befreien? Und selbst wenn – wie gelangte sie wieder zu der Grube tief im Wald?
Als Màiri am nächsten Morgen das Frühstück – eine Art Weißbrot, Butter, etwas Schafskäse und ein Krug Milch – brachte, machte sie eine optimistische Miene. Es sah ganz danach aus, als wäre ihr über Nacht ein Fluchtplan eingefallen.
»Ich habe nachgedacht«, sagte sie dann auch, und ihre Stimme vibrierte leicht vor Anspannung. »Dein verzweifeltes Flehen verfolgte mich bis in meine Träume, und heute morgen fragte ich Ewan beiläufig, was mit Euch geschehen solle.« Sie wich Joans Blick aus. »Er meinte, Ihr werdet hier drinnen schmoren bis in alle Ewigkeit ...«
»Nein!« Joan sprang auf, dabei kippte der Milchkrug um und sein Inhalt ergoss sich über das verrottete Stroh. »Das dürft Ihr nicht zulassen, ich habe doch nichts verbrochen!«
Erschrocken legte Màiri einen Zeigefinger auf ihre Lippen. »Pst, nicht so laut. Peader könnte Euch hören. Setzt Euch wieder, ich habe einen Plan, wie ich Euch aus dem Kerker befreien kann, ohne dass der Verdacht auf mich fällt.«
Mit weichen Knien ließ sich Joan wieder fallen und wartete, bis Màiri weitersprach. Obwohl sie hungrig war, wusste sie, dass sie keinen Bissen herunter bekommen würde, solange sie nicht wusste, was auf sie zukam.
»Also, passt gut auf.« Die Tochter des Lairds senkte die Stimme. »Ich habe meine Schwester gefragt, wann die Hochzeit einer Freundin ist, zu der sie und ihr Mann eingeladen sind. Am nächsten Wochenende werden die beiden für einige Tage zu dieser Feier reisen. In dieser Zeit werden Calum und Seòras die Wache übernehmen, beide sind junge unbedarfte Burschen, die noch abergläubischer sind als mein Vater.« Als sie Joans irritierten Blick bemerkte, setzte sie erklärend hinzu: »Ich möchte nur ungern meinen Schwager in die Geschichte verwickeln.«
Joan nickte verständnisvoll, und ihr Herz machte einen Hüpfer. Noch wusste sie nicht, was Màiri ausgetüftelt hatte, aber die Hoffnung auf Freiheit machte sie schon jetzt fast glücklich.
»Wie so oft werde ich Euch eine Schüssel Wasser zum Waschen bringen, dazu ein kleines Stück Seife. Wenn ich den Kerker wieder verlasse, nehme ich nur die Wasserschüssel mit. Dann lasst Ihr etwa eine Stunde verstreichen, bis Ihr ein wenig von der Seife in den Mund steckt und so lange darauf herum lutscht, bis dichter Schaum entsteht.«
Argwöhnisch runzelte Joan die Stirn. »Wozu soll das gut sein?«
»Wartet ab. Ihr schreit um Hilfe, so laut Ihr könnt, und wenn der Wachposten nach Euch sieht, wälzt ihr Euch wie unter großen Schmerzen auf dem Boden. Vermutlich wird er alles stehen und liegen lassen und meinen Vater informieren – unsere Hoffnung besteht darin, dass er in der Aufregung vergisst, den Riegel der Zellentür wieder zu schließen.«
Bedächtig nickte Joan, der Plan nahm allmählich Formen an. Doch ein Risiko blieb natürlich. »Und wenn er den Riegel vorschiebt?«
»Dann ist mein schöner Plan nichts mehr wert. Ich selbst muss mich zur selben Zeit nämlich gut sichtbar in einem anderen Teil der Burg aufhalten, damit der Verdacht nicht auf mich fällt.«
»Angenommen, ich nutze
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