Im Bann des Highlanders
sie sogar Zeltlager errichtet, um unsere Clans besser kontrollieren zu können.« Seine Stimme klang hart und verbittert, und zum ersten Mal konnte Joan eine Spur Verständnis dafür aufbringen, dass Engländer bei den Highlandern so verhasst waren.
Sie holte tief Luft. »Ich kann nichts für das, was meine Landsleute hier treiben und habe nichts damit zu tun.« Sie wich erschrocken zurück, als Ewan sich plötzlich nach vorn beugte.
»Seid Ihr sicher, dass Ihr nichts damit zu tun habt? Ihr wolltet meiner Schwester nicht sagen, was Ihr auf dem MacLaughlin-Gebiet zu tun hattet – aber ich werde es herausfinden.«
Langsam stand er auf.
»Ich werde wiederkommen, falsche Lady«, sagte er an der Tür gefährlich leise, »und ich verspreche, dass ich Euer Geheimnis lüften werde, und wenn es Jahre dauern sollte.«
Der Gedanke, noch Jahre in dieser Kammer eingesperrt bleiben zu müssen, ließ Joan verzweifelt aufschluchzen. Ewan ließ sich nicht so einfach beschwichtigen wie seine Schwester, aber wenn sie von ihrer Zeitreise erzählte, würde man ihr erst recht nichts mehr glauben.
An diesem Abend schien Màiri besonders gut gelaunt zu sein. Ihr Gesicht glühte vor Aufregung, und ihre braunen Augen glänzten voller Vorfreude. Joan wagte nicht zu fragen, ob Tèarlach zurück erwartet wurde, denn das würde bedeuten, dass ihr Versteck zu unsicher wurde.
»Du siehst sehr glücklich aus«, stellte sie daher betont beiläufig fest. »Gibt es etwas Besonderes?«
Màiri lachte fröhlich. »In zehn Tagen hat mein Vater Geburtstag, es soll ein großes Fest geben – und morgen will ich wieder hinaus in den Wald, um nach meinen ganz speziellen Pflanzen zu suchen.«
Joan spürte, dass sie ihr etwas verschwieg, ging jedoch nicht näher darauf ein, sondern erzählte von Ewans Besuch.
»Er hat es sich wohl in den Kopf gesetzt, zu ergründen, wer du wirklich bist.« Sie lächelte plötzlich geheimnisvoll. »Weißt du eigentlich, wie schön du bist?«
»Ich ... äh«, stammelte Joan und zupfte verlegen an ihrer Haube, die wie meistens irgendwie nicht richtig sitzen wollte. »Ja, das heißt nein ...«
Wieder lachte Màiri. »Verlegenheit steht dir gut. Übrigens wird Ewan dich heute nicht mehr belästigen, er und Vater sind bei einer Versammlung.«
Joan war es recht, so konnte sie wenigstens den Abend genießen, wenn man das eintönige Weben bei Kerzenlicht überhaupt als Genuss bezeichnen konnte.
»Daingead!«, sagte Màiri plötzlich heftig, als der Faden riss und entschuldigte sich gleich darauf mit errötendem Gesicht. »Verzeihung, das ist mir nur so herausgerutscht.«
»Keine Ursache, ich weiß überhaupt nicht, was dieses Wort bedeutet.«
»In deiner Sprache würde man sagen: Verdammt!« Màiri schien einen Augenblick nachzudenken, dann fragte sie mit Begeisterung in der Stimme: »Hast du Lust, ein wenig Gälisch zu lernen?«
Joan zögerte. Warum eigentlich nicht? Das war sicherlich lustiger, als Shakespeare zu lesen; also nickte sie. »Sehr gerne. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, jemals so zu sprechen, aber vielleicht kann ich deinen Vater das nächste Mal verstehen, wenn er mich anbrüllt.«
Für den Bruchteil einer Sekunde schien Màiri schockiert zu sein, doch als sie sah, dass Joan grinste, lachte sie erneut. »Nun gut, fangen wir mit dem schönsten Satz an, den es gibt: Tha gaol agam ort!«
Beifallheischend sah sie Joan an, doch die hob nur ratlos die Schultern.
»Das bedeutet: Ich liebe dich. Sag selbst, sind diese Worte nicht wundervoll?« Ihre Augen leuchteten, und ihre Stimme klang wärmer und weicher, als Joan sie jemals vernommen hatte.
»Ja wirklich, sehr schön«, beeilte sie sich zu sagen, dann ließ sie ihren Blick durch den Raum gleiten. »Und was heißt Fenster?«
»Uineag«, kam es, wie aus der Pistole geschossen zurück, ein paar weitere Beispiele folgten.
Joan schnitt eine Grimasse. »Das werde ich nie lernen!« In Gedanken fügte sie hinzu, dass sie in ihrem Zeitalter, in dem sie bald wieder zu sein hoffte, Gälisch glücklicherweise niemals brauchen würde.
Später erzählte Màiri begeistert von der cèilidh 6 , die zu Ehren von Laird Dòmhnalls zweiundfünfzigstem Geburtstag veranstaltet werden sollte.
6 Feier
»Alle Oberhäupter unserer befreundeten Clans mit ihren Familien sind eingeladen«, schwärmte Màiri. »Für unsere Pächter gibt es einige gebratene Ochsen und zwei Fässer Whisky, und abends wird auf dem Burghof Musik gemacht und getanzt.« Sie hielt inne. »Schade,
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