Im Bann des Highlanders
zurückkommt. Den letzten Winter verbrachte er bei einigen Leuten irgendwo in den Bergen, da er durch den plötzlichen Wintereinbruch keine Möglichkeit fand, heimzukehren.«
Joan runzelte die Stirn. »Deshalb bist du aber doch nicht so traurig, oder doch?«
»Nein, nein«, beeilte sich Màiri zu sagen. »Tèarlach begann mit seiner Mission kurz nach Anndras Geburt, ich bin es gewohnt, die meiste Zeit alleine mit den Kindern zu sein.« Sie brach ab. »Du musst wissen, dass wir nicht aus Liebe geheiratet haben.« Und als sie Joans verblüffte Miene entdeckte, fuhr sie lächelnd fort: »Es mag dich vielleicht erstaunen, aber es ist wirklich so. Tèarlach gehörte einst einem kleinen, fast winzigen Clan an, der sich Braines nannte; seine Leute und er beschlossen eines Tages, sich einem größeren Clan anzuschließen. Das geht nicht so einfach, wie man sich das vorstellt, in diesem Fall geschah es durch Einheirat; der Grundbesitz der Braines fiel dadurch an den MacLaughlin Clan.«
Joan zeigte offen ihre Überraschung. »Hast du nicht versucht, dich dagegen zu wehren?«
»Aye, das habe ich. Aber ich bin die Tochter des Clanoberhauptes, Darla war zum Zeitpunkt, als Tèarlach mit meinem Vater verhandelte, noch ein Kind und kam somit nicht in Frage. Und da es keinen anderen Mann in meinem Leben gab, habe ich letztendlich zugestimmt.« Ihre braunen Augen sahen Joan fast bittend an. »Du darfst das nicht falsch verstehen, ich verehre und bewundere Tèarlach, und ich weiß, dass er ebenso für mich empfindet, aber ...«
»... aber ihr liebt euch nicht«, vollendete Joan leise den Satz.
Kaum merklich nickte Màiri und betonte noch einmal, dass Tèarlach ein wundervoller Mann sei. Joan konnte ihre Erschütterung kaum verbergen, Màiri wirkte immer so lebenslustig und fröhlich, dabei lag ein dunkler Schatten auf ihrer Ehe. Joan konnte sich nicht vorstellen, mit einem Mann verheiratet zu sein, den sie nicht liebte.
Nach geraumer Zeit, während die beiden Frauen schwiegen und jede mit ihren Gedanken beschäftigt ins Kaminfeuer starrten, erhob Màiri schließlich wieder das Wort.
»Du fragst dich sicher, weshalb ich trotz allem so gut gelaunt bin, aye?« Es schien fast, als hätte sie Joans Gedanken gelesen. »Das hat einen ganz bestimmten Grund. Bitte versprich mir, dass du auch darüber mit niemandem redest.« Ihr Blick war fast flehend auf Joan gerichtet, die spürte, dass sich Màiri ihr unbedingt anvertrauen wollte.
»Ich werde schweigen wie ein Grab.«
Màiri nickte zufrieden, dann lehnte sie sich entspannt zurück. »Das ist gut. Weißt du, ich war mit meinem Leben ganz zufrieden und vermisste nichts, bis etwas passierte, das mich zuerst sehr verwirrte und dann unbeschreiblich glücklich machte.«
Mit angehaltenem Atem wartete Joan darauf, dass die Andere weitersprach.
»Im letzten Sommer war ich wie so oft unterwegs, um Pflanzen zum Färben zu sammeln. Durch Zufall hatte ich kurz zuvor eine Stelle gefunden, an der die Blumen besonders rot und Moos sowie Farne von einem unbeschreiblichen Grün sind. Diese Stelle befindet sich ungefähr einen Stundenmarsch von hier entfernt an der Grenze des Gebietes vom Clan MacGannor; dort gibt es einen Broch, einen alten Rundturm.«
Flüchtig erinnerte sich Joan daran, dass auch Maggie von einem solchen Turm gesprochen hatte, es musste sich um denselben handeln, den Màiri meinte.
»Vor langer Zeit hat dort ein Feuer gewütet und die Leute munkeln, dass es seitdem zuweilen nicht mit rechten Dingen zugehen soll in der Nähe des Brochs. Davon hab ich noch nichts gemerkt, aber es ist sehr eigenartig, dass gerade rund um den Turm die Pflanzen besonders farbenprächtig blühen.« Màiris Blick war noch immer starr auf das Kaminfeuer gerichtet, doch plötzlich wurden ihre Gesichtszüge weich, und in ihren Augen lag eine unerklärliche Sehnsucht.
»Als ich zum dritten Mal diese Stelle aufsuchte, passierte es. Ich kniete im Gras und war mit dem Aussuchen der schönsten Blumen beschäftigt, als mich jemand von hinten packte, auf den Rücken warf und dann versuchte, mich zu küssen.« Bei der Erinnerung daran schüttelte sich Màiri. »Es war ein Wegelagerer, das erkannte ich sofort an seinem Aussehen und seinem schrecklichen Geruch. Vor Angst war ich wie gelähmt, ich war ja ganz alleine mit diesem Kerl und fürchtete schon, dass mein letztes Stündlein geschlagen hatte.«
Joan nickte verständnisvoll, sie erinnerte sich an die Halunken, denen sie tagelang ausgesetzt gewesen
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