Im Bann des Highlanders
Màiris Gemach zu suchen hatte.
Vorsichtig spähte Joan auf den Gang hinaus, der jedoch menschenleer und durch einige Wandleuchter schwach erhellt war. Von draußen drangen Dudelsack- und Geigenklänge durch das hohe geschlossene Fenster, vermischt mit lautem Lachen und Grölen.
Wie Màiri ihr geraten hatte, schob Joan einen der nicht zugezogenen Vorhänge beiseite und lugte durch einen schmalen Spalt hinunter auf den Burghof. Es wimmelte von fröhlichen Menschen, die Joan dank der vielen Fackeln und Kerzen und trotz der Höhe gut erkennen konnte.
Als sie Laird Dòmhnall inmitten seiner Gäste entdeckte, schien ihr Herz für einen Schlag auszusetzen, an ihn hatte sie keine besonders gute Erinnerung. Doch an diesem Abend sah der Herr von Glenbharr alles andere als verdrießlich oder wütend aus. Er trug zu seinem breacan feile eine dunkelgrüne Uniformjacke mit goldenen Knöpfen und Tressen, sein wildes Haar war mit einem Samtband ordentlich am Hinterkopf zusammengebunden. Dòmhnall wirkte zufrieden, lachte und scherzte mit seinen Gästen und prostete ihnen zu.
Schließlich schritt er zu einer kleinen zierlichen Frau und umarmte sie zärtlich. Sie schien Màiri wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein, sodass Joan annahm, dass es sich um Lairdess Ealsasaid handeln musste; auch sie trug eine ähnliche Tracht wie ihre Tochter.
Interessiert wanderte Joans Blick weiter, dabei stellte sie fest, dass viele der männlichen Gäste andere Tartans als die MacLaughlins trugen, die also demzufolge von anderen Clans stammen mussten. Die Oberhäupter waren gut zu unterscheiden von den anderen, denn all diese Männer wirkten stolz und stattlich und trugen reich verzierte Jacken.
Und dann gewahrte Joan ihre Freundin Màiri, die neben einem gut aussehenden jungen Mann am Brunnen stand und sich offensichtlich angeregt mit ihm unterhielt. Verzückt schaute sie zu ihm auf.
Der Mann gehörte einem anderen Clan an, wie Joan an seinem Tartan erkennen konnte und himmelte die Tochter des Lairds voller Hingabe an, und wenn Joan nicht gewusst hätte, dass Màiris Mann unterwegs war, hätte sie angenommen, dass es sich bei diesem gut aussehenden Burschen um Tèarlach handelte.
Allmählich bekam Joan auf ihrem Beobachtungsposten kalte Füße, die dünnen Leinenschuhe hielten die Kälte des Steinfußbodens kaum ab. Doch das störte sie nicht, zu interessant war das farbenfrohe Geschehen im Burghof. Flüchtig erinnerte sie sich daran, wie verwaist und verlassen er Jahrhunderte später aussehen würde und verdrängte diesen deprimierenden Gedanken.
Und dann sah sie Ewan, und bei seinem Anblick hielt sie den Atem an, was sie allerdings ärgerte. Auch er trug das Haar ausnahmsweise zusammengebunden und eine ähnliche Jacke wie sein Vater; das Spitzenjabot ließ ihn wie einen Edelmann erscheinen. Umringt wurde er von vornehmlich weiblichen Gästen, die ihn teils ehrfürchtig anstarrten, teils unverhohlen anbeteten.
Einem bildhübschen Mädchen strich er liebevoll über die Wange, was bei Joan einen Stich ins Herz auslöste. Ob diese junge Frau seine Auserwählte war? Màiri hatte zwar behauptet, dass ihr Bruder sich noch nicht festgelegt hatte, doch es war möglich, dass sie nicht alles über Ewans Liebesleben wusste.
Verstört fragte sich Joan, ob dieses Mädchen auch so weit ging und sich ungefragt völlig nackt in Ewans Bett legen würde, um eine Nacht mit ihm zu verbringen.
Verärgert schnaufte Joan – sie war doch nicht etwa eifersüchtig? Gleich darauf redete sie sich ein, dass es ihr völlig gleichgültig war, mit wem Ewan flirtete und wen er beschlief. Trotzdem blieb ihr Blick an ihm und der jungen Frau haften, und als Ewan sich abwandte und zu seinem Vater schritt, war sie erleichtert.
Das Fest schien mittlerweile den Höhepunkt erreicht zu haben, der Whisky floss in Strömen und die ersten Gäste schienen nicht mehr ganz so sicher auf ihren Beinen zu sein. Noch immer war es ruhig im Gang, doch Joan wusste, dass sie sich bald in ihre Kammer zurückziehen musste, um nicht zu guter Letzt doch noch entdeckt zu werden.
Bevor sie ihren Blick endgültig losreißen konnte, sah sie Peader, der sie tagelang mit finsterer Miene bewacht hatte. Dicht an seiner Seite befand sich ein wunderschönes junges Mädchen, dessen Haar im Feuerschein geheimnisvoll glänzte. An der Art, wie die beiden miteinander umgingen, schloss Joan, dass es sich dabei um Màiris jüngere Schwester Darla handeln musste. Auch sie hatte viel Ähnlichkeit mit ihrer
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