Im Bann Des Jaegers
Schwangeren ganz zu schweigen.
»Ich habe sie dabei beobachtet. Es ist kein schöner Anblick«, antwortete sie und reckte ihr Kinn noch etwas höher.
Nun gut. Vielleicht waren schwangere Frauen nicht vernünftig. Es war ja schließlich nicht so, als hätte er jemals mit einer Frau zu tun gehabt, die jeden Moment ein Kind bekommen konnte. Es konnte sein, dass sie alle übergeschnappt waren. Und ihn verließ auch schlagartig jeder gesunde Menschenverstand. Er hätte sie übers Knie legen und ihr eine Lektion erteilen sollen, vor allem, da sie die Kühnheit besessen hatte, ihn mit einer Pistole zu bedrohen, doch stattdessen wollte er einen Kuss auf dieses hochgereckte kleine Kinn drücken.
»Rose.« Er benutzte seinen sachlichsten und vernünftigsten Tonfall. »Wenn ich den Peilsender wegwerfe und etwas schiefgeht, wird uns niemand hier rausholen.«
»Ich bin es gewohnt, mich auf mich selbst zu verlassen. Mach dir keine Sorgen. Du brauchst dich auch nicht zu fürchten, denn ich kann auf uns beide aufpassen. Ich weiß, dass du dich mit diesem Team von großen, bösen Jungs umgibst … «
Sie ließ den Satz abreißen, als er einen Schritt auf sie zuging, und das spöttische Lachen wich aus ihren Augen. Ihm fiel auf, dass eine ihrer Hände in ihre Jacke glitt und ihre Finger sich um den Griff ihres Messers legten.
»Verdirb es dir mit mir nicht noch mehr, als du es ohnehin schon getan hast«, fauchte er, riss den rettenden Peilsender aus dem Futter seines Hemdes und warf ihn in die Schlucht. »Und jetzt lass uns schleunigst von hier verschwinden.«
»Du hast keinen eingepflanzten Peilsender in deinem Körper?«
Er bedachte sie mit seinem finstersten Blick und stand diesmal wirklich kurz davor, die Geduld mit ihr zu verlieren. »Du wirst mir notgedrungen vertrauen müssen.«
Rose besaß den Anstand, beschämt zu wirken. Sie wandte sich ab und machte sich mit erhobenem Kopf und zuversichtlicher Körperhaltung auf den Weg durch die Nacht. Sie entfernten sich, soweit er das sehen konnte, von jeder Straße. Er folgte ihr wortlos, bis er den Kamm der ersten Wanderdüne erreicht hatte. Dort wandte er sich um und hob eine Hand zum Himmel.
Es war unglaublich schwierig, Luft in Bewegung zu versetzen, wenn kaum ein Windhauch wehte, den man »anschieben« konnte, aber er hatte es schon das eine oder andere Mal getan. Rose hatte es von den Gesprächen her in Erinnerung, die sie in ihrem kleinen Zimmer geführt hatten, ihrer Gefängniszelle.
Der Wind erfasste die Sandkörner und füllte mit ihnen ihre Fußstapfen und die Stellen, an denen sie beide aufgetroffen waren und sich herumgerollt hatten. Kane ließ sich Zeit, um gründliche Arbeit zu leisten. Die Reifenspuren wurden stellenweise verwischt, aber alle Welt würde sicherlich den Eindruck haben, sie seien mit der Limousine in die Schlucht gestürzt. Wenn jemand die Leichen bergen wollte – und er war sicher, dass es dazu kommen würde – , würde ihre List durchschaut werden, doch bis dahin würde es zu spät sein.
Er drehte den Kopf um und sah die Frau an, die sein Baby austrug. Sie war weitergelaufen und verließ sich darauf, dass er seine Aufgabe erledigte. Das gab ihm eine gewisse Genugtuung. Sie wollte ihn nicht, aber sie brauchte ihn. Er lief etwas schneller, um sie einzuholen, und ihre kürzeren Schritte erleichterten es ihm. Ab und zu ließ er die Luft über ihre Fußspuren streichen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.
Rose schritt anfangs forsch und mit durchgedrücktem Rückgrat aus, doch nach der ersten Meile verringerte sie das Tempo und sah sich nach ihm um. »Das mit der Waffe tut mir leid, Kane. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun können.«
Es tat ihm in der Seele weh. Trotzdem sollte sie der Teufel holen. Sie machte ihn ganz konfus, und er schwebte ernsthaft in Gefahr, ihr die weibliche Zerbrechlichkeit von neuem abzukaufen. Er hielt es für das Beste, sie nicht anzusehen. Stattdessen musterte er die Umgebung. Rose war nicht besonders gut in Form; er konnte hören, dass sie wieder schwerer atmete. Unter dem Vorwand, sich ebenfalls umzusehen, blieb sie stehen, doch ihm war klar, dass sie sich ausruhen musste. Er machte keine Bemerkung darüber, dass ihre körperliche Fitness zu wünschen übrigließ, denn schließlich war sie schwanger. Aber Schwangere konnten doch gewiss eine Meile laufen, ohne schwer zu atmen.
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu, der ihm selbst im Dunkeln nicht verborgen bleiben konnte, und atmete zweimal tief ein und
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