Im Bann des Maya-Kalenders
hineininterpretieren wolle, würde diese in 8077 Jahren auslaufen, nach unserer Zeitrechnung also im Jahr 10.086.
Die Maya kannten kein Ende der Welt
David Stuart, Experte für Maya-Inschriften der Universität von Texas, teilt die Erkenntnis von Grube: »Die Maya sprachen nie davon, dass die Welt zu Ende gehen würde, sie sagten nie, dass notwendigerweise irgendetwas Schlimmes geschehen würde. Sie halten auf Monument Six lediglich diesen künftigen Jahrestag fest.« Monument Six ist die Inschrift, die die Jahreszahl 2012 enthält. Sie wurde in den 1960er-Jahren beim Bau einer Autobahn im Süden von Mexiko entdeckt.
Dass die Maya die Zeit nicht als endlich interpretierten, veranschaulicht Grube mit den Worten: »Es gibt viele Kalender und
viele Zyklen.« Die Zyklen seien zum Teil enorm lang, nämlich 13 mal 20 hoch 21. Das ergibt eine Anzahl Jahre mit 29 Stellen. »Mit solchen Zahlen haben die Maya operiert auf der Suche nach dem Ursprung der Zeit und des Universums«, sagt Grube. »Und das mit ihren Steinzeitmethoden.« Sie rechneten also Milliarden von Jahren in die Vergangenheit zurück, um zu erforschen, ob es einen Anfang gab. »Ich glaube wirklich, dass die Maya eine Vorstellung hatten von Ewigkeit«, folgert Grube.
Also glaubten die Maya auch nicht an ein Ende? »Wenn ein Kalenderzyklus endet, ist immer ein größerer Zyklus da, der weiterläuft.« Grube verdeutlicht es mit einem Bild: »Die Kalender sind Räderwerke, die sich ewig drehen mit Zacken, die markiert sind. Aber es gibt keine Stunde-Null-Zacke.« Darauf deutet auch die Vorstellung hin, dass es mehrere Schöpfungen geben soll. Ursprünglich waren die Vorfahren der Menschen in ihren Augen aus Holz, in einer späteren Schöpfung aus Ton, dann aus Fleisch. Diese Wesen konnten aber nicht reden, es waren laut Grube Affen.
Das Weltbild der Maya war auch von astrologischen Abläufen geprägt. Für sie hatten Sonne, Mond, Planeten und Fixsterne einen direkten Einfluss auf das Leben des Einzelnen und die Gemeinschaft. Sie wollten die Himmelszyklen zeitlich berechnen, um die wiederkehrenden Ereignisse vorhersehen zu können. Sie glaubten auch, dass alle Tage von den Göttern beeinflusst würden. Mit ihren erstaunlichen mathematischen und astrologischen Kenntnissen wollten sie die zyklischen Himmelsphänomene ergründen und damit die Kontrolle über die Zeit gewinnen.
Das Interesse der Maya, den Sternenhimmel zu beobachten, hatte also vorwiegend einen religiösen Charakter. Für sie war entscheidend, die wichtigen Dinge zur rechten Zeit zu tun. Sie bestimmten anhand der Konstellationen die günstigen Tage für Hochzeiten, Ernte, Opferrituale und andere bedeutende Entscheidungen, ähnlich wie bei der Astrologie. Einfluss hatten also
die Kalenderzyklen, die Planetenkonstellationen und die Götter. Somit gab es unzählige Kombinationsmöglichkeiten. Die Maya bildeten Kalenderpriester aus, denen es vorbehalten war, die komplexen »Berechnungen« anzustellen.
Grundlage für exakte Prognosen waren also genaue Kalender. Zumindest dieser Bereich lag in ihren Händen. Um die in ihren Augen zyklischen Abläufe der Zeit zu bestimmen, beobachteten sie den Nachthimmel und berechneten die Bahnen der Himmelskörper. Ihre astrologischen Beobachtungen bestimmten die Planung der Städte, Pyramiden und Opferplätze. Die bedeutenden Bauten waren eigentlich Kalender, an ihnen konnten die wichtigen Tage des Jahres abgelesen werden: Die Sonnenwenden (21. Juni und 21. Dezember), die Tag- und Nachtgleichen (21. März und 23. September) sowie die Horizont- respektive Zenitdurchgänge bestimmter Sterne und Sternenbilder. So konnten die Maya beispielsweise vom Schneckenturm in Chichén Itzá auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán den Sonnenuntergang am Frühlings- und Herbstanfang nach einem ausgeklügelten System sowie den nördlichsten und südlichsten Stand der Venus beobachten. Die Beschreibung des Venusumlaufs stellte eine große intellektuelle Leistung dar.
Die Kalender der Maya
Der Maya-Kalender besteht aus einem komplizierten zyklischen System, das in verschiedene, wiederkehrende Zeitalter unterteilt ist. Die komplexe Zeitrechnung erlaubte es den Maya, Berechnungen über große Zeitspannen in die Zukunft anzustellen. Die rund 20 Maya-Kalender lassen sich nur schwer auf unseren linearen gregorianischen Kalender übertragen. Die komplizierte Korrelation beschäftigt die Maya-Forscher bis heute. Zwar sind sich die meisten bei der Umrechnung einig, doch einzelne Experten
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