Im Bann des Maya-Kalenders
des Judentums und des Christentums nicht den religiösen Traditionen und der geistigen Entwicklung in Europa entsprechen. Für ihn und die Neuheiden stammen die abendländischen Werte aus einem fremden Kulturraum. Bei der Verklärung völkischer Ideen wird auch Gott ins Spiel gebracht. Der Politologe fordert, die Völker müssten ihren Gott innerhalb der eigenen geschichtlichen und mystischen Traditionen
suchen. Die abendländischen Wertvorstellungen enthalten für Benoist und seine Gesinnungsgenossen ein selbstzerstörerisches Potential. Die Dekadenzerscheinungen der modernen Zivilisation sind für die Neuen Rechten eine direkte Folge des jüdischchristliches Erbes. Europa ist ihrer Ansicht nach aus dem Nahen Osten kulturell und religiös kolonisiert worden. Die Neuen Heiden haben diese völkischen, rassistischen und biologistischen Ideen weitgehend übernommen.
Die neuheidnischen Vordenker holen ihren Gott auf diese Welt und machen sich zu einem integrierten Teil der göttlichen Ordnung. Das neue Heidentum kennt keine Trennung zwischen Gott und der Welt, die beiden Aspekte bedingen und durchdringen sich angeblich gegenseitig. Daraus ergibt sich der unbestreitbare Missionsvorteil, dass man verunsicherte Menschen mit der Vorstellung blenden kann, sie könnten mit mystischen Ritualen eine göttliche Stufe erreichen. Die Unterwerfung unter einen christlichen Gott und der Glaube an transzendentale Ideen sind für die Neuen Heiden entwürdigend, weil sie der »göttlichen« Seele des Menschen nicht gerecht würden. In einer Zeit des Machbarkeitswahns und der Desorientierung ist die Aussicht auf das göttliche Potential im Individuum für viele Leute Balsam. Die Götter der Neuen Heiden sind die besseren Menschen, die ihre göttliche Kraft zur Entfaltung bringen konnten.
Mystische Konzepte mit totalitärer Stoßrichtung
Letztlich führen die völkischen Ideen, die sowohl für die religiösen wie die politischen Zielsetzungen wegweisend sein sollen, direkt in eine totalitäre Ideologie. Solche Botschaften vernehmen die Neuheiden in Deutschland vom akademisch gebildeten Politologen und »unverdächtigen Ausländer« Benoist mit großer Befriedigung. Ideologisch gestärkt und vom wachsenden Fremdenhass beflügelt, propagieren sie die altgermanische Naturreligion,
auch wenn sie sich dabei dem Verdacht aussetzen, nationalistische oder gar nationalsozialistische Gespenster zu wecken.
Zwar packen die »neuen Germanen« ihr Heidentum sprachlich in intellektuelle Wendungen, wer die Ideologie aber auf den Inhalt hin abklopft, findet bekannte braune Wurzeln. Es überrascht deshalb nicht, dass die Neuen Heiden das Christentum mit dem Argument, eine »jüdische Religion« zu sein, abzuwerten versuchen, denn Jesus und die Urchristen waren jüdischen Ursprungs. Sie übernehmen damit über weite Teile die rassistischen Vorurteile der Neuen Rechten.
Zu den Neuen Heiden zählen heute aber nicht nur die Anhänger der germanischen Naturreligionen und völkischen Bewegungen, auch viele Okkultisten, radikale Esoteriker, Schamanen und »feministische Hexen« bezeichnen sich als Neuheiden. Allein schon diese bunte Palette von »Gläubigen« zeigt, dass ein diffuser Mystizismus das verbindende Element dieser Gruppen ist. Sie finden sich zusammen im Glauben an das Göttliche im Menschen, an die völkische Selbstbestimmung, an die Überlegenheit der arischen Rasse und in der Romantisierung des Naturhaften.
Die Neuheiden pflegen in der Regel germanische oder arische Kulte. In mystischer Verblendung verklären sie die Naturverbundenheit der Kelten und Germanen und beanspruchen das geistige Erbe der »Naturvölker«. Obwohl es nur wenige gesicherte Informationen über die Spiritualität der Germanen gibt, glauben die Neuen Heiden, ihre Riten und mystischen Geheimnisse zu kennen. Ihr Wissen und die übersinnlichen Ideen beziehen die Neo-Germanen unter anderem von den beiden Eddas, den isländischen Schriften des Mittelalters.
Wie die New-Age-Anhänger glauben auch die Neuen Heiden in apokalyptischer Manier, dass bald ein neues Zeitalter anbrechen werde oder schon angebrochen sei. Die Astrologie spielt dabei eine wichtige Rolle. Die gegenwärtigen sozialen und politischen Krisen und die drohenden Endzeit-Katastrophen wollen
die Germanen-Gläubigen mit Hilfe ökologischer Befreiungsstrategien und spirituellem Wachstum bannen.
Die Neuen Heiden sehen im Christentum die Wurzeln für das gegenwärtige Chaos in fast allen Lebensbereichen. Als
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