Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)
Zukunft abhängig macht. Heißt das, Sonja wird gar nicht von eurer komischen Göttin beschützt? Sie ist gar nicht wichtig für eure Pläne? Und heißt das, sie ist in Gefahr?«
»Doch, sie wird beschützt«, erwiderte Ben. »Du vergisst Nachtfrost. Es scheint einen Plan zu geben – aber ich glaube, es ist nicht der Plan, den Asarié meint. Ich frage mich …« Er verstummte.
»Was?«, fragte Philipp.
Ben schüttelte den Kopf. »Nur ein Gedanke. Du solltest dir jetzt übrigens eine gute Geschichte für eure Eltern ausdenken. Ich bringe dir das Telefon.«
»Na toll«, stöhnte Philipp.
W
olfsblut
Drei Tage lang ritten Sonja, Melanie, Darian, Elri und Lorin nach Norden. Es war nicht unbedingt ein Gewaltritt, denn sie wurden ja nicht verfolgt, aber anstrengend war es trotzdem, vor allem für Sonja und Melanie, die nicht daran gewöhnt waren, bei Schnee, Hagel, Frost und Kälte von morgens bis abends auf einem Pferderücken zu sitzen. Am zweiten Abend waren sie beide wund geritten und hinkten am Lagerplatz herum wie achtzigjährige Omas. Lorin kramte in seiner Tasche und holte einen kleinen Holztiegel mit einer Salbe heraus, die er Sonja in die Hand drückte. »Reibt euch damit ein«, sagte er. »Dann geht es besser.«
Schamhaft versteckten sie sich hinter ein paar großen Felsen und rieben die wunden Stellen ein. Und Lorin hatte tatsächlich recht: eine Viertelstunde später waren die Schmerzen verschwunden, die roten Stellen verheilt.
»Was ist das für ein Zeug?«, fragte Melanie begeistert. »Damit könntest du bei uns richtig reich werden!«
Aber Lorin schaute sie nur skeptisch an. »Reich? Es ist nur Birjakfett mit ein paar magischen Kräutern. In eurer Welt wirken sie wahrscheinlich gar nicht.«
»Man müsste es mal ausprobieren«, meinte Melanie.
Aber Sonja schüttelte den Kopf. »Keine gute Idee, glaube ich. Je weniger unsere Welt über Parva weiß, desto besser – es würde alles furchtbar kompliziert.«
»Hm«, machte Melanie. »Vielleicht hast du recht.« Sie ki c herte. »Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Nachtfrost einen Wissenschaftler nach dem anderen über die Nebelbrücke trägt.«
Keinen einzigen , meinte Nachtfrost gelassen und hob nicht einmal das Maul aus dem Schnee.
Jeden Abend flammten die blauen Lichter auf den Bergkuppen auf. In der zweiten Nacht waren sie durch den treibenden Schnee kaum zu sehen, nur hin und wie der schimmerte ein blauer Schein in der Ferne. Die dritte Nacht war wieder sternklar und brachte bittere Kälte. Sonja hatte eigentlich gehofft, Melanie den Mond zeigen zu können, der mindestens doppelt so groß war wieder zu Hause, aber kein Mond ließ sich blicken.
Die Kinder schlugen ihr Zelt in einer windgeschützten Mulde auf und kuschelten sich eng aneinander. Sonja und Melanie fingen an, sich nach einer heißen Dusche oder einem stundenlangen Bad zu sehnen, aber die parvanischen Kinder lachten nur.
»Hier kann es noch Wochen dauern, bevor wir in einem Bach baden können«, sagte Elri. »Und der ist dann bestimmt nicht heiß.«
»Eher kalt«, ergänzte Darian. »Eiskalt, sozusagen. Er führt nämlich dann das Schmelzwasser aus den Bergen.«
»Das will ich gar nicht wissen«, stöhnte Melanie, und sie lachten.
In dieser Nacht wachte Sonja von einem Geräusch auf. Sie wusste erst nicht, was es war. Schlaftrunken lag sie da, lauschte den Atemzügen der anderen und wartete. Endlich hörte sie es noch einmal: das ferne, wilde Heulen eines Wolfes.
Ob das Veleria war? Sie hatte die Anführerin der Tesca nur ein einziges Mal gesehen, aber die Ruhe und Weisheit der a lten Frau hatten sie tief beeindruckt – noch mehr als Asariés kühler, scharfer Verstand oder Gannas Freundlichkeit. Veleria war eine der wichtigsten Figuren in diesem seltsamen Spiel um Macht und Überleben, das spürte Sonja genau. Es gab niemanden, den sie so gerne wiedersehen wollte. Sie hatte so viele Fragen: über das Amulett, über Darians Eltern, den Spürer, Nachtfrost, die Quan … und sie wusste, dass Veleria die meisten davon beantworten konnte.
Vielleicht auch Ben. Er wusste irgendetwas, das er ihr nicht gesagt hatte, davon war sie überzeugt.
Diese blöden Erwachsenen! Nachtfrost hatte Sonja auserwählt, sie hatte das Amulett gefunden, aber trotzdem sagten sie ihr immer nur gerade das Nötigste und schickten sie herum: Wecke die Alten Völker, suche Darian, jag den Quan das Amulett wieder ab, tu dies, tu das … aber wozu das alles gut sein sollte, sagten sie ihr nicht. Ganz
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