Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Titel: Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
Vom Netzwerk:
Ihre langen blonden Haare fielen ihr über das Gesicht.
    Hatte er Fieber? Seine Brust schmerzte noch immer, aber sein Kopf war klar. Aber das konnte doch nicht seine Schwester Corinna sein, die da stand und heulte. Corinna weinte nie; sie warf höchstens den Kopf zurück und machte eine spöttische Bemerkung … aber nun stand sie da. Und das Schluchzen war keine Einbildung.
    »Corinna«, flüsterte er. »Was ist los?«
    Sie zuckte heftig zusammen. »Nichts – ich meine – ich bin nur so froh, dass du kein Monster bist –«
    »Wie bitte?« Er setzte sich auf. »Was ist denn mit dir los?«
    »S-sonja«, flüsterte sie, und Philipp begriff, dass seine Probleme gerade erst angefangen hatten.
    »Steh nicht da rum«, sagte er und zog die Beine an. »Setz dich her!«
    Corinna kam zu ihm, kauerte sich ans andere Ende des Bettes und steckte die kalten Füße unter die Decke.
    » Also, was ist mit Sonja?«, fragte Philipp.
    »Als sie ins Bett ging, ist sie am Flurspiegel vorbeigegangen«, sagte Corinna stockend. »Irgendwas kam mir komisch vor, aber ich wusste nicht, was es war. Als sie schlief, bin ich in ihr Zimmer gegangen …«
    »Und?« Philipp hoffte, dass er so uninteressiert und genervt klang, wie ein aus dem Schlaf gerissener großer Bruder zu klingen hatte, aber sein Herz klopfte bis zum Hals.
    Wechselbalg.
    Monster?
    »Sie sieht ganz normal aus. Aber –«
    Zischend stieß er den angehaltenen Atem aus. »Connie, wenn du mich und meine gebrochene Rippe geweckt hast, um mir zu erzählen, dass Sonja ganz normal aussieht –«
    »Hör mir doch zu! Ich habe mir den Schminkspiegel aus dem Bad geholt und sie mir darin angeguckt, weil ich dachte, vielleicht war es bloß ein Trick im Spiegelbild! Und sie – sie – Philipp, das ist nicht Sonja! Sie sieht völlig anders aus!«
    »Na und? Wenn du eine Stunde vor dem Schminkspiegel verbringst, siehst du auch anders aus.«
    Wütend funkelte sie ihn an. »Verdammt, Philipp, ich meine es ernst!«
    »Tolle Arbeit, Asarié«, dachte er erbittert. »Deine Taschenspielertricks können Familie Berger nicht mal eine Nacht lang täuschen. Verdammt, was mache ich jetzt?«
    »Ich auch«, sagte er mit leicht belegter Stimme. »Natürlich ist es Sonja! Du hast schlecht geträumt, das war alles.«
    »Red nicht mit mir wie mit einem Kleinkind!« Da kam eine Spur der üblichen Corinna durch. Empört funkelte sie ihn an. »Ich war ja noch nicht mal im Bett!«
    » Connie, wer soll es denn sonst sein? Melanie vielleicht?«
    Wütend funkelte sie ihn an, dann schwang sie ihre Füße aus dem Bett, stand auf, packte seine Hand und zog daran. »Los, komm mit. Schau sie dir selbst an! Dann siehst du, dass ich nicht spinne!«
    Es fühlte sich an, als ob die Krallenspuren der Länge nach aufrissen. »Au!«
    Sofort ließ sie seine Hand los. »Sorry. Tut mir leid! Aber nun komm schon!«
    Er hatte keine Wahl. Während er aufstand und leise hinter ihr her durch den Flur ging, überlegte er fieberhaft, was er sagen sollte. Behaupten, Sonja sähe im Spiegel genauso aus wie in Wirklichkeit? Andererseits beunruhigte ihn Corinnas Verhalten immer mehr. Was zeigte dieser Spiegel? Was hatte er seiner ahnungslosen Familie da ins Haus gebracht?
    Lautlos öffnete Corinna die Tür zu Sonjas Zimmer, und sie spähten hinein.
    Das Zimmer war unordentlich wie immer, mit Kleidungsstücken, Büchern und Spielsachen großzügig übersät. Statt aufzuräumen, war es in den Zimmern der jüngeren Berger-Kinder üblich, Gänge von der Tür zum Bett und vom Bett zum Schreibtisch freizuhalten. Einmal im Monat wurde der gesamte Krempel zu einem Haufen zusammengeschoben und in stundenlanger Arbeit sortiert. Sonjas Aufräumtag lag drei Tage zurück und war schon fast vergessen. Ein Gang führte gerade zum Bett, wie ein Pfeil. »Sonja zwei« lag auf dem Rücken im Bett und schlief fest.
    »Sie sieht doch ganz normal aus«, wisperte Philipp.
    Wortlos hielt Corinna ihm den Spiegel hin.
    Er zögerte und nahm ihn. Um das Spiegelbild einfangen zu können, musste er ein paar Schritte in den Raum hin e ingehen. Corinna beobachtete ihn. Er hob den Spiegel und drehte ihn langsam, bis er das Gesicht des schlafenden Mädchens einfing, das nicht seine Schwester war.
    Wechselbalg .
    Was für ein hässliches Wort.
    Er dachte an Sonjas Bericht vom Anfang dieser seltsamen Geschichte. Nachtfrost hatte wie ein ganz gewöhnliches graues Pferd ausgesehen – doch im Spiegelbild der Terrassentür von Frickels Waldhof hatte sie gesehen, was er wirklich

Weitere Kostenlose Bücher