Im Bann des Omphalos
wieder von Ulate.« Chalom ging im Zimmer hin und her, dann blieb er neben dem Ekal stehen. »Seine Besatzung bestand aus vier Männern. Einer davon war ein Telepath von Eem, mit hoher Empfänglichkeit, der in ununterbrochener Verbindung mit einem weiteren Telepathen auf einem anderen Schiff blieb. Dieser zweite Mutant verfiel dem Wahnsinn. Auch dieses Schiff verschwand.«
So wie immer weitere verschwinden werden, dachte Carodyne, solange die menschliche Rasse unter dem Fluch der Neugier leidet.
Ruhig sagte er: »In den Dörfern von Pholon erzählt man sich von einem Stamm, der den Mond fangen wollte. Sie konnten ihn ganz deutlich auf der Oberfläche eines klaren Sees treiben sehen. Das Wasser war sehr tief, aber die Menschen des Stammes waren nicht abzuhalten. Viele ertranken, doch sie versuchten es wieder und wieder. Der Stamm ist längst ausgestorben, und der Mond spiegelt sich immer noch im See.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte der Ekal scharf.
»Daß der Mensch gut daran täte, seine Grenzen zu erkennen. Sieben Expeditionen versuchten das Geheimnis des Omphalos zu lösen. Wieviel weitere müssen verschwinden, ehe Sie aufgeben?«
»Sagte ich denn überhaupt, daß ich es versuchte?«
»Soll das heißen, daß Sie es nicht tun?«
»Nein«, antwortete Tagh schwer, »das heißt es nicht.« Er tastete nach einem Sessel und ließ sich hineinfallen. Er spürte plötzlich die Last seiner Jahre doppelt. Dumpf murmelte er: »Zweierlei sagten wir Ihnen noch nicht. Das eine ist, daß mein Sohn das Schiff von Kotan befehligte.«
»Und das andere?«
»Meine Welt befindet sich in Gefahr.«
Chalom trat wieder an den Schreibtisch und drückte die Hände auf die Karte. »Sehen Sie her«, forderte er Mark auf. »Kümmern Sie sich nicht um die Formeln, sondern schauen Sie sich nur den Weg an, den ich eingetragen habe. Hier ist Krait, da Natush, dort Gromol und hier …« Sein Finger hob sich und deutete. »… ist Kotan. Ich habe meine Berechnungen dutzendmal überprüft. Es besteht kein Zweifel: Kotan liegt im Pfad des Omphalos. Von der galaktischen Strömung getragen, treibt der Planet darauf zu. Wenn nichts dagegen unternommen werden kann, wird diese Welt den Schiffen ins Nichts folgen. Verstehen Sie jetzt, weshalb wir nicht aufgeben dürfen.«
»Sie, ja«, erwiderte Carodyne, »doch ich habe nichts damit zu tun. Mein Lord, was erwarten Sie von mir?«
Es war spät, als Mark den Ekal verließ. Im Touristenheim hatten sich alle zu Bett begeben, doch nicht alle schliefen. Carodyne spürte beim Eintreten, daß sie sich in seinem Zimmer befand. Sie kam auf ihn zu und schmiegte sich an ihn.
Ruhig sagte er: »Sie können zu schauspielern aufhören, Shara. Es ist nicht nötig.«
Sie machte einen Schritt zurück. »Sie wissen Bescheid?«
»Es war zu offensichtlich. Sie stellten zu viele Fragen und Sie kannten Nev Chalom. Es war unvorsichtig von Ihnen, ihn zu erwähnen. Wollten Sie meine Neugier erregen? Den Weg ein wenig ebnen?«
»Ich bin froh, daß Sie Bescheid wissen«, sagte sie. »Ich arbeite für den Ekal. Es begann als Job, an den mich persönliches Interesse band. Und nun ist es noch ein wenig mehr als das. Es war nicht gespielt, als ich Sie mit meinem Körper verlocken wollte. Ich tat es, weil ich das Verlangen danach hatte. So, jetzt wissen Sie, was ich für Sie empfinde. Wenn Sie mich hinauswerfen wollen, kann ich es nicht ändern, doch etwas möchte ich zuvor gern noch wissen. Sind Sie auf das Angebot des Ekals eingegangen?«
»Ich bin ein Spieler«, antwortete er tonlos. »Kein Selbstmordkandidat. Sie wissen, was Tagh Altin beabsichtigt. Er will das Omphalos erforschen und möchte, daß ich ihm dabei helfe. Sieben bekannte Mißerfolge, und er will es wieder versuchen. Er muß besessen sein.«
»Nein«, verbesserte sie. »Verzweifelt. Er kam auf den Krait in der Suche nach einer ganz bestimmten Art von Mann, und er fand ihn – Sie. Er schickt niemanden in den Tod. Chalom hätte es Ihnen erklären sollen. Das Schiff versucht nicht, in das Omphalos zu dringen, sondern bleibt außerhalb, an seinem Rand. Es gibt einen Punkt dicht an der Barriere, wo die Energien sich vermischen müssen. Ein geschickter Mann könnte eine kleine Sonde nahe heranlenken, ihr folgen und Aufzeichnungen machen, die sich auswerten ließen. Wer ist dazu besser geeignet als der Pilot eines Seglers. Aber das wissen Sie sicher. Sie müssen es Ihnen erklärt haben.«
»Das haben sie.«
»Und?«
»Trinken wir auf den Zufall!«
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