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Im Bann des Omphalos

Im Bann des Omphalos

Titel: Im Bann des Omphalos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. C. Tubb
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paar Lanzen ausstreckten und durch die Gitterstäbe nach den Gefangenen stocherten. Hostig fluchte, als eine Spitze seine Brust ritzte. Er packte den Schaft, trat zur Seite, und zog daran. Der Wächter prallte heftig gegen das Gitter, ließ jedoch die Waffe nicht los. Seine Kameraden stießen sofort mit ihren Lanzen nach dem Gesicht des Nordmanns und zwangen ihn, den Schaft freizugeben und zurückzuhüpfen, um seine Augen zu retten.
    Eine Stimme stieß einen Befehl hervor. Die Wachen zogen ihre Lanzen zurück und machten vor der Zelle Platz. Hochaufgerichteten Hauptes schritt Albasar zur Gittertür, aber sein Gesicht verriet Erschöpfung. Er trug noch seine silberbestickte schwarze Robe und seinen Schmuck. Taneft mit seiner Federkappe trat neben ihn.
    »Hier wirst du warten, Zauberer! Versuche, ob Marash die Kraft hat, dich zu retten.«
    »Vielleicht hat sie sie«, antwortete Albasar ruhig. »Genieße dein Leben, solange du es noch kannst, Taneft. Selbst der Hohepriester Kanins vermag seinem Geschick und der Vergeltung nicht zu entgehen, die die Zukunft bringt.«
    »Du redest wie ein Narr. Falsch angewandte Zauber verwirrten dir den Verstand. Hinein in die Zelle mit dir!«
    Majestätisch in seiner Würde trat Albasar in die Zelle und blieb reglos stehen, als die Tür hinter ihm zuschlug und die Wachen zurückmarschierten. Erst als die von diesem Punkt aus nicht sichtbare Tür zuschlug, entspannte er sich.
    »Eine schlimme Stunde bringt uns wieder zusammen«, sagte er. »Möge Marash uns vor weiteren Schändlichkeiten bewahren.«
    »Sie haben Euch gefangen!« staunte Hostig. »Wie? Eure Zauberkraft …«
    »War nicht mächtig genug, mich vor den verderbten Priestern Kanins zu schützen.« Albasar lehnte sich müde an eine Wand. »Ihr Gott muß ihnen sehr nahe sein, daß sie solche Macht haben. Ich hatte mich in Dunkelheit gehüllt, verstärkt durch unsichtbar machenden Zauber, der jeder normalen Magie standgehalten hätte, aber es war, als stünde ich ungeschützt im prallen Sonnenschein.« Er blickte die drei Männer fragend an. »Wo sind die anderen?«
    »Tot.« Seyhat rieb seinen Fuß am Stroh. »Durch gefrierende Kälte gemordet.«
    »Ich sah es«, gestand der Zauberer. »Aber ich hatte gehofft, andere hätten überlebt. Doch vielleicht starben sie nicht umsonst. Großer Zauber verlangt einen hohen Preis, und Kanin ist ein habgieriger, verschlagener Gott. Es könnte leicht sein, daß der Einsatz höher steigt, als die Priester mithalten können.«
    Carodyne runzelte die Stirn, denn er verstand nicht, was Albasar meinte. »Kann Eure Zauberkraft uns aus dieser Zelle befreien?« fragte er.
    »Nein. Die Gitterstäbe sind aus Eisen, das mit starker Magie behaftet ist.«
    Dann blieb ihnen also nichts übrig als abzuwarten. Carodyne setzte sich wieder, lehnte den Rücken an die Wand und bemühte sich, das Wimmern des Mannes im Käfig zu ignorieren. Ein kleiner Spaß der Königin, dachte er, um zu zeigen, was uns bevorsteht.
    »Eine bildschöne Frau, die Herrscherin«, sagte Seyhat beiläufig. »Wie kann jemand von dieser Schönheit so ruchlos sein?«
    »Sie ist vermutlich besessen«, polterte Hostig. »Ein Dämon der Finsternis muß ihren Geist und Körper übernommen haben und sie als seine Instrumente benutzen. Wenn wir im Norden auf jemanden wie sie stoßen, reinigen wir sie mit Feuer.«
    Carodyne blickte den Zauberer an. »Haltet Ihr das für möglich? Ihr habt sie doch gekannt, als sie jung war. War sie immer so wie jetzt?«
    »Nein«, antwortete Albasar nachdenklich. »Als sehr junges Mädchen war sie sanft und lieblich wie eine Blume. In jenen Tagen wurde Marash im Tempel verehrt, und Kanin war nichts als eine unbedeutende Gottheit. Als der alte König starb, kam Feya auf den Thron. Bald danach schien Iztima sich zu verändern. Der Kaninkult wuchs an Macht, Intrigen waren am Hof an der Tagesordnung, ein Aufruhr fegte Feya vom Thron, und Iztima herrschte an seiner Statt. Marash wurde aus dem Tempel vertrieben, und der Altar Kanins nahm den Platz der Flamme der Reinheit ein.«
    »Eine rein geschichtliche Darstellung«, sagte Carodyne. »Trug sich zu jener Zeit noch etwas anderes zu? Vor der Rebellion, meine ich? Oder etwa um diese Zeit?«
    Albasar zuckte die Schultern. »Meine Pflichten Marash gegenüber beschäftigten mich, und so hatte ich keine Zeit für all die, wie ich glaubte, unbedeutenden Geschehnisse auf dem Hof. Auch benötigte der König meine Dienste als Ratgeber und Zauberer, um das Land zu beschützen.

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