Im Bann des Omphalos
seine Arme sinken. Wilde Befriedigung funkelte aus seinen Augen. »Es ist vollbracht, meine Lady.« Dann wandte er sich an Mark: »Überzeugt Euch der Macht Kanins!«
Carodyne stellte fest, daß er sich ein wenig bewegen konnte. Vor dem Palast lagen Söldner und Verteidiger reglos in wirren Haufen durcheinander. Dicker Frost bedeckte sie wie ein Leichentuch.
»Ihr seid geschlagen«, sagte die Königin. »Euer törichter Angriff auf die Stadt mißlang. Alle Eure Männer sind tot, außer jenen, die neben Euch stehen. Und bald werdet auch Ihr sterben. Denkt daran, solange Euch noch die Zeit dazu gegeben ist.«
13.
Es roch nach Schweiß, Rauch und Urin. Carodyne erhob sich von dem stinkenden Stroh und durchquerte die Zelle zu den dicken Gitterstäben, die vom Boden bis zur Decke reichten. Dahinter lag ein größerer Raum mit einem grobgezimmerten Tisch, auf dem sich eine Kanne und Becher aus Steingut befanden. Eine Bank stand neben dem Tisch. Brennende Dochte schwammen in Schalen mit ranzigem Öl und spendeten ein wenig Licht, in dem Mark einen Käfig sehen konnte, der hoch an der Wand befestigt war. In ihm schlug ein Gefangener sinnlos um sich und wimmerte in schrecklicher Qual.
Welch angenehmer Ort, dachte Carodyne grimmig. Wie die anderen war er nackt in die Zelle geworfen worden, und während seine Kameraden schliefen, hatte er nachgegrübelt. Die Demonstration von Magie hatte ihn verwirrt. Bis jetzt war er immer der Ansicht gewesen, Zauberei sei lediglich eine Sache verschiedener Terminologie, aber ganz offensichtlich war es doch mehr als das. Eine Beherrschung natürlicher Kräfte durch ihm unbekannte Mittel, vielleicht? Oder möglicherweise waren die Naturgesetze dieser Welt anderer Art als in seinem Universum. Hier, jedenfalls, gab es Zauber und Beschwörungen, die tatsächlich funktionierten, und Götter, die mehr als nur Namen und Abbilder waren.
Ein Energieschirm hätte die Palasttür verbarrikadieren können, ein Pulver die Lähmung herbeiführen. Aber was hatte diese extreme Kälte verursacht? Flüssiggas, Helium, beispielsweise, hätte die Männer erfrieren lassen können, doch der stämmige Mann hatte keinerlei Apparaturen benutzt, nur Arme und Stimme. Eine weitere Eigenschaft des Omphalos, dachte er düster. Wie viele sonstige gab es noch?
Er studierte die Gitterstäbe. Sie waren fest in den Stein eingelassen. Das Schloß war einfach, doch ohne irgendwelche Hilfsmittel unmöglich zu öffnen.
Hostig erwachte. Aufbrüllend hieb er mit der Faust ins Stroh und zerquetschte etwas unter der mächtigen Pranke. Er hob es hoch und warf es durch das Gitter.
»Verfluchte Kreatur! Ich träumte von einer Tafel, die sich unter guten Sachen nur so bog, und von schönen Maiden, die Wein einschenkten, als diese Höllenbrut beschloß, mein Blut zu trinken. Doch sie wird es nie wieder tun!«
Seyhat rührte sich. Spöttisch fragte er: »Gönnst du, der du so groß und kräftig bist, einem so kleinen Ding nicht ein bißchen Stärkung?«
»Ob groß oder klein ist mir egal. Ich gebe nicht gern eine Mahlzeit für andere ab.« Der riesenhafte Nordmann lachte, als Seyhat fluchte und nach etwas an seinem Bein schlug. »Aber du, Kamerad, bist doch gewiß großzügiger?«
»Sheol hol dieses stinkende Loch!« Seyhat stand auf und stampfte auf dem Stroh herum. »Es wäre gnädiger gewesen, einen sauberen Tod im Freien zu sterben, als hier zu verrotten, bis die Hexe sich überlegt hat, auf welch schmerzhafte Weise sie uns töten läßt. Wie sieht es mit dem Schloß aus, Mark? Läßt es sich öffnen?«
»Nein.«
Hostig erhob sich ebenfalls. »Wir sollten uns etwas einfallen lassen. Falls sie nicht vorhaben, uns hier verhungern zu lassen, muß uns jemand Wasser und zu essen bringen. Wenn er die Tür öffnet, fallen wir über ihn her.«
»Falls«, korrigierte Seyhat. »Eher wird man uns etwas durch die Gitterstäbe zuschieben.«
»Dann greifen wir nach den Armen, ziehen den oder die Burschen so nah ans Gitter wie es geht und drohen ihnen, sie zu töten, wenn sie uns die Tür nicht öffnen.« Hostig stapfte wie ein gefangenes Tier in der Zelle hin und her. »Wenn sie uns umbringen, was macht es schon aus? Es ist besser schnell zu sterben, als mit solchen Schmerzen dahinzusiechen, wie der arme Teufel im Käfig dort.«
Irgendwo links der Zelle schlug eine Tür zu. Fackeln in den Händen bewaffneter Wachen warfen einen roten Schein. Sie verteilten sich und stellten sich an die gegenüberliegende Wand, während ein
Weitere Kostenlose Bücher