Im Bann des Prinzen
bemüht, all das wettzumachen, was ihr Sohn verloren hatte. Als könnte man den Verlust des Vaters, den Verlust von Sicherheit ausgleichen. Shannon küsste Kolby auf die Stirn und seufzte.
Als sie sich umdrehte, sah sie Tony mit entschlossenem Gesichtsausdruck an der Tür warten. Gut, aber sie konnte auch ziemlich resolut sein, vor allem, wenn es um ihren Sohn ging. Sie schloss die Vorhänge, bevor sie das Zimmer verließ und in den schmalen Flur trat.
Leise zog sie die Tür hinter sich zu. „Du weißt genau, dass dein Vorschlag ungeheuerlich ist.“
„Die ganze Situation ist ungeheuerlich und verlangt daher nach außergewöhnlichen Maßnahmen.“
„Sich bei einem König verstecken? Das nenne ich wirklich außergewöhnlich.“ Sie nahm die Brille ab und rieb sich über den Nasenrücken.
Sie starrte Tony an. Sein Gesicht war so nah, dass sie es klar erkennen konnte, während sie alles andere nur verschwommen sah. „Glaubst du ernsthaft, dass ich mich, geschweige denn Kolby, noch weiteren Prüfungen aussetzen will, indem ich zu deinem Vater fahre? Warum suchen wir nicht einfach in deinem Haus Zuflucht?“
Du meine Güte, hatte sie gerade zugestimmt, auf unbestimmte Zeit bei ihm zu bleiben?
„Mein Haus ist sicher, bis zu einem gewissen Grad. Doch die Leute werden herausfinden, wo ich wohne und sich denken, dass du bei mir bist. Es gibt nur einen Ort, den ich kenne, wo uns niemand finden kann.“
„Mir scheint, ihre Teleobjektive reichen überall hin“, erwiderte sie frustriert.
„Die Presse hat selbst nach jahrelangem Suchen noch nicht herausgefunden, wo mein Vater lebt.“
„Wohnt er nicht in Argentinien?“
Tony musterte sie schweigend, und man konnte geradezu sehen, wie die Gedanken in seinem Kopf herumschwirrten. Schließlich schüttelte er den Kopf.
„Nein. Wir haben dort nach unserer Flucht aus San Rinaldo nur kurz haltgemacht.“ Er schob seine Uhr hoch, die einzige nervöse Geste, die Shannon je an ihm ausgemacht hatte. „Mein Vater hat dort ein Anwesen bauen lassen und bezahlt eine kleine, vertrauenswürdige Gruppe von Menschen dafür, dass sie dort wohnen. Die meisten von ihnen sind mit uns aus San Rinaldo geflohen. Auf diese Weise konnten wir den Eindruck erwecken, dass wir uns ebenfalls dort aufhalten.“
Offenbar hatte sein Vater weder Kosten noch Mühen gescheut, um seine Familie abzuschirmen. Aber war sie nicht genauso bereit, alles zu tun, um Kolby zu beschützen? Überraschenderweise fühlte sie eine enge Verbundenheit zu dem unbekannten König. „Warum erzählst du mir das alles, wenn es solch ein gut gehütetes Geheimnis ist?“
Er umfasste ihre Schultern, eine Berührung, vertraut und … erregend. „Weil es wichtig ist, dich zu überzeugen.“
Es war so schwierig, dem Verlangen zu widerstehen, sich an ihn zu lehnen, zumal er sanft ihren Hals streichelte. „Und wo lebt er jetzt wirklich?“
„Das kann ich dir leider nicht verraten.“
„Und trotzdem erwartest du von mir, dass ich mein Kind nehme und dir dahin folge.“ Sie löste sich aus seiner verführerischen Berührung.
„Ich höre da doch nicht etwa einen Anflug von Skepsis in deiner Stimme?“ Er schob die Hände in die Hosentaschen.
„Einen Anflug? Das soll wohl ein Witz sein, Tony.“ Das Gefühl, von ihm betrogen worden zu sein, verstärkte sich wieder, bis sie verbittert meinte: „Warum sollte ich dir trauen. Gerade jetzt?“
„Weil du niemand anderen hast, sonst wäre schon jemand hier, um dir zu helfen.“
Die Realität versetzte ihr einen Dämpfer. Sie hatte nur die Eltern ihres Exmannes, die jedoch nichts mehr mit ihr zu tun haben wollten, weil sie sie für den Untergang ihres Sohnes verantwortlich machten. Sie war tatsächlich ganz auf sich gestellt.
„Wie lange würden wir dort bleiben?“
„Nur so lange, bis meine Anwälte eine einstweilige Verfügung erwirkt haben. Mir ist natürlich klar, dass einstweilige Verfügungen nicht immer die gewünschte Wirkung haben, aber zumindest ist dann unsere rechtliche Lage besser. Außerdem müssen wir die besten Sicherheitsvorkehrungen in deiner neuen Wohnung installieren. Das dürfte ein, zwei Wochen dauern.“
„Und wie kommen wir dorthin?“
„Mit dem Flugzeug.“
Das bedeutete, dass der Ort weit weg war. „Vergiss es! Auf keinen Fall lass ich mich auf diese Weise isolieren und von der Welt abschneiden. Das ist ja so, als würdest du mich und meinen Sohn kidnappen.“
„Solange du freiwillig mitgehst, nicht.“ Er kam näher. Shannon hob das
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